Szene aus Shang Chi
Marvel Studios/Disney•Pixar/Lucasfilm LTD
„Shang-Chi and the legend of the ten rings“

Ein Marvelheld mit Martial-Arts-Skills

Im 25. Superheldenfilm von Marvel darf erstmals ein asiatischer Held auftrumpfen. „Shang-Chi and the legend of the ten rings“ verknüpft spektakuläre Martial-Arts-Szenen mit klassischer Marvel-Action. Die Kritik ortete zwar eine bewährte Rezeptur, fand aber insgesamt Gefallen an dem neuen Blockbuster. Ab Donnerstag ist der Film im Kino zu sehen.

Wie es bei Superhelden üblich ist, führt auch Shang-Chi (Simu Liu) ein bürgerliches Leben. In seinem Fall ist es aber vom Glamour eines Batman oder Ironman weit entfernt: Als migrantischer Billiglohnarbeiter werkt der Titelheld unter dem Namen Shaun als Parkwächter in einem protzigen Hotel in San Francisco. An seiner Seite ist seine beste Freundin Katy (gespielt von der koreanischstämmigen Schauspielerin und Rapperin Awkwafina), mit der sich am Rande eine Liebesgeschichte andeutet.

Eine Wendung im ereignislosen Parkplatzalltag ist natürlich vorprogrammiert: Eine mysteriöse Gruppe überfällt Shaun im öffentlichen Bus und fordert das Amulett, das er um seinen Hals trägt. In einer Actionszene, in der es im schleudernden Bus zum spektakulären Faustkampf kommt, zeigt Shaun alias Shang-Chi erstmals seine Fähigkeiten. Den Schurken gelingt es, die Kette zu erbeuten, und Shaun kann daraufhin seine außergewöhnliche Herkunft nicht länger verleugnen: Sein Vater, von dem er sich losgesagt hatte, ist der legendäre Verbrecher Mandarin, der im „bürgerlichen“ Namen Wenwu heißt.

Szene aus dem Film „Shang-Chi“
Marvel Studios/Disney/Pixar/Lucasfilm LTD
In „Shang-Chi and the legend of the ten rings“ verbinden sich bewährte Marvel-Action und Martial-Arts

Rassistische Figur umgeschrieben

Mit „Shang-Chi and the legend of the ten rings“ (Regie: Destin Daniel Cretton) schicken die Marvel Studios erstmals eine mehrheitlich asiatische Crew ins Rennen, um sich der oft rassistisch gefärbten Legende des gefürchteten Mandarin anzunehmen – natürlich unter ganz anderen Vorzeichen: Im Marvel-Comicserien-Original aus den 1970er Jahren war Shang-Chis Vater noch Dr. Fu Manchu, eine Figur, die, geschaffen bereits 1913, alle antiasiatischen Stereotype gut zu bedienen wusste.

Mit Ziegenbart, finsteren magischen Kräften und dem unstillbaren Verlangen, die westliche Gesellschaft zu unterwerfen, hatte Dr. Fu Manchu weit über den Comic hinaus Strahlkraft. Er inspirierte etwa den James-Bond-Bösewicht bei „Dr. No“ oder kam auch in „Das boshafte Spiel des Dr. Fu Man Chu“ (1980) mit Peter Sellers zum Einsatz. Im umgeschriebenen Plot werden asiatische Klischees nun locker und humorvoll pariert, mit dem Mandarin wird eine neue, vielschichtige Superschurkenfigur geschaffen. Als deren Gegenspieler muss sich nun ausgerechnet der Sohn beweisen.

Von der Familiengeschichte eingeholt besucht Shang-Chi seine – wie es heißt – „entfremdete“ kleine Schwester, wird dort aber von seinem Vater und dessen Soldaten überrascht. Das Familientreffen verläuft friedlich, allerdings nur, bis Wenwu seinen Plan offenbart: Er glaubt, dass Shang-Chis einst getötete Mutter doch noch am Leben ist und in ihrem magischen Heimatdorf gefangen gehalten wird. Wenwu plant nun einen Großangriff zu ihrer Befreiung, was der Sohn verhindern will.

