Toter Fisch am Strand von Murcia, Spanien
Reuters/Eva Manez
Spanien

Politstreit über tonnenweise tote Fische

In Spanien ist ein Politstreit entfacht zwischen der konservativen Region Murcia und der Zentralregierung in Madrid. Grund ist ein nicht enden wollendes Fischsterben in Europas größter Salzwasserlagune, dem Mar Menor („Kleines Meer“). In den vergangenen Tagen wurden dort mindestens 4,5 Tonnen tote Fische und Krebse aus dem Wasser geholt. Streitpunkt ist die Verantwortlichkeit. Die Staatsanwaltschaft ermittelt.

Die konservative Regionalregierung macht das Wetter und die linke Zentralregierung verantwortlich, die zu wenig Unterstützung leiste. Umweltschützerinnen und Umweltschützer stellen aber die Regionalregierung an den Pranger. Sie unternehme nichts gegen die intensive Landwirtschaft in unmittelbarer Nähe der Lagune, die die Hauptschuld an den Problemen trage. Vor allem bei heftigem Regen gelange neben Süßwasser auch viel düngerhaltiger Schlamm ins Wasser.

So erklärte die Umweltorganisation WWF Espana, die Hauptursache für das jüngste Fischsterben sei die „Verschmutzung durch die intensive Landwirtschaft in dem Gebiet“. Die NGO führt die hohe Sterblichkeit auf den Sauerstoffmangel im Wasser zurück. Ihnen recht geben Ökologinnen und Ökologen, die sagen, Algen würde besonders in jenen Gewässern wachsen, die durch menschliche Aktivitäten mit hohen Mengen an Chemikalien verschmutzt wurden.

Toter Fisch am Strand von Murcia, Spanien
Reuters/Eva Manez
An ein Betreten der Strände ist kaum noch zu denken

Algen reduzieren Sauerstoffgehalt im Wasser

Biologischer Hintergrund dessen ist die Eutrophierung – eine schädliche Nährstoffanreicherung des Wassers, die durch den Menschen verursacht wird. Es kommt dadurch zu einer starken Vermehrung von Algen und Bakterien, die vielen Pflanzenarten, Fischen und anderen Tieren und Kleinlebewesen die Lebensgrundlage entziehen.

Die übermäßige Algenbildung, die im Mar Menor herrscht, blockiert das Sonnenlicht und reduziert den Sauerstoffgehalt im Wasser, was das Überleben von Wasserlebewesen erschwert. Hohe Temperaturen beschleunigen diesen Vorgang. Vor einigen Tagen hatte eine Hitzewelle Murcia Temperaturen von zum Teil deutlich über 40 Grad beschert.

Gemeindearbeiter sammeln toten Fisch am Strand von Murcia, Spanien
Reuters/Eva Manez
Verschmutzung durch die Landwirtschaft gepaart mit Hitze soll schuld am Fischsterben sein

Spanischen Medienberichten zufolge prüft die Zentralregierung nun einen Antrag, das Mar Menor zum Katastrophengebiet zu erklären. Der Antrag wurde von der Regionalregierung gestellt, die zunehmend unter Druck gerät, die Lagune zu retten. Seit Jahren schon wird sie von ökologischen Problemen geplagt.

Vom Touristenmagneten zur „grünen Suppe“

Die an der südöstlichen Mittelmeer-Küste Spaniens gelegene Bucht war einst ein Magnet für den Tourismus und ein Schutzgebiet für Meereslebewesen. Doch der Zustand des Wassers verschlechterte sich in den letzten Jahren immer weiter, was schon 2016 und 2019 zu einer Zerstörung der Ökosysteme und einem Massensterben von Fischen geführt hatte.

Demonstration gegen das Fischsterben in Murcia, Spanien
Reuters/Eva Manez
Anrainerinnen und Anrainer rufen die Politik auf den Plan, endlich zu handeln

„Wir können seit Jahren keinen Fuß mehr ins Wasser setzen oder an den Strand gehen“, sagte Ana Pineda, eine Anrainerin, zu Reuters. Sie gehe auf die Straße, um den Politikerinnen und Politikern Druck zu machen. „Die Leute nennen es ‚Die grüne Suppe‘“, sagte Ramon Pagan von einer lokalen Umweltschutzorganisation gegenüber Reuters. „Sie wird durch einen Überschuss an Düngemitteln im Wasser verursacht.“

Regionalregierung will Krisentreffen mit Sanchez

Die sich entwickelnde Umweltkrise führte zu gegenseitigen Beschuldigungen der Untätigkeit verschiedener politischer Akteurinnen und Akteuren. Der Regierungschef von Murcia, Fernando Lopez Miras, rief den spanischen Ministerpräsidenten Pedro Sanchez in einem Brief am Montag zur „unverzüglichen Einberufung“ eines Krisentreffens auf, bei dem Maßnahmen zur Rettung des seit Jahren von ökologischen Problemen gebeutelten Binnengewässers beschlossen werden sollten.

Das Mar Menor müsse nach mehreren Zwischenfällen in den vergangenen Jahren zum Katastrophengebiet erklärt werden, forderte Lopez Miras. Er und seine politischen Verbündeten erklärten außerdem, die Regionalregierung sei nicht befugt, Maßnahmen zu ergreifen. Abzuwarten bleibt, ob die spanische Ministerin für den ökologischen Wandel, Teresa Ribera, am Mittwoch die Wogen glätten kann. Sie werde dieses Thema mit Miras „persönlich ansprechen“, kündigte sie vor ihrem Besuch in der Region Murcia an.