Selmayr fordert mehr Engagement bei Sicherheitspolitik

Forderungen nach einem stärkeren außen- und sicherheitspolitischen Engagement Europas im Zuge der Afghanistan-Krise haben heute mehrere EU-Vertreterinnen und -Vertreter erhoben. „Die Europäer müssen aus der Komfortzone heraus“, sagte EU-Kommissionsvertreter Martin Selmayr bei einer Diskussion des Europäischen Forums Alpbach.

Andernfalls könnten die Europäer ihre Werte nicht schützen. „Die Enttäuschung über (US-Präsident, Joe, Anm.) Biden ist ein guter Wachruf.“ Der EU-Beauftragte für den Westbalkan und frühere slowakische Außenminister Miroslav Lajcak sagte: „Wir brauchen eine emanzipiertere Verteidigungs- und Sicherheitspolitik Europas.“ Die Ereignisse in Afghanistan würden diese Entwicklung beschleunigen.

Nach Ansicht von Lajcak braucht die EU aber keine eigene europäische Armee, sondern mehr politischen Willen und „soft power“. Die EU habe bereits „Battle Groups“, die bisher noch nicht eingesetzt wurden, sagte der slowakische Diplomat. Nachdem ein Großteil der EU-Staaten auch der NATO angehöre, müsse diese Diskussion auch mit der NATO geführt werden, „wir müssen realistisch sein“, so Lajcak.

Selmayr sieht „Quantensprünge“ bei Verteidigungspolitik

Selmayr gab die Prognose ab, dass in einem Jahr kaum mehr jemand über Afghanistan reden werde – so wie derzeit niemand über die Krisen in Mali, der Sahelzone oder in der Ukraine rede. Im Gefolge des Brexits seien jedoch „Quantensprünge“ der europäischen Verteidigungspolitik erfolgt, sagte Selmayr, der auf die Schaffung der Strukturierten EU-Militärzusammenarbeit (PESCO) und eines EU-Verteidigungsfonds verwies.

Er hoffe, dass die derzeitige Entwicklung eines „strategischen Kompasses“ – ein Bedrohungsbild für die EU-Verteidigungszusammenarbeit – weitere Impulse liefere. Die frühere spanische Außenministerin Arancha Gonzalez sagte, dass die Sahelzone nur 700 Kilometer von ihrem Land entfernt sei und ein „großes Problem“ wegen Terrorismus und gescheiterter Staaten darstelle.

Die NATO habe für diesen Bereich kein Mandat. Daher müsse die EU in der Lage sein, selbst zu agieren, wenn ihre Sicherheit bedroht werde. Außerdem seien die USA mehr mit der Pazifik- als mit der Atlantikregion beschäftigt.