Szene aus dem Film „Shang-Chi“
Marvel Studios/Disney/Pixar/Lucasfilm LTD
Der chinesisch-kanadische Schauspieler Simu Liu spielt als Shang-Chi erstmals groß auf

Martial-Arts und Actionspaß

Um die lange, turbulente Familiengeschichte zu erzählen, gibt es in „Shang-Chi and the legend of the ten rings“ zahlreiche Rückblenden, in denen in einem Genremix durch Zeiten und Welten gesprungen wird. Der Film verknüpft dabei Martial-Arts-Szenen im Stil der chinesischen Wuxia-Filme (etwa „Tiger and Dragon“ 2000), klassische Marvel-Action und Fantasy-Epos-Elemente wie etwa märchenhafte Landschaftsentwürfe und mystische Figuren, Drachen und andere Fabelwesen.

Seit Jahrhunderten, so erfährt man in der Rückschau, hatte der Vater als Besitzer von magischen zehn Ringen Armeen angeführt und terroristische Organisationen aufgebaut. Während er die Welt nach seinen Vorstellungen gestaltete, wurde er immer weniger menschlich – bis er seine Ehefrau kennenlernte, die die guten Seiten in ihm hervorbrachte. Ihr Tod ließ ihn als gebrochenen und rachsüchtigen Mann zurück.

Szene aus dem Film „Shang-Chi“
Marvel Studios/Disney/Pixar/Lucasfilm LTD
Hongkongs Superstar Tony Leung als Bösewicht

Tony Leung glänzt als „tragische Hauptfigur“

In der Rolle des Wenwu glänzt nun Hongkongs Superstar Tony Leung, der nach zahlreichen Wong-Kar-Wai-Filmen in seiner ersten Hollywood-Produktion zu sehen ist: „Ein Superheldenfilm, der allein wegen des Bösewichts sehenswert ist“, so die US-Zeitschrift „The Atlantic“. Leung gelänge es, der Figur die nötige Weichheit zu verleihen und ihn als „nicht als einfachen Verbrecher, sondern als tragische Hauptfigur“ zu zeichnen.

Als „einnehmend“ („The Guardian“) wurde aber auch Shang-Chi-Darsteller Simu Liu gelobt – jener chinesisch-kanadische Stuntman und Schauspieler, der just vor drei Jahren auf Twitter mit der Forderung auffiel, es möge doch endlich einen asiatischen Superhelden geben. Für ihn ist es das erste große Projekt.

Zwischen „pure Magie“ und „formelhaft“

Beim Branchenranking Rotten Tomatoes kam „Shang-Chi“ jedenfalls auf 92 Prozent. Von einer „visuell beeindruckenden, mythologisch reichhaltigen und zu Herzen gehenden Herkunftsgeschichte, die mit Lachern, Trauer und Romantik aufwartet“, schrieb etwa der britische „Daily Mirror“. „The Atlantic“ verortete gar „pure Magie“. „Es ist ein unterhaltsamer Spaß, auch wenn die formelhafte Qualität ein wenig offensichtlich wird“, hieß es im „Guardian“.

In der Mid-Credit-Sequence, der Szene mitten im Abspann, präsentierte Marvel wie üblich einen Cliffhanger für das nächste Abenteuer: „Die zehn Ringe werden zurückkommen“. Wie schnell es die Fortsetzung gibt, entscheidet sich wahrscheinlich auch an der Kinokasse. Volles Vertrauen zeigt Disney jedenfalls noch nicht: Nur 45 Tage soll „Shang-Chi and the Legend of the Ten Rings“ in den Kinos laufen, bevor der Film auf der hauseigenen Streamingplattform veröffentlicht wird.