Bahnschienen enden im Hochwasser
APA/Neumayr/Breuer
Umweltbundesamt

Großer Aufholbedarf bei Klimaplan

Hitze und Trockenheit, Starkregen und Überschwemmungen: Auch das bisherige Jahr war von Wetterextremen geprägt. Die EU legte bereits Anfang des Jahres eine aktualisierte Anpassungsstrategie vor, um die schlimmsten Folgen der Klimakrise zu verhindern. Österreich hat noch Aufholbedarf in einigen Punkten, besagt der „Zweite Fortschrittsbericht“ des Umweltbundesamtes (UBA) zur österreichischen Strategie der Anpassung an den Klimawandel.

Denn selbst wenn es gelingt, die Treibhausgase drastisch zu verringern, gibt es bereits jetzt nicht mehr vermeidbare Folgen des Klimawandels. Der 36-seitige Bericht soll am Mittwoch dem Ministerrat vorgelegt werden. Untersucht wurden die Ergebnisse der Anpassung in Österreich zwischen 2015 und 2020. Es habe Fortschritte gegeben, auch das Bewusstsein sei gestiegen, analysieren die Autorinnen.

„Die Erfolge sind positiv zu bewerten, dürfen aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass weiterer Anpassungsbedarf gegeben ist.“ Die Auswirkungen des Klimawandels in wichtigen strategischen Entscheidungen würden immer noch unzureichend berücksichtigt. Ein zentrales Ziel der österreichischen Anpassungsstrategie bleibe dadurch „nach wie vor unerfüllt“.

Bewusstsein im Tourismus ausbaubar

Bund und Länder seien gefordert, die entsprechenden Rahmenbedingungen zu schaffen – „sowohl strukturell als auch institutionell und auf legistischer Ebene“. Ausbaubar sei etwa die Bewusstseinsbildung im Tourismus. Konkrete Maßnahmen seien hier oft unzureichend. Es fehlten die entsprechenden Vorgaben bei den Förderungen, kritisiert der Bericht. Es gebe zudem Potenzial Richtung Ganzjahrestourismus und Verlängerung der Saisonen.

Kritisch hervorgehoben wurde auch der Punkt Raumordnung. Das Umweltbundesamt vermisst hier klare Grundlagen und ein bundesweit einheitliches Vorgehen. Zu beobachten ist das an der steigenden Bodenversiegelung. Der Anteil der versiegelten Fläche am Dauersiedlungsraum zwischen 2015 und 2018 sei bundesweit von 5,35 Prozent auf 5,49 Prozent leicht gestiegen. Zugleich habe sich in derselben Zeit der Anteil der Grünflächen in diesem Siedlungsraum um rund 1.900 Hektar verringert.

Hoher Handlungsdruck in Forstwirtschaft

Positiv hervorgehoben wurde der 2020 von der Regierung initiierte Waldfonds. Der Fonds ist mit 350 Millionen Euro bis 2025 dotiert, etwa zur Förderung von Biodiversität und Aufforstung. Gerade in der Forstwirtschaft zeige sich die Wirkung vieler Anpassungsmaßnahmen erst Jahre später. Entsprechend groß sei hier daher der Handlungsdruck. Empfohlen wird, laubholzreiche Mischbestände deutlich zu steigern und den Anteil von Fichten zu reduzieren.

Wald
ORF.at/Günther Rosenberger
Laubholzreiche Mischbestände sollen gesteigert, Fichten reduziert werden

Auch in Städten habe es eine verstärkte Auseinandersetzung mit den Folgen der Klimakrise gegeben. In Wien gibt es schon seit über 20 Jahren ein Klimaschutzprogramm. Graz setzt auf einen „Aktionsplan 2022“, 2019 wurde das „1. Linzer Klimaprogramm“ beschlossen. In Innsbruck gibt es seit 2020 eine eigene Strategie, wie sich die Stadt an den Klimawandel anpassen kann.

Schutz statt Anpassung im Verkehr

Bei Verkehrsfragen geht es vorrangig um Klimaschutz und darum, wie Treibhausgase reduziert werden können. Der Anpassungsbedarf von Infrastruktur im Verkehr an den Klimawandel sei „noch wenig ausgereift“, so der Bericht. Es bestehe dringender Handlungsbedarf, um klimaverträgliche Verkehrsmittel zu fördern. Denn auch mit der Zunahme des Verkehrs gehe eine zunehmende Bodenversieglung durch Verkehrsflächen einher. Dieser Trend liege aktuell bei einer Zunahme von 0,4 Prozent pro Jahr – mit einem leichten Rückgang. Seit 1995 haben österreichweit die Verkehrsflächen um 20 Prozent zugenommen, so das Umweltbundesamt

Starker Verkehr und Stau auf der Stadtautobahn in Wien
ORF.at/Christian Öser
Anpassungsstrategien im Verkehr sind „noch wenig ausgereift“

Die Wasserversorgung in Österreich sieht das Umweltbundesamt gut aufgestellt. Handlungsbedarf gebe es aber, um den guten ökologischen und chemischen Zustand von Gewässern zu sichern. Wenig verbessert hat sich der ökologische Zustand von zwei Drittel der Fließgewässer in Österreich.

Studie: Kosten von Klimawandel höher als angenommen

Österreich verabschiedete bereits 2012 seine erste Klimawandelanpassungsstrategie. Seit dem Pariser Klimavertrag 2015 gilt die Anpassung an den Klimawandel als gleichwertige Säule der Klimapolitik. Was tatsächlich umgesetzt wurde, ist Gegenstand der regelmäßigen Fortschrittsberichte.

Dass Handlungsdruck gegeben ist, zeigt auch eine am Montag in der Zeitschrift „Environmental Research Letters“ publizierte Studie zu den Kosten des Klimawandels. Diese könnten laut Forschern von europäischen und US-amerikanischen Universitäten deutlich höher sein als angenommen.

Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) könnte weltweit in diesem Jahrhundert klimabedingt um etwa 37 Prozent sinken. Das wäre rund sechsmal so viel wie bisher angenommen. Frühere Studien gingen von BIP-Einbußen von etwa sechs Prozent bis zum Jahr 2100 aus. Dabei war noch angenommen worden, dass Auswirkungen des Klimawandels wie Brände, Hochwasser und Dürren das Wirtschaftswachstum nicht dauerhaft beeinträchtigen. Inzwischen halten es jedoch viele Ökonomen für unwahrscheinlich, dass sich die Volkswirtschaften von extremen Unwetterereignissen und damit verbundenen Schäden an der Infrastruktur rasch erholen können.