Hand mit Coronavirus-Test-Phiolen.
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CoV-Erhebung

Virologin von Laer für Antikörperstudie

Die Innsbrucker Virologin Dorothee von Laer plädiert in einem Interview mit der „Tiroler Tageszeitung“ (Sonntag-Ausgabe) für eine bundesweite Antikörperstudie. 5.000 Menschen an repräsentativen Orten zu testen würde ausreichen, so die Virologin. Dazu brauchte es aber vorher die Zustimmung der Ethikkommission und einen Auftrag des Bundes.

„Wir brauchen eine bundesweite Antikörperstudie, um zu erfahren, wie viele Menschen eine Infektion bereits durchgemacht haben und wie es um die Antikörper steht“, sagte von Laer gegenüber der „TT“.

Diese müsste Geimpfte wie Genesene umfassen: „Besonders bei Genesenen haben wir noch sehr wenig Wissen über deren Antikörper. Im Bezirk Schwaz gibt es genaue Daten. Hier haben 25 Prozent der Nichtgeimpften Antikörper, sind also genesen. Aber das ist halt nur ein Bezirk in Österreich.“

Die Virologin Dorothee von Laer.
APA/Herbert Neubauer
Um über die Antikörperwerte Bescheid zu wissen, braucht es laut von Laer eine bundesweite Studie

Von Laer zeigte sich überzeugt, dass der aussagekräftige Antikörperwert auch Einzug in den „Grünen Pass“ finden wird – „bei Genesenen, weil hier der Antikörperwert viel mehr aussagt“. „Studien dazu sind derzeit am Laufen, und man wird wie zum Beispiel bei Hepatitis B einen klaren Grenzwert festlegen können, ab dem man als geschützt gilt“, sagte sie. In bisherigen Studien konnte festgestellt werden, „dass ab dem von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) standardisierten Antikörperwert von 100 BAU/ml (Binding Antibody Units) zumindest mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Schutz gegeben ist“.

Bei den Geimpften sei es dagegen oft schwierig, Aussagen über den Wert des Antikörpertiters zu treffen. „Wie wir sehen, gibt es bei der Delta-Variante Impfdurchbrüche, obwohl der Titer hoch ist“, sagte von Laer. Genesene würden mehr Antikörper bilden als Geimpfte, bei Letzeren konnten nur S-Antikörper (gegen das Spike-Protein) festgestellt werden.

Genesene immunologisch besser geschützt

Der Schutz der Genesenen sei gleichzusetzen mit dem Schutz der Geimpften, der Immunschutz bei Genesenen sei sogar noch stabiler. Bei Genesenen könne man nach 18 Monaten noch Antikörper nachweisen, nach der Pfizer-Impfung sinke der Titerwert um rund sechs Prozent pro Monat.

Was die Auffrischungsimpfung betrifft, empfahl von Laer älteren Personen und Risikopatienten einen dritten Stich nach acht Monaten, einen Antikörpertest hielt sie in jenen Fällen nicht für notwendig. Alle anderen könnten bei einem Antikörperwert über 100 BAU/ml bis 150 BAU/ml aber zuwarten, so die Innsbrucker Medizinerin.

Die Virologin erneuerte auch ihre Aufforderung an die Bürgerinnen und Bürger, sich impfen zu lassen: „Wenn sich jetzt noch 15 bis 20 Prozent in Österreich impfen lassen, können wir wie in Dänemark die Pandemie als beendet erklären“, betonte von Laer. Dann könne die Pandemie „in zwei, drei Monaten vorbei sein“.

Gewisse Antikörper hinter großer Zahl schwerer Verläufe

Indessen hat das weltweit größte Covid-19-Forschungskonsortium, das Covid human genetic effort (COVIDhge), herausgefunden, dass bestimmte Autoantikörper für eine größere Anzahl schwerer Covid-19-Verläufe verantwortlich sind als bisher angenommen.

Mehr als zehn Prozent der untersuchten schweren Fälle wiesen fehlgeleitete Antikörper auf, die nicht das Virus, sondern das Immunsystem attackierten, so Ivan Tancevski, Lungenfacharzt an der Universitätsklinik für Innere Medizin II in Innsbruck.

Im Oktober vergangenen Jahres habe das Konsortium entdeckt, dass manche schwer an CoV erkrankte Menschen bestimmte Autoantikörper besitzen, die die Immunantwort negativ beeinflussten. In den neuesten Untersuchungen des COVIDhge zeigte sich, dass das vor allem bei Menschen über 70 und Männern der Fall sei. „Womöglich eine Teilerklärung, warum diese Personengruppen häufiger schwerer erkranken“, so Tancevski.