Bild zeigt den guineischen Oberst Doumbouya.
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Putschversuch in Guinea?

Militär erklärt Regierung für „aufgelöst“

Im westafrikanischen Guinea haben offenbar Teile des Militärs gegen die Regierung geputscht und nach eigenen Angaben Präsident Alpha Conde gefangen genommen. Spezialkräfte der Armee hätten die Regierung „aufgelöst“, hieß es in einem Video der angeblichen Putschisten. Die Lage ist allerdings unklar, denn das Verteidigungsministerium sagte, dass der Angriff auf den Präsidentensitz zurückgeschlagen worden sei.

In dem Video der angeblichen Putschisten hieß es wiederum, dass nach der Gefangennahme des Präsidenten beschlossen worden sei, die Verfassung außer Kraft zu setzen und die Institutionen aufzulösen. „Wir haben auch beschlossen, die Regierung abzusetzen und die Grenzen zu schließen“, sagte der Chef der Spezialkräfte, Oberstleutnant Mamady Doumbouya.

In dem Video mit dem Logo des staatlichen Rundfunks waren mehrere Männer in Militäruniform zu sehen – Doumbouya behauptete, die Regierung sei abgesetzt. Ferner prangerte er in eine guineische Flagge gehüllt die „Misswirtschaft“ im Land an.

Video zeigt von Soldaten umringten Präsidenten

In einem weiteren Video war Präsident Conde selbst mit Männern in Militäruniform zu sehen. Das Staatsoberhaupt – in Jeans und Hemd auf einem Sofa sitzend – weigert sich darin auf die Frage der Putschisten zu antworten, ob er misshandelt worden sei. Der Aufenthaltsort des Präsidenten ist unklar.

Schusswechsel in Conakry

Das Verteidigungsministerium erklärte, „die Aufständischen“ hätten in der Hauptstadt Conakry Angst und Schrecken verbreitet und den Präsidentenpalast angegriffen. Die Präsidentengarde, unterstützt von den Verteidigungs- und Sicherheitskräften, habe die Angreifer jedoch zurückgedrängt.

Bild zeigt Soldaten auf einem Fahrzeug der guineischen Armee.
APA/AFP/Cellou Binani
Soldaten auf einem Fahrzeug der guineischen Armee im Viertel Kaloum in Conakrys

Aus Conakry waren zuvor Schusswechsel gemeldet worden – auch auf Videos, deren Echtheit nicht gesichert ist, sind Schüsse zu hören. Das Militär war vor allem auf den Straßen der Halbinsel Kaloum zu sehen, wo sich das Präsidialamt und zahlreiche Regierungsinstitutionen des westafrikanischen Landes befinden, wie ein AFP-Reporter berichtete.

Augenzeugin berichtet von vermummten Soldaten

„Ich habe eine Kolonne von Militärfahrzeugen mit Soldaten gesehen, die in die Luft schossen und militärische Parolen riefen“, sagte eine Bewohnerin Conakrys der Agentur AFP. „Die Soldaten waren alle vermummt.“ Ein westlicher Diplomat sagte, er habe „keine Zweifel“, dass ein Putschversuch im Gange sei, der von Spezialkräften angeführt werde.

Der Diplomat, der anonym bleiben wollte, vermutete als Ursache Spannungen zwischen der Regierung und dem Kommandanten der Spezialeinheit, die über bessere Ressourcen als andere Sicherheitskräfte verfügt.

UNO-Generalsekretär Antonio Guterres verurteilte „jegliche Übernahme der Regierung durch Waffengewalt“. Er forderte die sofortige Freilassung des Präsidenten. Auch die Afrikanische Union (AU) verurteilte den Putschversuch und forderte Condes Freilassung.

Per Gesetzesänderung zur dritten Amtszeit

Conde hatte vergangenes Jahr eine Verfassungsänderung durchgesetzt, die ihm eine dritte Amtszeit ermöglichte. Im Oktober wurde der heute 83-Jährige zum Sieger der von Gewalt begleiteten, umstrittenen Wahl erklärt, was zu Massenprotesten führte. Bei Zusammenstößen mit den Sicherheitskräften wurden damals Dutzende Menschen getötet.

Bodenschätze wie Bauxit, Eisenerz, Gold und Diamanten hatten dem Land unter Conde ein anhaltendes Wirtschaftswachstum beschert. Davon profitierte jedoch nur ein Teil der Bevölkerung. Die Regierung hat in den vergangenen Wochen die Steuern deutlich erhöht. Unter anderem ist der Preis von Treibstoff um ein Fünftel gestiegen, was zu Unmut in der Bevölkerung geführt hat.

Nach Jahrzehnten der Diktatur war Conde 2010 der erste demokratisch gewählte Präsident Guineas. Menschenrechtsaktivistinnen und -aktivisten kritisierten jedoch den zunehmend autoritären Führungsstil des Staatsoberhauptes. Conde hingegen rühmt sich, die Menschenrechte vorangebracht und das Land wiederaufgebaut zu haben.