Der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig.
APA/Robert Jaeger
„Sehr stark steigende Zahlen“

Ludwig drängt auf raschere CoV-Maßnahmen

Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) drängt jetzt wieder auf raschere Maßnahmen gegen den Anstieg der Coronavirus-Infektionen. Die „sehr stark steigenden Zahlen“ würden eigentlich erfordern, dass man die drei geplanten Stufen zusammenfasst und „sehr zeitnah umsetzt“, sagte er laut Ö1-Morgenjournal am Samstag.

Nach den Beratungen der Regierung mit den Landeshauptleuten am Mittwoch hatte er sich – nach Kritik am zu zaghaften Vorgehen im Vorfeld – noch zufrieden gezeigt. „Ich freue mich, dass der konsequente Wiener Weg unterstützt wird“, hatte Ludwig da noch das geschnürte Maßnahmenpaket begrüßt.

Jetzt ist er hingegen „überzeugt, dass wir sehr viel konsequenter vorgehen müssen“. Er glaube, man könne nicht zuwarten, „Einschleifregelungen“ seien nicht mehr angebracht, sagte er am Samstag im „Morgenjournal“ – mehr dazu in wien.ORF.at.

Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) verteidigte indes den gefassten Plan mit dem Hinweis darauf, dass Beschlüsse nur umgesetzt würden, wenn sie auf breiter Basis getroffen werden. Dass in Stufe zwei und drei Maßnahmen erst sieben Tage nach Überschreiten der Grenzwerte in Kraft treten – was reihum für viel Kritik gesorgt hat – begründete er damit, dass dies „transparent“ sei. Es brauche Zeit, bis die Maßnahmen der Bevölkerung kommuniziert werden können.

Faßmann für Nachschärfen bei Schulregeln

Unterdessen hat sich in der ersten Schulwoche in Wien, Niederösterreich und dem Burgenland bei den CoV-Schutzmaßnahmen so manche Schwierigkeit gezeigt – vor allem beim Testen. ÖVP-Bildungsminister Heinz Faßmann verteidigte am Freitag in der ZIB2 die Regeln für die Tests. Er bat um Geduld beim „Einpendeln“, ortete aber selbst auch Verbesserungsbedarf. Änderungen erhofft sich Faßmann auch bei den Quarantäneregeln.

Derzeit befinden sich die Schulen in einer Sicherheitsphase, in der sich Schülerinnen und Schüler dreimal in der Woche testen müssen. Davon muss ein Test ein PCR-Test sein, in Wien sogar zwei. Auch Lehrkräfte und Verwaltungspersonal testen sich dreimal, nicht geimpftes Lehr- und Verwaltungspersonal bringt mindestens einen PCR-Test von außen.

Aus den Schulen kamen dazu Berichte, dass es bei der Durchführung der Tests zu Verwirrung, organisatorischem Mehraufwand und technischen und logistischen Problemen kam. Faßmann warb angesichts fehlender Routine um Verständnis und erinnerte an den Hintergrund. Man habe ein „unglaublich ehrgeiziges Testprogramm“, dessen Ziel es sei, dass die Schulen geöffnet bleiben können.

Faßmann: „Wir wollen eine offene Schule“

Zu den neuen CoV-Regeln im neuen Schuljahr war ÖVP-Bildungsminister Heinz Faßmann in der ZIB2.

Verweis auf entdeckte Infektionen

Faßmann wertete dabei als Erfolg, dass in der ersten Woche zahlreiche Fälle gefunden werden konnten. In Wien wurden laut Bildungsdirektion 309 Infektionen entdeckt, 122 Klassen mussten in Quarantäne – mehr dazu in wien.ORF.at. In Niederösterreich waren es 187 entdeckte Fälle – mehr dazu in noe.ORF.at. In Burgenland waren neun PCR-Tests positiv – mehr dazu in burgenland.ORF.at.

Faßmann sagte aber auch, dass er Verbesserungsbedarf sehe. Vor allem im ländlichen Raum müsse man an der Logistik beim außerhalb von Wien eingesetzten Testprogramm „Alles spült“ arbeiten. In Wien gelte es, die Anmeldeplattform für die PCR-Tests zu verbessern.

