Freunde teilen Nachrichten auf den Handys an einem Tisch im Restaurant
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Neuer Rechtsstreit

Texas untersagt „Zensur“ in Social Media

Der republikanische Gouverneur von Texas, Greg Abbott, hat am Donnerstag ein Gesetz unterzeichnet, das es einflussreichen sozialen Netzwerken verbietet, Beiträge aufgrund von politischen Äußerungen zu entfernen. Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Bestimmung sind allerdings groß – in Florida wurde ein ähnliches Vorhaben unlängst blockiert.

Die US-Republikaner werfen Onlinekonzernen seit Jahren vor, im Kampf gegen Hass und Hetze im Internet Inhalte der Konservativen zu unterdrücken. Es gebe eine gefährliche Tendenz bei Unternehmen wie Facebook und Twitter, „konservative Ansichten und Ideen zu unterdrücken“, sagte Abbott.

Die sozialen Netzwerke seien „der öffentliche Platz der heutigen Zeit“. „Sie sind ein Ort für gesunde öffentliche Debatten“, Informationen müssten „frei fließen“ können. Netzwerke mit mehr als 50 Millionen Nutzerinnen und Nutzern sollen in Texas daher nicht mehr deren politische Ansichten blockieren dürfen.

Konservative Politiker in den USA beschuldigen die Internetkonzerne regelmäßig, ihre Standpunkte zu „zensieren“ und ihre politischen Widersacher von der Demokratischen Partei zu bevorteilen. Die Spannungen erreichten einen vorläufigen Höhepunkt mit dem Ausschluss von Ex-Präsident Donald Trump von den Plattformen.

Kapitol-Erstürmung als Tiefpunkt

Radikale Trump-Anhängerinnen und -Anhänger hatten am 6. Jänner dieses Jahres das Kapitol in Washington gestürmt, als dort der Wahlsieg des Demokraten Joe Biden bestätigt werden sollte. Der abgewählte Trump hatte zuvor seinen unbelegten Vorwurf des Wahlbetrugs wiederholt und seine Anhänger aufgefordert, zum Kapitol zu marschieren und „auf Teufel komm raus zu kämpfen“. Twitter und später Facebook sperrten daraufhin Nutzerkonten des Ex-Präsidenten.

Sturm aus das US-Capitol in Washington am 6. Jänner 2021
Reuters/Leah Millis
Die Erstürmung des US-Kapitols am 6. Jänner dieses Jahres zeitigt immer noch Folgen

Fachleute rechnen damit, dass das in Texas erlassene Gesetz verfassungswidrig ist, weil es Privatunternehmen das Recht nimmt, über Inhalte auf ihren Plattformen zu entscheiden. „Dieser Gesetzesentwurf gibt konservative Werte auf, verletzt den ersten Verfassungszusatz und zwingt Websites dazu, obszöne, antisemitische, rassistische, hasserfüllte und anderweitig schreckliche Inhalte zu zeigen“, sagte Steve Del Bianco vom Branchenverband NetChoice.

Florida schob Riegel vor

Der Bundesstaat Florida hatte in diesem Jahr ebenfalls ein Gesetz verabschiedet, das soziale Netzwerke daran hindern sollte, von politischen Einflussträgerinnnen und -trägern gepostete Einträge zu sperren. Ein US-Bundesrichter erklärte dieses Gesetz jedoch Anfang Juli für verfassungswidrig. Die Maßnahme sei „völlig unvereinbar mit den anerkannten Verfassungsgrundsätzen“ der Redefreiheit. Die in der Verfassung verankerte Meinungsfreiheit „schränkt die Rechte privater Stellen, die keine traditionellen öffentlichen Aufgaben wahrnehmen, nicht ein“.

Zwei Technologieverbände hatten im Mai eine Klage gegen Florida wegen des neuen Gesetzes eingereicht. In der Klage hieß es, das von Floridas Gouverneur Ron DeSantis, einem Republikaner, im Mai unterzeichnete Gesetz sei verfassungswidrig. Die Klage wurde von den Internetlobbygruppen NetChoice und Computer & Communications Industry Association (CCIA) eingereicht. Zu den Mitgliedern dieser Gruppen gehören Facebook, Twitter und Google von Alphabet.

Proteste gegen das neue Abtreibungsgesetz in Austin (Texas)
AP/Austin American-Statesman/Jay Janner
Die US-Regierung hat Texas im Streit über das Abtreibungsgesetz geklagt

Mehrere Dispute in Texas

In Texas ist es indessen nicht das einzige Gesetz, das US-weit für Unruhe sorgt: Auch das kürzlich in Kraft getretene, extrem strenge Abtreibungsgesetz ruft das Justizministerium auf den Plan. Das Gesetz sei „eindeutig verfassungswidrig“ und beinhalte eine beispiellose Regelung, die Privatpersonen zu „Kopfgeldjägern“ mache, sagte US-Justizminister Merrick Garland am Donnerstag (Ortszeit). Präsident Biden positionierte sich mit deutlichen Worten gegen das Gesetz und sagte den Frauen in Texas seine Unterstützung zu.

Seit vergangener Woche ist in Texas ein Gesetz in Kraft, das die meisten Schwangerschaftsabbrüche untersagt. Das „Herzschlaggesetz“ verbietet Abtreibungen, sobald der Herzschlag des Fötus festgestellt worden ist. Das kann schon in der sechsten Schwangerschaftswoche der Fall sein. Viele Frauen wissen zu diesem Zeitpunkt noch nicht, dass sie schwanger sind.

Viele potenziell am Pranger

Außergewöhnlich an der Regelung ist, dass sie Privatpersonen ermöglicht, zivilrechtlich gegen alle vorzugehen, die einer Frau bei einem Schwangerschaftsabbruch helfen. Erfolgreiche Klägerinnen und Kläger können mit mindestens 10.000 US-Dollar (8.450 Euro) belohnt werden. Mit der Regelung kann es Klagen gegen eine Reihe von Personen geben – vom Taxifahrer, der eine Frau in die Klinik fährt, bis zu Eltern, die ihre Tochter finanziell bei der Abtreibung unterstützen.

„Das Gesetz ist nach der langjährigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs eindeutig verfassungswidrig“, sagte Garland. Die offensichtliche und ausdrückliche Absicht des Gesetzes bestehe darin, Frauen an der Ausübung ihrer Rechte zu hindern. Ein Grundsatzurteil des Obersten Gerichtshofs von 1973, bekannt als „Roe v. Wade“, legalisiert Abtreibungen landesweit. Eine Entscheidung aus dem Jahr 1992 verbietet Beschränkungen, die einer Frau Hindernisse bei einer legalen Abtreibung in den Weg legen.