Fahrzeuge auf einer überfluteten Straße in Biloxi, Mississippi.
AP/The Sun Herald/Justin Mitchell
„Gefahr nicht vorbei“

„Ida“ zieht Schneise durch Mississippi

Mit weit über 200 km/h ist Hurrikan „Ida“ bis Montag durch den US-Bundesstaat Louisiana gezogen und hat dort schwere Schäden verursacht und ein Menschenleben gefordert. Während das ganze Ausmaß der Zerstörung erst klar wird, schwächte sich „Ida“ zu einem Tropensturm ab und zog durch den Bundesstaat Mississippi. Wie in Louisiana war auch hier mit gefährlichen Flutwellen, heftigen Winden und Sturzfluten zu rechnen.

„Die Gefahr ist noch nicht vorbei“, sagte Deanne Criswell von der US-Katastrophenschutzbehörde FEMA Montagfrüh (Ortszeit) dem Sender CNN. Der Sturm werde zunächst in Mississippi und später in den Bundesstaaten Tennessee und West Virginia weiter viel Regen mit sich bringen. „Die Menschen, die sich im Einzugsgebiet des Sturms befinden, müssen sich also weiterhin über die Risiken im Klaren sein“, sagte Criswell.

Criswell gab auch eine erste Einschätzung zu Schäden ab, die der Hurrikan im südlichen Bundesstaat Louisiana hinterlassen hat. Es gebe Berichte über möglicherweise eingestürzte Gebäude, eine Reihe von Krankenhäusern werde mit Notstromgeneratoren betrieben. Man wisse auch, dass einige Menschen Hilfe benötigten. Genaueres werde sich in den kommenden Stunden zeigen. „Ich glaube nicht, dass es einen schlechteren Weg für den Sturm hätte geben können.“

Gouverneur: „Katastrophale Schäden“

Der Gouverneur von Louisiana, John Bel Edwards, bezeichnete die Schäden in seinem Bundesstaat durch Hurrikan „Ida“ als „katastrophal“. Der Wiederaufbau werde Wochen und Monate dauern, sagte er Montagfrüh (Ortszeit) im Gespräch mit dem TV-Sender NBC. Die Rettungs- und Bergungseinsätze liefen teils schleppend an, weil so viele Straßen durch Trümmer unpassierbar seien. Er gehe fest davon aus, dass die Zahl der Todesopfer noch im Laufe des Tages „deutlich“ ansteigen werde. „Die Schäden sind wirklich katastrophal.“

„Extrem gefährlicher Hurrikan“

„Ida“ bewegte sich weiter nur sehr langsam fort, daher sind die Orte auf seinem Pfad längere Zeit extremen Winden ausgesetzt. Deshalb werden große Schäden befürchtet. Als „extrem gefährlicher Hurrikan“ der Stufe vier war „Ida“ Sonntagmittag (Ortszeit) auf Land getroffen und hatte stundenlang gewütet. Im Vorfeld warnte das NHC vor heftigem Regen, einer „lebensgefährlichen Sturmflut“ und katastrophalen Windböen. Der Wirbelsturm habe beim Erreichen der Küste Windgeschwindigkeiten von rund 240 km/h mit sich gebracht.

Ganz New Orleans ohne Strom

Da war die Zerstörungskraft groß: In der Nacht auf Montag war im Großraum New Orleans und auch in der Stadt die Stromversorgung komplett zusammengebrochen. „Der einzige Strom in der Stadt kommt von Generatoren“, hieß es. In New Orleans leben knapp 400.000 Menschen. Es sei nicht damit zu rechnen, dass die Versorgung in Kürze wiederhergestellt werden könne, hieß es. Der Hurrikan habe alle acht für die Stromversorgung der Stadt zuständigen Leitungen beschädigt.

Vereinzelte Lichter in Gebäuden mit Notstromgeneratoren.
AP/Eric Gay
Vereinzelt Lichter in Gebäuden mit Notstromgeneratoren – ansonsten wurde es in New Orleans stockdunkel

„Die Lage in New Orleans ist schlecht, so wie sie jetzt ist, ohne Strom, aber es könnte so viel schlimmer sein“, sagte der Gouverneur. Er hoffe, dass die Elektrizität zumindest in Teilen von New Orleans „bald“ wieder hergestellt werden könne, sagte Edwards. Gleichzeitig sagte er, es sei sehr erfreulich, dass das Hochwasserschutzsystem in New Orleans, das nach der Zerstörung durch Hurrikan „Katrina“ im Jahr 2005 gebaut worden war, gehalten habe.

Umstürzender Baum verletzte Mann tödlich

Auch ein Todesfall wurde gemeldet: In der Gemeinde Prairieville sei ein 60-jähriger Mann von einem umstürzenden Baum tödlich verletzt worden, wie offiziell bestätigt wurde. Der Ort liegt südöstlich von Baton Rouge, der Hauptstadt Louisianas. Auf Fotos und Videos waren enorme Überflutungen und Schäden durch den Hurrikan zu sehen. Örtliche Medien berichteten von zerstörten Häusern, überfluteten Straßen und umgeknickten Bäumen und Strommasten.

