Ein Mann vor einem zerstörten Haus in New Orleans, Louisiana
Reuters/USA Today Sports/
„Schäden katastrophal“

Bilder der Zerstörung durch Hurrikan „Ida“

Hurrikan „Ida“, mittlerweile zum Tropensturm herabgestuft, hat im südlichen US-Bundesstaat Louisiana schwere Schäden angerichtet – das Ausmaß wird aber erst langsam klar. Der Gouverneur von Louisiana, John Bel Edwards, bezeichnete die Schäden als „katastrophal“. Der Wiederaufbau werde Wochen und Monate dauern. Vor allem das Stromnetz könnte längere Zeit nicht funktionieren. Die Stadt New Orleans bat ihre Bürgerinnen und Bürger, die sich vor dem Sturm anderswo in Sicherheit gebracht hatten, noch nicht zurückzukommen.

Edwards sagte er Montagfrüh (Ortszeit) im Gespräch mit dem TV-Sender NBC, die Rettungs- und Bergungseinsätze liefen teils schleppend an, weil so viele Straßen durch Trümmer unpassierbar seien. Er gehe fest davon aus, dass die Zahl der Todesopfer noch im Laufe des Tages „deutlich“ ansteigen werde. „Die Schäden sind wirklich katastrophal.“

Viele haben noch stehendes Wasser in ihren Häusern und müssen gerettet werden", sagte der Gouverneur. Er betonte zugleich, es sei sehr erfreulich, dass das Hochwasserschutzsystem in New Orleans, das nach der Zerstörung durch Hurrikan „Katrina“ im Jahr 2005 gebaut worden war, gehalten habe.

Zwei Todesopfer gemeldet

Die Behörden bestätigten zwei Todesfälle, nachdem sie vom Hurrikan abgeschnittene Gemeinden erreicht hatten. Ein Mensch wurde durch einen umstürzenden Baum in Prairieville nordwestlich von New Orleans getötet, wie die Behörden mitteilten. Ein zweites Opfer starb, als es versuchte, durch die Fluten in New Orleans zu fahren, wie das Gesundheitsministerium von Louisiana auf Twitter schrieb.

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Überflutete Straße in LaPlace, Louisiana
Reuters/USA TODAY Network/Montgomery Advertiser/Mickey Welsh
Der Highway 51 in LaPlace, Louisiana, ist nur mit dem Boot befahrbar
Ein Mann in einem zerstörten Haus in Houma, Louisiana
Reuters/Adrees Latif
Ein Mann in einem zerstörten Haus in Houma, Louisiana
Überschwemmungen in Kenner, Louisiana
Reuters/Marco Bello
Überschwemmte Straßen in Kenner, Louisiana
Abgebrannte Gebäude und ein Auto in Kenner, Louisiana
Reuters/USA TODAY Network/Mickey Welsh
In der Stadt Kenner brannte ein Apartmenthaus nieder
Umgekippte Strommasten in Metairie, Louisiana
AP/Steve Helber
Umgekippte Strommasten in Metairie, Louisiana
Entwurzelter Baum in New Orleans
AP/Kevin Mcgill
Eine entwurzelte Eiche riss Stromleitungen mit sich
Ziegel auf einem Auto in New Orleans
AP/Eric Gay
Ein Gebäude in New Orleans stürzte ein – die Ziegel begruben ein Auto unter sich
Zerstörtes Gebäude in Houma, Louisiana
AP/David J. Phillip
Zerstörtes Gebäude in Houma, Louisiana

„Kommen Sie nicht zurück“

„Die Lage in New Orleans ist schlecht, so wie sie jetzt ist, ohne Strom, aber es könnte so viel schlimmer sein“, sagte Edwards mit Blick auf die schützenden Dämme. Er hoffe, dass die Elektrizität zumindest in Teilen von New Orleans „bald“ wiederhergestellt werden könne, sagte Edwards.

Wetterextreme und Klimawandel

Der Klimawissenschaft zufolge nehmen Wirbelstürme in ihrer Zahl und Stärke als Folge der Klimakrise und der damit zusammenhängenden Erwärmung der Meeresoberfläche zu.

