Parlamentschefs fordern in Wien Verteidigung der Demokratie

Ökologie und Frauenrechte standen im Fokus der internationalen Konferenz der Parlamentspräsidenten, die in diesen Tagen in Wien stattfindet. Der Präsident der Interparlamentarischen Union (IPU), Duarte Pacheco, hob hervor: „Parlamente stehen für die Verteidigung der Demokratie.“ Der lebendige Beweis dafür: die Präsenz der afghanischen Parlamentarierin Fawzia Koofi, die gestern einen flammenden Appell an das Plenum richtete. „Die Taliban nahmen mein Land mit Gewalt.“

„Brauchen Hilfe“

Rund 110 Parlamentspräsidenten aus aller Welt nehmen an den Beratungen in Wien teil, unter ihnen auch die Chefs der beiden Häuser des Kabuler Parlaments. Koofi wurde von der IPU als Gastrednerin auf das Podium gebeten. „Das afghanische Volk braucht eure Hilfe mehr denn je“, so die frühere Parlaments-Vizechefin. „Frauen werden nicht mehr als gleichberechtigte Individuen gesehen.“ Ihre Stadt gleiche jetzt einem „Friedhof mit lebendigen Menschen“.

15 Jahre lang war Koofi im Parlament, wo sie sich vor allem für Frauenrechte einsetzte und auch die Funktion der Vizepräsidentin innehatte. Sie hatte vor der Machtübernahme der Taliban in ihrer Heimat dem afghanischen Team bei den Verhandlungen in Doha angehört. „Trotz der laufenden Gespräche griffen die Taliban zu einer militärischen Strategie.“ Sie warnte später vor Pressevertretern, man dürfe es den Eroberern nicht zu leicht machen. Die Taliban beteuerten nun: „Wir haben uns geändert.“ Koofi dazu: „Gewehr und Gewalt sind ihre einzigen Waffen.“ Viele Kämpfer seien ungebildet.

Schwierige Flucht

Die afghanische Parlamentarierin war nach dem Überfall der Kämpfer zwei Wochen lang in ihrem Haus kaserniert. Durch die Intervention Katars, der IPU und weiterer Staaten entkam Koofi mit ihren beiden Töchtern und einer Schwester, die ebenfalls Parlamentarierin ist, „mit dem letzten Flug“ ins Ausland, bevor die USA ihre Evakuierungsaktion auf dem Kabuler Flughafen beendeten. Die Situation auf dem Flughafen war nach ihren Worten „total chaotisch“.

Doch die engagierte afghanische Aktivistin will nicht aufgeben. Sie hoffe auf eine Rückkehr. Die Vereinten Nationen (UNO) forderte sie zu einem Hilfsprogramm für Afghanistan auf. In einem künftigen Friedensprozess müssten die Stimmen der Frauen zu hören sein, aber auch die der religiösen und ethnischen Minderheiten.

Sobotka: „Ziehen an einem Strang“

Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) zeigte sich als Kogastgeber der internationalen Konferenz hocherfreut. Die erfolgreiche Vorbereitung der Konferenz habe gezeigt: „Wir ziehen an einem Strang. Die Parlamente gehen einen gemeinsamen Weg“, gerade in dieser schwierigen Zeit. Für die Zukunft sei die Suche nach gemeinsamen Lösungen ganz entscheidend. Die gute Kooperation zwischen den Staaten bei der Bekämpfung der Pandemie sei ein gutes Zeichen. Eine Vielzahl von Rednern befasste sich mit dem Coronavirus. Ein Panel widmete sich dem Thema Hass im Netz.