„Zu häufige Prüfungen, welche die Schüler überfordern und unter enormen Prüfungsdruck setzen“, seien abgeschafft, heißt es in den vom Bildungsministerium veröffentlichten neuen Leitlinien. Prüfungen seien ein wichtiger Teil der Schulbildung, aber an manchen Schulen seien diese exzessiv und in weiterer Folge auch eine exzessive Belastung für die Schülerinnen und Schüler. Das müsse „korrigiert“ werden.
In der ersten und zweiten Klasse Volksschule darf es künftig keine schriftlichen Tests geben, so die BBC über die neuen Regeln. Künftig gibt es auch eine Beschränkung der Prüfungen bei älteren Schülerinnen und Schülern – sie dürfen nur noch einmal im Jahr stattfinden. Zwischenprüfungen und Probeexamen in der Oberstufe sind weiterhin erlaubt, Tests zwischen Schulen auch auf regionaler Ebene in den Volksschulen sind aber untersagt. Bereits abgeschafft sind Hausübungen für Erstklässler, für höhere Schulklassen wurden sie beschränkt.

Im stark leistungsorientierten chinesischen Schulsystem mussten Schulkinder bisher von der ersten Klasse an Prüfungen ablegen, teilweise je nach Region auch wöchentlich. Diese gipfeln schließlich in der gefürchteten Hochschulaufnahmeprüfung Gaokao, die im Alter von 18 Jahren abgelegt wird. Diese Prüfung entscheidet in vielen Fällen über den späteren Lebensweg.
Umfassende Bildungsreform
Der Schritt ist Zeil einer umfassenderen Bildungsreform, bei der die chinesische Regierung auch gegen Nachhilfeschulen vorgeht, die viele Eltern als Möglichkeit zur Verbesserung der Schulbildung ihrer Kinder ansehen. Bereits Ende Juli hatte Peking vorgeschrieben, dass alle privaten Nachhilfeunternehmen nur noch als Non-Profit-Anbieter agieren und keinen Gewinn mehr machen dürfen.
Außerdem soll es keine Nachhilfestunden an Wochenenden oder in den Ferien geben, ausländische Investitionen wurden verboten, die Institute dürfen nicht an die Börse gehen. Die Marktwerte der betroffenen Firmen sanken umgehend. Die Nachhilfebranche in China war bis zu den Einschränkungen rund 100 Mrd. Euro schwer.
Hoher Leistungsdruck von Beginn an
Schüler und Schülerinnen in China haben traditionell jede Menge Hausaufgaben und müssen zudem viele außerschulische Aktivitäten nachweisen, wenn sie erfolgreich sein wollen. Viele Kinder und Jugendliche bleiben oft bis spät in die Nacht wach, um den Anforderungen gerecht zu werden – gesundheitliche Probleme sind die Folge.
Die Einschränkung der Nachhilfeangebote war auch als Schritt zu mehr Bildungsgerechtigkeit gesehen worden – und als Möglichkeit, den finanziellen Druck der Eltern zu mindern. Viele Eltern aus der Mittelschicht geben in China bereitwillig umgerechnet mehr als 10.000 Euro im Jahr für Nachhilfestunden aus – in der Hoffnung, ihren Kindern dadurch den Zugang zu einer der renommiertesten Schulen des Landes zu ermöglichen. Eltern kaufen auch Immobilien im Einzugsgebiet beliebter Schulen, was die Preise in den betroffenen Gegenden in die Höhe treibt.
Harte Limits für Videospielnutzung
Am Montag wurde auch bekannt, dass China die Zeit beschränken will, die Kinder und Jugendliche pro Woche mit Videospielen verbringen dürfen. Künftig sind nur noch drei Stunden pro Woche erlaubt – und zwar freitags, samstags und sonntags jeweils von 20.00 bis 21.00 Uhr, wie die Behörden mitteilten. Bisher war es Minderjährigen lediglich verboten, zwischen 22.00 Uhr und 8.00 Uhr an Spielen im Internet teilzunehmen. Ausnahmen soll es in den Ferien geben, aber auch dann dürfen Minderjährige maximal eine Stunde pro Tag spielen.
Ziel der neuen Regelungen ist es offiziell, die Abhängigkeit von den Spielen zu bekämpfen. Lehrer und Ärzte in der Volksrepublik beklagen sich schon lange über nachlassende Sehfähigkeit der Kinder, schlechtere Noten und mangelnde körperliche Betätigung. Anfang August hieß es in einer einflussreichen Regierungszeitung, die Videospiele seien zu einem „geistigen Opium“ geworden.
China legte strengen Fünfjahresplan vor
Chinas Regierung nahm zuletzt zahlreiche Bereiche an die Kandare. Mitte August legte sie im aktuellen Fünfjahresplan strenge Regulierungen für einen Großteil der Wirtschaft vor. So sollen in der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt neue Regeln für Bereiche wie nationale Sicherheit, Technologie und Monopole eingeführt werden. Die Ankündigung weckte erneut Befürchtungen, dass Pekings bereits bestehendes hartes Durchgreifen gegen Technologie- und Bildungsunternehmen in den kommenden Jahren fortgesetzt und ausgeweitet werden könnte.