Italien erwägt Impfpflicht bei niedriger Herdenimmunität

Italiens Regierung erwägt die Einführung einer Impfpflicht, sollte zu Herbstbeginn nicht die Herdenimmunität erreicht worden sein. „Wir sind für die Impfpflicht. Wenn wir nicht innerhalb weniger Wochen einen Durchimpfungsgrad von 80 Prozent erreichen, halte ich es für angemessen, eine Art Impfpflicht einzuführen, zumindest für Personen, die öffentliche Ämter bekleiden“, so Italiens Regionenministerin Mariastella Gelmini im Interview mit der Tageszeitung „La Repubblica“.

Experte will Verschärfung von Regeln

Der Experte Walter Ricciardi, ein Berater des italienischen Gesundheitsministeriums, sprach sich für eine Verschärfung der Regeln für die Vergabe des „Grünen Passes“ in Italien aus. Lediglich mit Impfzertifikat oder Genesungsbescheinigung und nicht mehr mit einem 48 Stunden gültigen negativen PCR-Test sollte der „Grüne Pass“ vergeben werden. „Damit könnten wir noch mehr Menschen zur Impfung drängen“, so Ricciardi im Interview mit der römischen Tageszeitung „Il Messaggero“.

„Es ist schwer vorstellbar, dass das Coronavirus wie die Pocken ausgerottet wird. Ziel ist es vielmehr, eine niedrige Endemie zu erreichen, das heißt eine Viruspräsenz mit wenigen Fällen. Das wird erreicht sein, wenn wir 95 Prozent der Bevölkerung geimpft haben“, so Ricciardi.

Deshalb sei es wichtig, dass auch Kinder geimpft werden. Die Ergebnisse der Kinderheilkundestudien seien „sehr positiv“, so der Berater des Ministeriums. Es ist daher wahrscheinlich, dass der Impfstoff Anfang 2022 auch für diese Altersgruppe verfügbar sein wird.

Zahlreiche Proteste

Weil die italienische Regierung am kommenden Mittwoch die Regelungen zum Nachweis von CoV-Impfungen und -Tests ausweitet, ist es am Wochenende in mehreren Städten Italiens zu Kundgebungen gekommen. Proteste mit Tausenden Teilnehmern gab es unter anderem in Rom, Mailand, Turin, Bologna und Neapel.

Einige Gruppen von Impfgegnern kündigten für nächsten Mittwoch Protestaktionen auf 54 italienischen Bahnhöfen gegen die Pflicht zur Vorweisung des „Grünen Passes“ in Langstreckenzügen an. Sie drohten damit, den Bahnverkehr im ganzen Land zu blockieren.