„Schule muss Verantwortung übernehmen“

Forderungen, die Tests vorrangig außerhalb der Schulen durchzuführen, wies Faßmann zurück. Das Testen an den Schulen müsse weiter möglich sein: „Wir können nicht die gesamte Testverantwortung den Eltern übertragen, die Schule muss da Verantwortung wahrnehmen.“

Schulstart unter schwierigen Voraussetzungen

Nach der ersten Schulwoche im Osten Österreichs machen sich Unsicherheiten um Quarantänebestimmungen und Verwirrung bei den Tests breit. Am Montag starten die restlichen sechs Bundesländer in das Schuljahr 2021/22 – unter ebenso schwierigen Voraussetzungen.

Der Minister stellte in Aussicht, dass das intensive Testen auch nach der „Sicherheitsphase“ weitergehen könnte – vor allem, wenn sich die epidemiologische Lage weiter verschlechtert und die Inzidenzen steigen. Laut derzeitigen Plänen entfällt für geimpfte Schülerinnen und Schüler nach Ende der „Sicherheitsphase“ die Testpflicht.

Wunsch nach kürzerer Quarantäne

Darüber hinaus hatte sich Faßmann bereits zuvor in der „Presse“ (Samstag-Ausgabe) dafür ausgesprochen, die Quarantänezeit für Schülerinnen und Schüler bei einer Infektion in der Klasse zu verkürzen. Derzeit können sie sich nach zehn Tagen per PCR-Test „freitesten“, künftig soll das bereits nach fünf Tagen möglich sein. Für die Quarantäneregelung ist das Bildungsministerium allerdings nicht zuständig. Trotzdem hofft Faßmann, „Verbündete“ für eine entsprechende Änderung zu finden. Wiens Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr (NEOS) sieht er bereits auf seiner Seite.

Er habe dabei „sehr große Sympathie“ für das deutsche Modell, bei dem nur Sitznachbarn als K1-Kontaktperson eingestuft werden. Diese können sich dann nach fünf Tagen mit PCR-Test aus der Quarantäne „freitesten“. Faßmann hielte es auch für sinnvoll, dass nicht mehr alle Schüler in Quarantäne geschickt werden, wenn ein Klassenkollege positiv getestet wurde.

Das ist zwar schon jetzt nicht immer der Fall, manchmal müssen auch nur die Sitznachbarn bzw. die Reihe davor und dahinter daheimbleiben. In jedem Einzelfall entscheidet aber die Gesundheitsbehörde. Ab dem zweiten Fall in einer Klasse würden nach den Vorstellungen Faßmanns nur die ungeimpften Schüler in Quarantäne kommen, in Volksschulen alle Kinder wie geimpfte behandelt werden. Er hoffe jedenfalls auf österreichweit gleiche Regeln.

Hohe Inzidenz bei ungeimpften Jungen

Die Lage an den Schulen dürfte den Bildungsminister noch länger beschäftigen. Wie zuletzt eine Analyse der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) zeigte, geht die Schere bei den Infektionen von ungeimpften und geimpften Zwölf- bis 17-Jährigen weit auseinander. Bei den vollständig geimpften in dieser Altersgruppe beträgt die 7-Tage-Inzidenz nach aktuellem Stand 62,5. Bei noch nicht vollständig und ungeimpften Zwölf- bis 17-Jährigen liegt sie hingegen 425,1.

Für die jüngere Altersgruppe der Fünf- bis Elfjährigen dürften Biontech und Pfizer unterdessen bald eine Zulassung bei der Europäischen Arzneimittelbehörde (EMA) beantragen. Das sagte Mitgründerin Özlem Türeci dem „Spiegel“. Faßmann verwies darauf, dass man eine Zulassung der EMA abwarten müsse. Grundsätzlich kann sich Faßmann auch vorstellen, CoV-Impfungen an den Schulen durchzuführen: Man wolle zwar den Druck auf die Eltern nicht erhöhen, bei denen letztlich die Entscheidung liege. Aber „die Impfbereitschaft, die vorhanden ist, muss man realisieren“, so Faßmann.