Karte zeigt Hurrikan „Ida“
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: NOAA

„So viel Wasser habe ich noch nie gesehen“

Im Ort Galliano habe der Sturm Teile des Daches eines Krankenhauses weggerissen – hier sei aber niemand verletzt worden, hieß es. Die Kliniken in der Region seien angesichts der Ausbreitung der Delta-Variante derzeit mit Coronavirus-Patienten und -Patientinnen ausgelastet, hieß es.

Besonders betroffen waren niedrig liegende Gebiete südwestlich von New Orleans, für die es zuvor zumeist Evakuierungsanordnungen gegeben hatte. Auch aus der weiter nördlich gelegenen Kleinstadt Houma mit rund 30.000 Einwohnerinnen und Einwohnern, die direkt auf dem Pfad des Sturms lag, kamen Berichte über schwere Schäden.

„Wir haben schon früher Überschwemmungen und Stürme erlebt. Aber so viel Wasser habe ich noch nie gesehen“, berichtete Tim Kerner, der Bürgermeister der Ortschaft Jean Lafitte, dem Sender CNN. „Ida“ habe seine Gemeinde völlig verwüstet. Da ein vom Wasser mitgerissenes Fahrzeug eine Brücke zerstört habe, säßen 200 bis 300 Einwohnerinnen und Einwohner fest. „Wir können keine Boote ins Wasser lassen, das wäre lebensgefährlich“, sagte er.

Mississippi floss stundenlang flussaufwärts

„Ida“ verursachte an einigen Teilen der Küste eine meterhohe Sturmflut. Wie US-Medien berichteten, war die Wucht des ankommenden Wassers so stark, dass das Wasser im Süden von New Orleans im Mississippi Messungen zufolge rund drei Stunden flussaufwärts floss. Meteorologen warnten zudem, dass die von „Ida“ ausgelösten ungewöhnlich starken Regenfälle weitere Überschwemmungen verursachen könnten. Rettungsdienste stellten in dem Gebiet aus Sicherheitsgründen bis Montag die Arbeit ein.

Leere Straßen in New Orleans, Louisiana.
APA/AFP/Getty Images/Brandon Bell
Die Straßen in New Orleans sind menschenleer – das Bild stammt von Sonntagabend (Ortszeit)

Auf den Tag genau 16 Jahre nach „Katrina“

„Ida“ traf in Louisiana auf den Tag genau 16 Jahre nach der Ankunft des verheerenden Hurrikans „Katrina“ auf Land. „Katrina“ hatte in und um New Orleans katastrophale Schäden und Überschwemmungen verursacht. Damals kamen rund 1.800 Menschen ums Leben. Seither wurden in der Region allerdings Milliarden Dollar in den Hochwasserschutz investiert.

Präsident Joe Biden erklärte für Louisiana – wie vom Bundesstaat erbeten – den Katastrophenfall. Somit können Bundesmittel für den Wiederaufbau und zur Unterstützung betroffener Bürger und Unternehmen freigegeben werden, wie das Weiße Haus mitteilte. Auch besuchte er die Zentrale der US-Katastrophenschutzbehörde FEMA in Washington.

Bild zeigt eine Frau im Scheinwerferlicht eines Autos.
AP/Eric Gay
In den Straßen von New Orleans war es stockdunkel

„Das wird ein zerstörerischer Hurrikan, ein lebensbedrohlicher Sturm“, warnte Biden. „An die Menschen der Golfküste: Ich will, dass Sie wissen: Wir beten für den besten Ausgang und bereiten uns auf das Schlimmste vor.“ Biden versprach den Menschen die Unterstützung der Regierung. „Sobald der Sturm vorübergezogen sein wird, werden wir die ganze Macht dieses Landes für Rettung und Wiederaufbau einsetzen“, sagte Biden.

Warten auf Rettungs- und Bergungseinsätze

Erst wenn „Ida“ abgezogen ist, können die Rettungs- und Bergungseinsätze beginnen. Wegen des Hurrikans wurde der Notstand ausgerufen, die Nationalgarde mit rund 5.000 Soldatinnen und Soldaten aktiviert und Hunderte Bergungsexpertinnen und -experten mobilisiert. Zudem standen Tausende bereit, um die Stromversorgung wiederherzustellen.

Die FEMA flog Hunderte Helferinnen und Helfer sowie Vorräte – darunter Millionen Mahlzeiten, Trinkwasser und Generatoren – in die Region. Auch Dutzende Krankenwagen und mehrere Sanitätsflugzeuge wurden bereitgestellt. Die Küstenwache stationierte zahlreiche Hubschrauber und Boote für den bevorstehenden Rettungseinsatz. Auch das US-Militär bereitete sich auf einen Hilfseinsatz vor.