Kaffee und Maske in einem Lokal
APA/EXPA/Johann Groder
Coronavirus

Regierung stellt Maßnahmen für Herbst vor

Die Regierung stellt am Mittwoch die CoV-Maßnahmen für den Herbst vor. Zuvor finden Beratungen mit den Bundesländern und Fachleuten statt. Die Eckpunkte sind bereits seit Montag bekannt, nachdem Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) zum Missfallen mehrerer Bundesländer im Zuge des ORF-„Sommergesprächs“ seine Pläne präsentiert hatte. Unter anderem soll die Belegung der Intensivstationen zum Leitindikator werden. Auch generellen Lockdowns – also auch für Geimpfte – erteilte Kurz eine Absage.

Kurz hatte angekündigt, dass künftig die Bettenbelegung an den Intensivstationen statt der 7-Tage-Inzidenz neuer Leitindikator für CoV-Maßnahmen werden soll. Mit Erreichen einer gewissen Belegungszahl sollen auch bestimmte Maßnahmen verknüpft werden. Zudem sagte Kurz, dass es „sicherlich keine Lockdowns“ mehr für Geimpfte geben werde. Einschränkungen werde es gegebenenfalls nur für Ungeimpfte geben.

Man werde darauf setzen, in Bereichen, wo viele Menschen aufeinandertreffen, die ungeimpft sind, „aktiv“ zu werden. Als Beispiele nannte er die Nachtgastronomie und Großveranstaltungen – und ist damit offenbar mit Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) auf einer Linie, der am Wochenende eine „1-G-Regel“ etwa für Apres-Ski ins Spiel brachte. Im Interview mit dem „Report“ wollte der Minister Dienstagabend noch keine Details zu möglichen Maßnahmen nennen. Er verwies auf die Gespräche mit den Landeshauptleuten und kündigte einen Stufenplan an.

Gesundheitsminister Mückstein über Verschärfungen

Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) über die geplanten Maßnahmen zur Eindämmung der CoV-Verbreitung.

Kurz sprach sich zudem einmal mehr für offene Schulen aus, eine generelle Impfpflicht schloss er neuerlich aus. Vor dem „Sommergespräch“ hatte das Kanzleramt auch eine Erhöhung des „Kontrolldrucks“ bei den bestehenden Regeln angekündigt: Denn es seien immer mehr Fälschungen von Impfzertifikaten im Umlauf – und auch die „3-G“-Kontrollen seien teilweise mangelhaft.

Ludwig will schärfere Maßnahmen

Bevor die Regierung die Öffentlichkeit über das neue Maßnahmenpaket informiert, stehen Gespräche mit den Bundesländern auf der Agenda. Bereits am Dienstag hatten sich besonders der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) und der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) verärgert darüber gezeigt, dass sich Kurz noch vor den Gesprächen mit den Ländern öffentlich geäußert hatte. Bis kurz vor Beginn des „Sommergesprächs“ hatte sich die Regierung bei Details zugeknöpft gegeben.

„Wir sind in Wien keine nachgeordnete Dienststelle des Bundes“, zeigte sich Ludwig verärgert. Er forderte Gespräche auf Augenhöhe und schärfere Maßnahmen. „Die Pandemie ist auch für die Geimpften nicht vorbei“, sagte Ludwig in Replik auf Kurz. Er verwies darauf, dass eine höhere CoV-Belastung der Intensivstationen auch für Geimpfte Folgen hat. Es sei dann „für Menschen, die einen Herzinfarkt, Schlaganfall oder Unfall haben, schwer möglich, zeitgerecht entsprechend auf Intensivstationen behandelt zu werden“.

Ludwig werde daher „ein umfassendes Paket einfordern“. Er sprach sich dafür aus, die strengeren Maßnahmen in Wien – beispielsweise eine Maskenpflicht im gesamten Handel und die verkürzte Gültigkeit der Tests – auch für die anderen Bundesländer zu verordnen. Weiterhin kostenfrei müssten auf jeden Fall die Tests bleiben. Auch eine Ausweitung der 2-G-Regel und eine Publikumsbegrenzung bei Veranstaltungen befürworte er. Er gehe jedenfalls „mit vielen Vorschlägen“ in die Verhandlungen mit dem Bund.

Grüne stärken Kurz den Rücken

Rückendeckung bekam Kurz von den Grünen. „Wir stimmen völlig überein“, kommentierte Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) die Ankündigungen von Kurz. „Selbstverständlich werden wir in den Maßnahmen differenzieren, ob jemand geimpft ist oder nicht.“ Kogler stellte auch in Abrede, dass es zwischen Kurz und Gesundheitsminister Mückstein keine Abstimmung gebe. Das Gegenteil sei der Fall.

Neben den Grünen stellte sich am Dienstag auch Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) hinter Kurz – mehr dazu in vorarlberg.ORF.at. Auch Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) unterstützt die Pläne von Kurz, künftig die Zahl der Intensivpatienten statt der 7-Tage-Inzidenz als Leitindikator heranzuziehen – mehr dazu in noe.ORF.at. Mediziner halten die Belegung der Spitalsbetten als künftigen Leitindikator allein als nicht ausreichend. Ihrer Ansicht nach sei das Miteinbeziehen verschiedener Faktoren notwendig – mehr dazu in steiermark.ORF.at.

Lage stetig schlechter

Die Zahlen bei Neuinfektionen und Hospitalisierungen sind zuletzt wieder stetig gestiegen – vor allem unter den Ungeimpften. Am Dienstag meldeten die Ministerien 1.438 Neuinfektionen innerhalb der letzten 24 Stunden. 614 Personen befanden sich aufgrund des Coronavirus in Spitalsbehandlung, davon 171 auf Intensivstationen. Den Angaben zufolge verstarben bisher 10.801 Menschen an den Folgen des Coronavirus.

In Wien, Oberösterreich und Vorarlberg wurden zuletzt definierte Schwellenwerte bei der Belegung der Intensivstationen erreicht. In Wien werden bereits einige normale Krankenstationen wieder zu Überwachungsstationen für CoV-Intensivpatientinnen und -patienten – mehr dazu in wien.ORF.at. Gleichzeitig sinkt die Impfbereitschaft stetig. Am Montag haben lediglich 2.637 Menschen ihre Erstimpfung bekommen, 3.722 bekamen den zweiten Stich. Insgesamt haben mit Montag 58,8 Prozent den zweiten Stich bekommen, 62 Prozent den ersten.

„Verzweiflungsakt“

FPÖ-Chef Herbert Kickl sah indes die Impfstrategie der Regierung gescheitert. „Die Überlegungen in Richtung eines Lockdowns für Ungeimpfte sind ein Verzweiflungsakt des Kanzlers der gebrochenen Versprechen“, sagte er. Entsetzen über die polarisierende Haltung der FPÖ gegen das Impfen äußerte NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger, der dazu das Wort „fetzendeppert“ einfiel. FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz verlangte daraufhin eine Entschuldigung bei impfunwilligen Bürgern, seien diese doch „als Trotteln“ beschimpft worden.