Armin Laschet mit seinem Team
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Deutschland-Wahl

„Zukunftsteam“ soll Laschet helfen

Rund drei Wochen vor der deutschen Bundestagswahl hat der angesichts schlechter Umfragewerte stark unter Druck stehende CDU/CSU-Kanzlerkandidat und CDU-Vorsitzende Armin Laschet ein Wahlkampfteam vorgestellt. Laschet präsentierte am Freitag sein „Zukunftsteam“ aus acht Frauen und Männern, mit denen er in den Wahlkampfendspurt ziehen will.

Dem von der Union als „Zukunftsteam“ bezeichneten Team gehört unter anderen der frühere Unionsfraktionschef Friedrich Merz an. Merz hatte sich ebenfalls um den CDU-Vorsitz beworben, war aber Laschet unterlegen. Das Team spiegle die Vielfalt des Landes und der Partei wider, sagte Laschet und sprach mit Blick auf die Wahl in drei Wochen von einer „Richtungsentscheidung“. Gemeinsam wolle man dafür kämpfen, „dass es am 26. September nicht zu einem linken Bündnis (von SPD, Grünen und Linken, Anm.) in Deutschland kommt“.

Zu Laschets Wahlkampfteam gehören neben der Digitalstaatsministerin Dorothee Bär (CSU) auch der Terrorismusexperte Peter Neumann, Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Karin Prien, die sächsische Kultusministerin Barbara Klepsch, die stellvertretende CDU-Vorsitzende Silvia Breher, Unionsfraktionsvize Andreas Jung sowie der Musikmanager Joe Chialo, der in Berlin-Spandau für ein Bundestagsmandat kandidiert.

Armin Laschet und Friedrich Merz
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Der ehemalige parteiinterne Konkurrent Friedrich Merz soll Laschet unter die Arme greifen

Neuer Schwung durch „neue Ideen“ erhofft

Das „Zukunftsteam“ soll Laschet in den kommenden Wochen aus dem Umfragetief helfen. Zuletzt war dort die SPD mit Spitzenkandidat Olaf Scholz an der Union vorbeigezogen. Laschet erhofft sich nun mehr Schwung. Der Kanzlerkandidat sagte, das Team solle alle Parteiflügel zusammenhalten und gleichzeitig neue Ideen für die Zukunft liefern. Es handle sich um Experten und Expertinnen, die etwas anderes machten als „Experimente ideologischer Art“.

Merz, der dem konservativen CDU-Flügel zugerechnet wird, soll sich dabei um den Bereich Wirtschaft und Finanzen kümmern. Merz warb für wirtschaftliche Dynamik, bekannte sich aber auch ausdrücklich zu soliden Staatsfinanzen und zur Schuldenbremse.

Bär will „dem Staat ein Update verpassen“

Die stellvertretende CSU-Vorsitzende Bär repräsentiert den Bereich Digitalisierung und Innovation. „Wir wollen dem Staat ein Update verpassen“ und „einen digitalen Turbo zünden“, kündigte sie bei ihrer Vorstellung an. Jung steht in Laschets Mannschaft für den Themenbereich Klima und Energie, Prien für Bildungsfragen, Breher für Familienpolitik und Klepsch für gleichwertige Lebensverhältnisse.

Neumann soll sich um Sicherheitsfragen kümmern. Er sei „einer der Wissenschaftler, die Wissenschaft auch in praktische Politik übersetzen können“, so Laschet. Chialo, der Kulturfragen in den Mittelpunkt stellt, sei jemand mit praktischer Berufserfahrung, der „nicht aus dem Hörsaal in den Plenarsaal“ gewechselt sei. Gleichzeitig rief Laschet die SPD auf, nun ihre Persönlichkeiten für eine Regierungsmannschaft zu präsentieren. „Da werden viele im Moment versteckt.“

Olaf Scholz
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SPD-Kandidat Olaf Scholz kann sich über gute Umfragewerte freuen

Laschet gängelt SPD

Laschet hatte in den vergangenen Wochen mehrfach betont, dass er kein Schattenkabinett aufstellen wolle, weil es CDU-Minister in der amtierenden Bundesregierung gibt. Er hatte allerdings ein Team angekündigt, von dem lange nur Merz als Mitglied bekannt war. Die Union will damit auch die SPD unter Druck setzen, die im Wahlkampf vor allem auf Scholz setzt. „Ich freue mich zu sehen, welche weiteren Persönlichkeiten denn die SPD aufzubieten hat“, sagte Laschet. Die SPD verstecke ihr Personal.

