Person mit Maske geht an EU-Kommissionsschild in Brüssel vorbei
APA/AFP/Kenzo Tribouillard
Rechtsstaatlichkeit

EU setzt CoV-Hilfen für Ungarn und Polen aus

Milliardenschwere EU-CoV-Hilfen für Polen und Ungarn werden wegen Rechtsstaatlichkeitsbedenken aufgehalten. Das bestätigte der zuständige EU-Kommissar Valdis Dombrovskis in einer Pressekonferenz am Montag. Nach derzeitigen Berechnungen sollte Ungarn rund 7,2 Milliarden Euro an Zuschüssen bekommen und Polen insgesamt 40 Milliarden Euro an Zuschüssen und Krediten.

Es gebe immer noch Punkte in Polens Aufbauplan, die angegangen werden müssten, so Dombrovskis. „Wir schauen uns auch das Problem der Vorrangigkeit von EU-Recht an und seine potenziellen Auswirkungen für den polnischen Aufbauplan“, so der EU-Kommissar weiter. Man sei mit der polnischen Regierung in Kontakt, fügte er hinzu. Kritiker werfen der polnischen Regierung vor, durch Reformen in den letzten Jahren die Unabhängigkeit der Justiz untergraben zu haben. In Polen läuft derzeit vor dem Verfassungsgericht ein Verfahren dazu, ob polnisches Recht Vorrang vor EU-Recht hat.

Die für Dienstag erwartete Entscheidung des Verfassungsgerichts wurde allerdings erneut verschoben. Die Vorsitzende Richterin Julia Przylebska erklärte, es würden weitere Beratungen bis zum 22. September angesetzt. Grund dafür sei eine Eingabe des Büros des polnischen Menschenrechtsbeauftragten, der den Abzug einer mit dem Fall befassten Richterin verlangt hatte. Das Verfassungsgericht hatte seine Entscheidung in dem für die EU-Mitgliedschaft Polens wegweisenden Fall zuvor bereits zweimal verschoben.

EU fordert Zurücknahme des Antrags

Regierungschef Mateusz Morawiecki hatte das Gericht Ende März um eine Entscheidung zu der Frage ersucht, ob die polnische Verfassung Vorrang vor EU-Recht habe. Anlass war ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs gegen die umstrittenen Justizreformen der rechtsnationalistischen Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS).

Die EU-Kommission hatte die polnische Regierung aufgefordert, den Antrag an das Verfassungsgericht zurückzunehmen und den Vorrang von europäischem vor nationalem Recht anzuerkennen. Lenkt die polnische Regierung nicht ein, droht Polen ein Vertragsverletzungsverfahren. Wegen Verstößen gegen rechtsstaatliche Grundsätze steht Polen in der EU seit Jahren am Pranger.

Hilfen auch für Ungarn ausgesetzt

Auch im Fall von Ungarn werden die CoV-Hilfen aufgehalten. „Natürlich schauen wir uns auch Rechtsstaatlichkeitsbedenken an, die im Fall von Ungarn identifiziert wurden“, sagte Dombrovskis. Die genauen Herausforderungen nannte er nicht. Aus EU-Kreisen hieß es zuletzt, dass es um Vorkehrungen gegen den möglichen Missbrauch der Gelder geht.

Die Regierung in Budapest wirft der Kommission allerdings vor, die Zustimmung der Hilfen von der Abschaffung eines umstrittenen Gesetzes abhängig zu machen. Das Gesetz verbietet jegliche Information über sexuelles Leben für unter 18-Jährige, automatisch inkludiert sind daher Homosexualität, Trans- und Intersexualität.

Warschau und Budapest hatten ihre CoV-Aufbaupläne im Mai eingereicht. Um Gelder aus der Aufbau- und Resilienzfazilität (RRF) der EU zu erhalten, müssen Mitgliedsstaaten einen Plan mit konkreten Investitions- und Reformvorhaben vorlegen, der eigentlich innerhalb von zwei Monaten von der Kommission beurteilt wird. Die Genehmigung der Pläne von Polen und Ungarn wurde allerdings verschoben.