Mittelkürzungen: Kommission lässt Frist verstreichen

Im Streit über mögliche Verfahren zur Kürzung von EU-Mitteln für Länder wie Polen und Ungarn hat die EU-Kommission von Ursula von der Leyen eine Frist des Europaparlaments verstreichen lassen. Die Brüsseler Behörde bestätigte heute, dass bisher keine Verfahren eingeleitet wurden. Sie betonte allerdings erneut, dass die Vorbereitungen dafür liefen.

Das Europaparlament hatte die zuständige EU-Kommission zuletzt im Juni unter Androhung einer Untätigkeitsklage aufgefordert, endlich ein neues Verfahren zur Ahndung von Verstößen gegen die Rechtsstaatlichkeit in der EU zu nutzen.

Das damals beschlossene Vorgehen sah dafür eine Frist bis heute. Nun kann innerhalb der nächsten zwei Monate beim Gerichtshof der Europäischen Union eine Untätigkeitsklage eingereicht werden.

Vorwürfe gegen Ungarn und Polen

Das neue Verfahren zum Schutz der Rechtsstaatlichkeit sieht vor, dass EU-Ländern Mittel aus dem Gemeinschaftsbudget gekürzt werden können, wenn wegen Rechtsstaatsverstößen ein Missbrauch der Gelder droht.

Die EU wirft sowohl der ungarischen als auch der polnischen Regierung vor, die Justiz entgegen EU-Standards zu beeinflussen. Sie sieht deswegen auch eine Gefahr für den EU-Haushalt, weil in der Regel nationale Strafverfolgungsbehörden und Gerichte für die Aufklärung eines möglichen Missbrauchs von EU-Geldern zuständig sind.

Polen und Ungarn weisen die Vorwürfe zurück. Sie gehen zudem davon aus, dass der Konditionalitätsmechanismus nicht mit dem geltenden EU-Recht vereinbar ist. So dürfen aus polnischer Sicht für die Vergabe von Geld aus dem EU-Haushalt einzig „objektive und konkrete Bedingungen“ gelten. Die EU habe keine Befugnis, den Begriff „Rechtsstaat“ zu definieren, heißt es.

Für Polen und Ungarn könnte es um erhebliche Summen gehen. Aus dem regulären EU-Haushalt erhielt Polen zuletzt rund 18,1 Milliarden Euro pro Jahr, Ungarn rund 6,1 Milliarden Euro. Zudem rechnet Polen mit rund 23,9 Milliarden Euro an CoV-Hilfen, Ungarn mit rund 7,2 Milliarden Euro.