Meinungsforscher skeptisch

Das Laschet-Team wird nach Einschätzung des Meinungsforschers Peter Matuschek kaum eine Trendwende in den Umfragen bewirken. „Ich halte das Timing wirklich für sehr spät“, sagte der Leiter der Abteilung Politik- und Sozialforschung bei FORSA der Nachrichtenagentur AFP am Freitag. Er hielt zudem den Bekanntheitsgrad der meisten Teammitglieder für zu gering. „Dass es ein Zugpferd werden kann, bezweifle ich“, so Matuschek „Es ist ein Lehrbuchsatz aus jeden Wahlkampfhandbuch, dass man ein Team braucht, wenn man einen schwachen Kandidaten hat.“

Matuschek verwies auch darauf, dass dieses Jahr ein Rekord bei der Briefwahlbeteiligung erwartet wird. „Und diejenigen, die schon Briefwahl gemacht haben, haben sich ja bereits entschieden“, sagte er. „Das heißt, der Kuchen, der in den nächsten Wochen zu verteilen ist, wird nun immer kleiner.“

Söder sieht in Laschet einen Kämpfer

Angesichts der miserablen Umfragewerte rief CSU-Chef Markus Söder die Union zum Kämpfen auf. „Die Lage ist in der Tat sehr ernst und alarmierend“, sagte Söder am Freitag nach einer Videokonferenz des CSU-Vorstands in München. Das gelte angesichts des Trends und der absoluten Höhe der Umfragewerte. Jetzt komme es darauf an, diesen Trend zu brechen und ihn umzukehren. „Die Bundestagswahl ist noch nicht gelaufen. Es ist nach wie vor alles drin“, sagte Söder.

Söder stellte sich dabei voll hinter Laschet. Der CSU-Vorstand habe ausdrücklich seine Solidarität und seine hundertprozentige Rückendeckung signalisiert. Und nachdem sich die CSU im Juli noch kritisch zum Wahlkampf der CDU geäußert und vor einem Schlafwagenwahlkampf gewarnt hatte, sagte Söder nun: „Armin Laschet will kämpfen, kann kämpfen, und das zeigt er jetzt auch.“ Zudem lobte der CSU-Chef, dass Laschet nun ein Team präsentiere.

ZDF-„Politbarometer“: SPD legt weiter zu

Gut drei Wochen vor der Wahl legte die SPD laut ZDF-„Politbarometer“ erneut deutlich zu und liegt damit klar vor der Union. Wenn schon am nächsten Sonntag gewählt würde, bliebe die Union bei 22 Prozent, ihrem bisher niedrigsten Wert in dieser Erhebung der Forschungsgruppe Wahlen. Die SPD könnte gegenüber der Vorwoche um drei Prozentpunkte zulegen und wäre mit 25 Prozent in dieser Projektion erstmals seit September 2002 stärkste Kraft.

Die lange sehr starken und kurzzeitig sogar führenden Grünen würden laut dieser Prognose dagegen drei Punkte verlieren und kämen nur noch auf 17 Prozent. Die rechtspopulistische AfD könnte unverändert mit elf Prozent rechnen. Die FDP könnte einen Punkt zulegen auf elf Prozent, die Linke ebenfalls auf sieben Prozent. Die anderen Parteien zusammen lägen bei sieben Prozent (minus zwei), darunter keine Partei, die mindestens drei Prozent erreichen würde.

Nur Dreierkonstellation möglich

Damit gäbe es eine ganz knappe Mehrheit für eine SPD-geführte rot-schwarze Koalition. Reichen würde es unter SPD-Führung für ein Bündnis mit Grünen und FDP oder mit Grünen und Linkspartei. Eine CDU/CSU-Führung wäre nur in einem Bündnis mit Grünen und FDP möglich.

In der Kanzlerfrage baute Scholz seinen Vorsprung aus. Sein positiver Bewertungstrend setzte sich sowohl bei der Kandidatenpräferenz als auch bei der Kanzlereignung fort. Am liebsten hätten 53 Prozent (plus vier) Scholz als Kanzler, Laschet wünschen sich 18 Prozent (plus eins) und die Grünen-Anwärterin Annalena Baerbock 14 Prozent (minus zwei).

Wenig Rückhalt für Laschet

Auch der Rückhalt in den eigenen Parteien ist recht unterschiedlich. Während die SPD-Anhänger nahezu geschlossen hinter Scholz stehen (92 Prozent), fällt die Unterstützung der CDU/CSU-Anhänger für Laschet (53) und der Grünen-Anhänger für Baerbock (66) verhaltener aus. Das „Politbarometer“ deckt sich mit dem Trend, den andere Institute zuletzt ermittelt hatten – sowohl bei den Parteiwerten als auch den Einschätzungen zu den Kandidaten bzw. der Kandidatin.