Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP)
APA/Helmut Fohringer
Arbeitsmarkt

Kocher will Reform bis Frühjahr

Generell entspannt sich die Lage auf dem Arbeitsmarkt weiter, zeigen die aktuellen Daten. Trotzdem will ÖVP-Arbeitsminister Martin Kocher nun eine große Reform des Arbeitsmarkts angehen. Kocher kündigte am Mittwoch an, bis Ende März ein Gesamtpaket vorlegen zu wollen.

Man werde weiter alles tun, um die Arbeitslosigkeit auf das Vorkrisenniveau zu reduzieren. Trotzdem hält Kocher nun die Zeit für den Start eines Reformdialogs zur Arbeitslosenversicherung für gekommen. Die Debatte soll bis Jahresende sehr breit aufgestellt erfolgen – neben Sozialpartnern, Parteien, heimischen und internationalen Expertinnen und Experten wollen auch verschiedene Gruppen Arbeitsloser einbezogen werden.

Konkrete Aussagen vermied Kocher auch auf mehrmaliges Nachfragen bei der Pressekonferenz. So wollte er weder etwas zu einem Verbot von Zuverdienst für Arbeitslose noch zu Verschärfungen der Zumutbarkeitsregeln noch zu einer Umstellung auf ein degressives Modell des Arbeitslosengeldes sagen – damit ist ein zunächst deutlich höheres Arbeitslosengeld gemeint, das nach relativ kurzer Zeit verringert wird, um den Druck, einen Job zu finden oder anzunehmen, zu erhöhen. Einzig bei der Notstandshilfe legte sich Kocher fest. Diese werde es weiter geben.

Minister Kocher zur Arbeitsmarktreform

Wegfall der Zuverdienstgrenze für arbeitslose Menschen, ein absteigendes Arbeitslosengeld oder eine Verschärfung der Zumutbarkeitsbestimmungen – ÖVP-Arbeitsminister Martin Kocher spricht über verschiedene Reformideen der Regierung.

Er definierte drei Ziele für den Dialog, die so breit sind, dass sie „alle einen, egal welcher ideologischen Richtung“ man angehöre: mehr Menschen „in Beschäftigung bringen“, eine bessere Absicherung im Fall des Jobsverlusts und eine schnellere Vermittlung. Intern wolle man zudem schauen, dass die Mittel für das AMS treffsicherer werden.

Kocher für „differenzierte“ Diskussion

Kocher verwies darauf, dass die letzte größere Reform der Arbeitslosenversicherung in den 1970er Jahren erfolgt sei. Als zentrales Ziel für die Diskussion nannte Kocher ein evidenzbasiertes Vorgehen. Außerdem sei es wichtig, differenziert zu diskutieren. Es gebe starke Unterschiede – Kocher unterschied etwa jene, die zwar intensiv suchen, aber etwa wegen mangelnder Qualifizierung keinen Job finden, und jene, denen aufgrund der derzeitigen Beihilfen der Anreize fehle, zu arbeiten oder Vollzeit zu arbeiten.

Kocher sagte, er sei bei dem Thema im Austausch mit dem grünen Sozialminister Wolfgang Mückstein, wollte auf dessen Aussagen aber nicht eingehen. Mückstein hatte Plänen zu Verschärfungen beim Arbeitslosengeld eine Abfuhr erteilt. „Man muss an den Arbeitsbedingungen etwas ändern, nicht die Daumenschrauben noch enger anziehen“, sagte er im Gespräch mit der „Wiener Zeitung“. Auch SPÖ und FPÖ hatten sich zuvor klar gegen Verschärfungen ausgesprochen.

Die Regierung habe vor der Pandemie vereinbart, dass die Armut in Österreich bis zum Ende der Legislaturperiode halbiert werden solle. „Mit Corona sind die Probleme eher größer geworden. Wir müssen dieses Ziel neu definieren, weil es vermutlich mehr armutsgefährdete Menschen gibt. Deswegen halte ich die Senkung des Arbeitslosengeldes für bedenklich“, so Mückstein.

Lob und Kritik

SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch forderte eine Pflegeoffensive sowie mehr Engagement gegen Langzeitarbeitslosigkeit und warnte davor, Zuverdienstmöglichkeiten zu streichen. Die FPÖ drängte in Reaktion auf Kocher auf eine Offensive für mehr neue Arbeitsplätze und lehnte Verschärfungen für Arbeitslose ab. ÖVP-Klubobmann August Wöginger begrüßte naturgemäß die anvisierte Reform. NEOS forderte das Ende der pandemiebedingten Kurzarbeit.

Kocher für breite Debatte

ÖVP-Arbeitsminister Martin Kocher will sich bei der geplanten Reform der Arbeitslosenversicherung inhaltlich noch nicht festlegen. Bei einer Verlängerung der auslaufenden CoV-Sonderbetreuung für Eltern will Kocher noch abwarten.

Lob gab es für Kochers Plan einer Reform der Arbeitslosenversicherung von der Wirtschaftskammer, sie plädierte für den Ausbau von „Arbeitsplatzanreizen“.

Im Regierungsprogramm von ÖVP und Grünen ist eine Arbeitsmarktreform nur angedeutet. Im Hinblick auf das Arbeitsmarktservice (AMS) heißt es: „Überprüfung und Überarbeitung der Instrumente im Hinblick auf Effizienz, Beschäftigungsanreize“. Die Arbeitsmarktziele seien „auf nachhaltige Senkung der Arbeitslosigkeit zu fokussieren“.