Mann sitzt mit Kind vor Laptop
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Arbeitsrecht

Quarantäne und Job vereinbaren

Homeschooling begleitet Schüler wie Eltern in der CoV-Pandemie bereits seit März 2020. Die Vorbereitungen und Pläne für das neue Schuljahr waren offenbar nicht ausreichend, denn Hunderte Klassen sind derzeit in Quarantäne – mit Konsequenzen für Schüler, Eltern und deren Arbeitgeber.

Das Ausmaß der geschlossenen Klassen und Hortgruppen und die Konsequenzen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer wurden offenbar unterschätzt. SPÖ und NEOS kritisierten das „Quarantäne-Chaos“ und warfen der Regierung vor, „den Sommer verschlafen“ zu haben.

Noch Ende August hieß es von einem Sprecher von ÖVP-Arbeitsminister Martin Kocher gegenüber dem „Standard“, dass eine Verlängerung der Sonderbetreuungszeit nicht angedacht sei. Denn aufgrund der CoV-Maßnahmen wie Impfungen und Präventionskonzepte an Schulen sei der Bedarf an Sonderbetreuungszeit zurückgegangen.

Arbeitsminister Martin Kocher
APA/Helmut Fohringer
Kocher schloss noch vor Kurzem Tagen eine Verlängerung der Sonderbetreuung aus

Sonderbetreuungszeit ab Oktober

Wenige Tage geöffnete Schulen haben nun das Gegenteil bewiesen. Innerhalb kurzer Zeit waren wieder Homeschooling und dafür verfügbare Eltern gefragt. Das Arbeitsministerium schwenkte um, eine erneute Sonderbetreuungszeit von insgesamt drei Wochen wurde in Aussicht gestellt. Diese soll am 1. Oktober in Kraft treten und bis Ende Dezember gelten. Arbeitgeber erhalten 100 Prozent der Entgeltkosten ersetzt.

Die Verspätung bei der Sonderbetreuungszeit erklärte Kocher am Dienstag damit, dass man erst die Quarantäneregeln in den Schulen abgewartet habe. Nun brauche es noch den Beschluss der Sonderbetreuung im Nationalrat.

Anspruch auf Entgeltfortzahlung

Gewerkschaft und Arbeiterkammer hatten auf die Verlängerung dieser Regelung gepocht. Über das Angestelltengesetz sowie nach dem Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB) für Arbeiter haben Eltern aber auch ohne diese Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Das Gesetz legt diesen fest, „wenn er durch andere wichtige, seine Person betreffende Gründe ohne sein Verschulden (..) an der Leistung seiner Dienste verhindert wird“. Dazu zählt auch die Obsorge für ein Kind, das in Quarantäne geschickt wurde, erklärte Arbeitsrechtsexperte Martin Gruber-Risak von der Universität Wien im ORF.at-Interview.

Das sei je nach Anlassfall, also auch für mehrere Kinder und wiederholt möglich, wenn sich niemand anderer um das Kind kümmern kann. Die Dauer ist nicht explizit festgelegt. Das Gesetz spricht von einer „verhältnismäßig kurzen Zeit“. Mit dieser Regelung könne der Arbeitnehmer maximal zehn bis 14 Tage von der Arbeit fernbleiben. Das Entgelt zahlt weiterhin der Arbeitgeber.

Urlaub und Pflegefreistellung keine Option

Erst am Dienstag forderte die AK Niederösterreich, die Sonderbetreuungszeit rückwirkend geltend zu machen – mehr dazu in noe.ORF.at. Denn viele betroffene Eltern würden nun Urlaub oder Pflegefreistellung in Anspruch nehmen, kritisierte die AK. Der Anspruch auf Freistellung werde in der Praxis von Arbeitgebern meistens hinterfragt, es liege im Ermessen der Betroffenen, ob sie einen Konflikt mit dem Arbeitgeber in Kauf nehmen wollen, hieß es von der AK im Ö1-Mittagsjournal.

Auch Gruber-Risak ist überzeugt: „Alles, was den Druck vom Arbeitgeber nimmt, nimmt man als Arbeitnehmer auch leichter in Anspruch.“ Der Arbeitsrechtsexperte stellte aber auch klar: Für die Betreuung eines Kindes in Quarantäne könne kein Urlaub oder Pflegefreistellung genommen werden. Pflegefreistellung ist im Urlaubsgesetz verankert und nur bei erkrankten Kindern möglich.

Kein Nacharbeiten notwendig

Ausgeschlossen sei auch, dass man bei eingeteilter Arbeitszeit nacharbeiten müsse, sagte Gruber-Risak. Eine Teilzeitkraft, die vormittags arbeitet und ihr gesundes Kind in Quarantäne beaufsichtigt, könne nicht dazu gezwungen werden, die Arbeit am Abend nachzuholen. Wenn im Homeoffice gearbeitet werden kann, sei das Vereinbarungssache zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Gruber-Risak: „Wenn es eine aufrechte Homeoffice-Vereinbarung gibt, muss man mitziehen, wenn die Arbeit mit der Kinderbetreuung kompatibel ist.“