Dennoch bat die Stadt New Orleans ihre Bürger, vorerst nicht zurückzukehren: Es gebe in der Stadt keinen Strom und keine Grundversorgung, zudem seien viele Straßen voller Trümmer, erklärte die Einsatzzentrale der Stadt am Montag über den Kurznachrichtendienst Twitter.

In Großbuchstaben hieß es: „Kommen Sie nicht zurück.“ Der Strom fiel auch im gesamten Stadtgebiet von New Orleans aus, wie die Einsatzzentrale mitteilte. „Der einzige Strom in der Stadt kommt von Generatoren“, hieß es.

Kein Strom – für Wochen?

Die meisten der rund 400.000 Einwohner von New Orleans mussten sich mit Kerzen, Taschenlampen und Gaslampen behelfen – oder in der Dunkelheit ausharren. Vom zuständigen Stromunternehmen Entergy kamen keine guten Nachrichten: Der Hurrikan habe alle acht für die Strombelieferung der Stadt zuständigen Leitungen beschädigt.

Die komplette Wiederherstellung der Stromversorgung könnte nach Ansicht des Weißen Hauses „Wochen“ dauern. Die von den Stromversorgern berichteten Schäden seien „katastrophal“, sagte die Sprecherin des Weißen Hauses, Jennifer Psaki. Wie lange die Reparatur dauern werde, sei noch unklar, aber das sei für alle beteiligten Behörden eine Toppriorität, sagte Psaki.

Biden sagt Hilfe zu

Edwards sagte in einer Videoschaltung mit Präsident Joe Biden, die Einsatzkräfte bemühten sich, zunächst die Stromversorgung von Krankenhäusern zu sichern. Diese nutzten derzeit Generatoren und könnten damit etwa zehn Tage durchstehen, sagte Edwards. Aber nun gehe es darum, mit Hilfe des US-Militärs zusätzliche Generatoren zu bringen, falls Generatoren versagten oder die Wiederherstellung der Versorgung zu lange dauere.

Satellitenbild vom Hurrikan Ida
NOAA/NESDIS/STAR
„Ida“ auf einem Satellitenbild

Biden versprach den betroffenen Regionen die volle und langfristige Unterstützung der Bundesregierung für den Wiederaufbau. „Wir stehen euch und den Menschen an der Golfküste bei – so lange es für euch dauert, sich wieder zu erholen“, sagte Biden. Er bot den Bürgermeistern und Gouverneuren seinen aus Louisiana stammenden Topberater Cedric Richmond als direkten Draht ins Weiße Haus an, falls sie zusätzliche Hilfen bräuchten.

„Wasser stand bis zu den Hausdächern“

Auch neun Raffinerien im Bundesstaat mussten ihren Betrieb einstellen. Der internationale Flughafen von New Orleans bleibt wohl am Montag geschlossen. In einem Dorf im Süden von New Orleans kam es nach Behördenangaben zu besonders dramatischen Überschwemmungen. „Das Wasser stand sehr hoch, bis zu den Hausdächern“, sagte die Präsidentin des Bezirks Jefferson, Cynthia Lee Sheng, am Montag in der Videokonferenz mit Biden.

Einsatzkräfte von Feuerwehr, Nationalgarde und Küstenwache nutzten für Rettungs- und Bergungseinsätze im Ort Lafitte Boote, sagte sie. Zu den Menschen auf der Insel Grand Isle gebe es bisher noch gar keinen Kontakt, sagte sie. Die meisten Menschen in den Orten dürften vorab die Anordnungen zur Evakuierung befolgt haben.

„Gefahr ist noch nicht vorbei“

„Die Gefahr ist noch nicht vorbei“, sagte Deanne Criswell von der amerikanischen Katastrophenschutzbehörde FEMA am Montagmorgen (Ortszeit) dem Sender CNN. Laut der Katastrophenschutzbehörde werde der Sturm auf dem Weg in die US-Bundesstaaten Mississippi oder sogar Tennessee und West Virginia weiter viel Regen mit sich bringen. „Die Menschen, die sich im Einzugsgebiet des Sturms befinden, müssen sich also weiterhin über die Risiken im Klaren sein“, sagte Criswell.

