Zwei Polizisten untersuchen die Trümmer eines eingestürzten Gebäudes.
AP/Eric Gay
„Ida“ wütet in Louisiana

Ausmaß der Zerstörung noch nicht absehbar

Überflutete Straßen, abgedeckte Dächer, Hunderttausende ohne Strom: Hurrikan „Ida“ hat im US-Bundesstaat Louisiana schwere Schäden verursacht und ein Menschenleben gefordert. Stundenlang wütete er mit Geschwindigkeiten von weit über 200 km/h, wie das Nationale Hurrikanzentrum (NHC) mitteilte. Doch das gesamte Ausmaß der Zerstörung werde erst klar, wie Louisianas Gouverneur sagte.

Am Montag wurde „Ida“ zwar zu einem Tropensturm herabgestuft, dennoch sei weiter mit gefährlichen Flutwellen, heftigen Winden und Sturzfluten über Teilen des Südostens Louisianas und im Süden des Bundesstaats Mississippi zu rechnen. Der Tropensturm bringe nunmehr maximal anhaltende Windgeschwindigkeiten von 95 km/h mit sich, teilte das NHC mit. „Ida“ bewegte sich über Land nur sehr langsam fort, daher sind die Orte auf seinem Pfad längere Zeit extremen Winden ausgesetzt. Deshalb werden große Schäden befürchtet.

Als „extrem gefährlicher Hurrikan“ der Stufe vier war „Ida“ Sonntagmittag (Ortszeit) auf Land getroffen. Im Vorfeld warnte das NHC vor heftigem Regen, einer „lebensgefährlichen Sturmflut“ und katastrophalen Windböen. Der Wirbelsturm habe beim Erreichen der Küste Windgeschwindigkeiten von rund 240 km/h mit sich gebracht.

Ganz New Orleans ohne Strom

Da war die Zerstörungskraft groß: In der Nacht auf Montag war im Großraum New Orleans und auch in der Stadt die Stromversorgung komplett zusammengebrochen. „Der einzige Strom in der Stadt kommt von Generatoren“, hieß es. In New Orleans leben knapp 400.000 Menschen. Es sei nicht damit zu rechnen, dass die Versorgung in Kürze wiederhergestellt werden könne, hieß es. Der Hurrikan habe alle acht für die Stromversorgung der Stadt zuständigen Leitungen beschädigt.

Vereinzelte Lichter in Gebäuden mit Notstromgeneratoren.
AP/Eric Gay
Vereinzelt Lichter in Gebäuden mit Notstromgeneratoren – ansonsten wurde es in New Orleans stockdunkel

Umstürzender Baum verletzte Mann tödlich

Auch ein Todesfall wurde gemeldet: In der Gemeinde Prairieville sei ein 60-jähriger Mann von einem umstürzenden Baum tödlich verletzt worden, wie offiziell bestätigt wurde. Der Ort liegt südöstlich von Baton Rouge, der Hauptstadt Louisianas. Auf Fotos und Videos waren enorme Überflutungen und Schäden durch den Hurrikan zu sehen. Örtliche Medien berichteten von zerstörten Häusern, überfluteten Straßen und umgeknickten Bäumen und Strommasten.

Karte zeigt Hurrikan „Ida“
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: NOAA

„So viel Wasser habe ich noch nie gesehen“

Im Ort Galliano habe der Sturm Teile des Daches eines Krankenhauses weggerissen – hier sei aber niemand verletzt worden, hieß es. Die Kliniken in der Region seien angesichts der Ausbreitung der Delta-Variante derzeit mit Coronavirus-Patienten und -Patientinnen ausgelastet, hieß es.

Besonders betroffen waren niedrig liegende Gebiete südwestlich von New Orleans, für die es zuvor zumeist Evakuierungsanordnungen gegeben hatte. Auch aus der weiter nördlich gelegenen Kleinstadt Houma mit rund 30.000 Einwohnerinnen und Einwohnern, die direkt auf dem Pfad des Sturms lag, kamen erste Berichte über schwere Schäden.

„Wir haben schon früher Überschwemmungen und Stürme erlebt. Aber so viel Wasser habe ich noch nie gesehen“, berichtete Tim Kerner, der Bürgermeister der Ortschaft Jean Lafitte, dem Sender CNN. „Ida“ habe seine Gemeinde völlig verwüstet. Da ein vom Wasser mitgerissenes Fahrzeug eine Brücke zerstört habe, säßen 200 bis 300 Einwohnerinnen und Einwohner fest. „Wir können keine Boote ins Wasser lassen, das wäre lebensgefährlich“, sagte er.

Mississippi floss stundenlang flussaufwärts

„Ida“ verursachte an einigen Teilen der Küste eine meterhohe Sturmflut. Wie US-Medien berichteten, war die Wucht des ankommenden Wassers so stark, dass das Wasser im Süden von New Orleans im Mississippi Messungen zufolge rund drei Stunden flussaufwärts floss. Meteorologen warnten zudem, dass die von „Ida“ ausgelösten ungewöhnlich starken Regenfälle weitere Überschwemmungen verursachen könnten. Rettungsdienste stellten in dem Gebiet aus Sicherheitsgründen bis Montag die Arbeit ein.

Leere Straßen in New Orleans, Louisiana.
APA/AFP/Getty Images/Brandon Bell
Die Straßen in New Orleans sind menschenleer – das Bild stammt von Sonntagabend (Ortszeit)

Auf den Tag genau 16 Jahre nach „Katrina“

„Ida“ traf in Louisiana auf den Tag genau 16 Jahre nach der Ankunft des verheerenden Hurrikans „Katrina“ auf Land. „Katrina“ hatte in und um New Orleans katastrophale Schäden und Überschwemmungen verursacht. Damals kamen rund 1.800 Menschen ums Leben. Seither wurden in der Region allerdings Milliarden Dollar in den Hochwasserschutz investiert.

US-Präsident Joe Biden besuchte am Sonntag wegen des Sturms die Zentrale der US-Katastrophenschutzbehörde FEMA in Washington. „Das wird ein zerstörerischer Hurrikan, ein lebensbedrohlicher Sturm“, warnte Biden. „An die Menschen der Golfküste: Ich will, dass Sie wissen: Wir beten für den besten Ausgang und bereiten uns auf das Schlimmste vor.“ Biden versprach den Menschen die Unterstützung der Regierung. „Sobald der Sturm vorübergezogen sein wird, werden wir die ganze Macht dieses Landes für Rettung und Wiederaufbau einsetzen“, sagte Biden.

Bild zeigt eine Frau im Scheinwerferlicht eines Autos.
AP/Eric Gay
In den Straßen von New Orleans war es stockdunkel

Warten auf Rettungs- und Bergungseinsätze

Erst wenn „Ida“ abgezogen ist, können die Rettungs- und Bergungseinsätze beginnen. Wegen des Hurrikans wurde der Notstand ausgerufen, die Nationalgarde mit rund 5.000 Soldatinnen und Soldaten aktiviert und Hunderte Bergungsexpertinnen und -experten mobilisiert. Zudem standen Tausende bereit, um die Stromversorgung wiederherzustellen.

Die FEMA flog Hunderte Helferinnen und Helfer sowie Vorräte – darunter Millionen Mahlzeiten, Trinkwasser und Generatoren – in die Region. Auch Dutzende Krankenwagen und mehrere Sanitätsflugzeuge wurden bereitgestellt. Die Küstenwache stationierte zahlreiche Hubschrauber und Boote für den bevorstehenden Rettungseinsatz. Auch das US-Militär bereitete sich auf einen Hilfseinsatz vor.