Afghanistan: Kogler fürchtet um Ansehen Österreichs

Vizekanzler und Grünen-Chef Werner Kogler stellt sich nach zunehmender Kritik aus der eigenen Partei mehr und mehr gegen den Regierungskurs in Sachen Aufnahme von Flüchtlingen aus Afghanistan.

Österreich sei international immer ein verlässlicher Partner gewesen, wenn es um Menschenrechte und humanitäre Hilfe geht, sagte er heute in einer Aussendung. Er vermisst beim Koalitionspartner die Menschlichkeit.

Jetzt „aus offenbar taktischen Gründen“ einen anderen Weg einzuschlagen, „lässt angesichts der dramatischen Bedrohung gerade von Frauen und Kindern nicht nur die notwendige Menschlichkeit vermissen, sondern schadet auch massiv dem internationalen Ansehen Österreichs und unserer Rolle als verlässlicher Partner in Europa“, sagte Kogler.

Österreich „nicht noch weiter isoliert“

„Es ist wichtig, dass der Innen- und der Außenminister auf dem festen Boden der Verfassung und Menschenrechtskonvention wieder aktiv an einer Lösung arbeiten, die dieser Rolle Österreichs in Europa gerecht wird und Österreich nicht noch weiter in der europäischen Gemeinschaft isoliert“, so der Vizekanzler.

Jetzt müsse alles auf europäischer Ebene Mögliche getan werden, anstatt „fortwährend über rechtlich Unmögliches“ zu diskutieren.

Ähnlich äußerte sich Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) heute am Rande einer Pressekonferenz. Derzeit könne es rein rechtlich keine Abschiebungen nach Afghanistan geben – „das hat sich in der Zwischenzeit herumgesprochen“. Daher müsse das europarechtlich Mögliche getan werden, anstatt darüber zu diskutieren, was man in Österreich nicht tun könne, nämlich abschieben.

Grüner Landesrat Rauch spricht von „Schande“

Zuvor hatte Vorarlbergs Grünen-Landesrat Johannes Rauch die Weigerung der ÖVP, Flüchtlinge aus Afghanistan aufzunehmen, im Ö1-Morgenjournal als „eine Schande“ bezeichnet.

Auch wenn es seitens der ÖVP üblich sei, vor Parteitagen und vor Landtagswahlen wie jetzt in Oberösterreich „Geräusche zu machen“, so sei das im Hinblick auf Afghanistan „jenseitig“ und „zurückzuweisen“, so Rauch.

Das werde auch von Kogler so gesehen, versicherte Rauch noch vor dem Statement seines Parteichefs. Seine „schärferen Worte“ seien an die ÖVP adressiert, nicht an die eigene Partei. Rauch zeigte sich überzeugt, dass innerhalb der türkis-grünen Koalition die Auseinandersetzungen härter werden und auch zunehmen werden.

Wöginger: „Sacharbeit, nicht Streit“

ÖVP-Klubobman August Wöginger wies diese Kritik zurück: Rauch solle „seine Energie in Sacharbeit investieren und nicht in Streit“, richtete Wöginger ihm im Ö1-Mittagsjournal aus. Er halte auch wenig davon, „den politischen Mitbewerber herabzuwürdigen und ihm moralische Werte abzusprechen“.

Er zeigte sich zuversichtlich, dass die türkis-grüne Koalition so wie bisher bei unterschiedlichen Positionen auch hier zu Lösungen kommen werde. Die Frage des koalitionsfreien Raums steht für ihn dabei nicht zur Diskussion.