Karte zeigt Hurrikan „Ida“
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: NOAA

Criswell gab auch eine erste Einschätzung zu Schäden ab, die der Hurrikan in Louisiana hinterlassen hat. Es gebe Berichte über möglicherweise eingestürzte Gebäude, eine Reihe von Krankenhäusern werde mit Notstromgeneratoren betrieben. Man wisse auch, dass einige Menschen Hilfe benötigten. Genaueres werde sich in den kommenden Stunden zeigen.

Criswell sagte außerdem: „Ich glaube nicht, dass es einen schlechteren Weg für den Sturm hätte geben können.“ „Ida“ sei nicht nur als „extrem gefährlicher Hurrikan“ der Stufe vier auf Land getroffen, sondern auch stundenlang ein Kategorie-vier-Hurrikan geblieben.

„So viel Wasser habe ich noch nie gesehen“

Im Ort Galliano habe der Sturm Teile des Daches eines Krankenhauses weggerissen – hier sei aber niemand verletzt worden, hieß es. Die Kliniken in der Region seien angesichts der Ausbreitung der Delta-Variante derzeit mit Coronavirus-Patienten und -Patientinnen ausgelastet, hieß es.

Besonders betroffen waren niedrig liegende Gebiete südwestlich von New Orleans, für die es zuvor zumeist Evakuierungsanordnungen gegeben hatte. Auch aus der weiter nördlich gelegenen Kleinstadt Houma mit rund 30.000 Einwohnerinnen und Einwohnern, die direkt auf dem Pfad des Sturms lag, kamen Berichte über schwere Schäden.

„Wir haben schon früher Überschwemmungen und Stürme erlebt. Aber so viel Wasser habe ich noch nie gesehen“, berichtete Tim Kerner, der Bürgermeister der Ortschaft Jean Lafitte, dem Sender CNN. „Ida“ habe seine Gemeinde völlig verwüstet. Da ein vom Wasser mitgerissenes Fahrzeug eine Brücke zerstört habe, säßen 200 bis 300 Einwohnerinnen und Einwohner fest. „Wir können keine Boote ins Wasser lassen, das wäre lebensgefährlich“, sagte er.

Mississippi floss stundenlang flussaufwärts

„Ida“ verursachte an einigen Teilen der Küste eine meterhohe Sturmflut. Wie US-Medien berichteten, war die Wucht des ankommenden Wassers so stark, dass das Wasser im Süden von New Orleans im Mississippi Messungen zufolge rund drei Stunden flussaufwärts floss. Meteorologen warnten zudem, dass die von „Ida“ ausgelösten ungewöhnlich starken Regenfälle weitere Überschwemmungen verursachen könnten. Rettungsdienste stellten in dem Gebiet aus Sicherheitsgründen bis Montag die Arbeit ein.

Leere Straßen in New Orleans, Louisiana.
APA/AFP/Getty Images/Brandon Bell
Die Straßen in New Orleans sind menschenleer – das Bild stammt von Sonntagabend (Ortszeit)

Auf den Tag genau 16 Jahre nach „Katrina“

„Ida“ traf in Louisiana auf den Tag genau 16 Jahre nach der Ankunft des verheerenden Hurrikans „Katrina“ auf Land. „Katrina“ hatte in und um New Orleans katastrophale Schäden und Überschwemmungen verursacht. Damals kamen rund 1.800 Menschen ums Leben. Seither wurden in der Region allerdings Milliarden Dollar in den Hochwasserschutz investiert.

Präsident Biden erklärte für Louisiana – wie vom Bundesstaat erbeten – den Katastrophenfall. Somit können Bundesmittel für den Wiederaufbau und zur Unterstützung betroffener Bürger und Unternehmen freigegeben werden, wie das Weiße Haus mitteilte. Auch besuchte er die Zentrale der US-Katastrophenschutzbehörde FEMA in Washington.