Donald Trump im Oval Office
Reuters/Leah Millis
Nach Kapitol-Sturm

US-General stellte sich gegen Trump

Der frühere US-Präsident Donald Trump sorgt auch ohne Amt weiterhin für Gesprächsstoff. Ein neues Buch, aus dem der Sender CNN und die „Washington Post“ zitierten, rekonstruiert die letzten Wochen von Trumps Präsidentschaft. So sollen nach der Erstürmung des US-Kapitols Anfang Jänner 2021 geheime Vorkehrungen getroffen worden sein, um Trumps Befehlsgewalt über Atomwaffen einzuschränken.

Der renommierte Investigativjournalist Bob Woodward und ein langjähriger Korrespondent der „Washington Post“, Robert Costa, schreiben demzufolge in „Peril“ (dt.: „Gefahr“), Generalstabschef Mark Milley sei nach der Erstürmung des Kapitols durch Anhänger und Anhängerinnen Trumps erschüttert gewesen. Er habe daher am 8. Jänner ein vertrauliches Treffen mit den zuständigen Kommandanten einberufen, um sicherzustellen, dass es keinen militärischen Offensivschlag ohne seine Zustimmung geben könne.

„Was auch immer Ihnen befohlen wird, Sie folgen dem Ablauf. Sie machen den Vorgang. Und ich bin Teil des Ablaufs“, soll Milley gesagt haben. Danach soll Milley alle Beteiligten direkt gefragt haben, ob sie ihn verstanden hätten. Dem Buch zufolge rief Milley auch jenen Admiral an, der das US-Kommando für den Indopazifik beaufsichtigt, und empfahl, bevorstehende Militärübungen zu verschieben.

„Sie wissen, dass er verrückt ist“

Den Berichten zufolge lag den Autoren des Buchs, das am 21. September veröffentlicht werden soll, auch eine Mitschrift eines Telefonats von Milley und der Vorsitzenden des Repräsentantenhauses, der Demokratin Nancy Pelosi, vor. Pelosi habe in dem Gespräch vom 8. Jänner zu Milley über Trump gesagt: „Sie wissen, dass er verrückt ist. Er ist seit langer Zeit verrückt.“

Bild zeigt Trump Anhänger beim Eindringen in das Kapitol am 6. Jänner 2021.
APA/AFP/Getty Images/Win McNamee
Der Sturm auf das Kapitol löste Entsetzen in den USA aus

Darauf soll Milley, der 2019 von Trump ernannt worden war, erwidert haben: „Ich stimme Ihnen in allen Punkten zu.“ Pelosi, die das dritthöchste Staatsamt bekleidet, hatte nach dem Telefonat im Jänner auch eine Pressemitteilung veröffentlicht.

Damals erklärte sie, sie habe mit Milley gesprochen, um einen „instabilen Präsidenten“ daran zu hindern, „Militärschläge zu beginnen“ oder einen „atomaren Angriff“ zu befehlen. Der abgewählte Republikaner Trump „könnte nicht gefährlicher sein, und wir müssen alles in unserer Macht Stehende tun, die Menschen in Amerika“ und die Demokratie zu schützen, so Pelosi damals.

„Demokratie kann manchmal schludrig sein“

Trotz seiner Niederlage bei der Wahl am 3. November 2020 blieb Trump noch wie von der Verfassung vorgesehen bis 20. Jänner US-Präsident und damit auch Oberbefehlshaber der Streitkräfte. Das Militär konnte sich seinen Befehlen streng genommen nicht offen widersetzen.

EX-US-Präsident Donald Trump und Mark Milley
AP/Carolyn Kaster
Trump und Milley Im Oktober 2019

Milley, der inzwischen dem demokratischen Präsidenten Joe Biden als oberster Militärberater dient, soll den Berichten über das Buch zufolge in der Zeit auch zwei Gespräche mit seinem chinesischen Gegenüber gehabt haben, um Ängsten der kommunistischen Führung vor einem möglichen US-Angriff vorzubeugen.

Milley habe kurz vor der US-Wahl, am 30. Oktober, mit General Li Zuocheng telefoniert und erneut am 8. Jänner. Während des zweiten Anrufs soll Milley dem Chinesen gesagt haben: „Wir sind 100 Prozent beständig. Aber Demokratie kann manchmal schludrig sein.“

„Du warst ein Nichts“

Das Buch bietet laut den Berichten auch neue Einblicke in Trumps Bemühungen, sich trotz seiner Wahlniederlage gegen den Demokraten Biden an der Macht zu halten. So weigerte sich der damalige US-Präsident, die Niederlage einzugestehen und behauptete zu Unrecht, die Wahl sei gestohlen worden. Er drängte seinen Vizepräsidenten Mike Pence wiederholt dazu, die Wahlergebnisse am 6. Januar im Kapitol nicht zu bestätigen – jene Sitzung, die später als Sturm auf das Kapitol in die Geschichte einging.

Pence, so heißt es in dem Buch, rief den ehemaligen Vizepräsidenten unter US-Präsident George Bush senior, Dan Quayle, an, um zu erfahren, ob es eine Möglichkeit gebe, Trumps Forderung nachzugeben. Quayle verneinte das. „Mike, du hast in dieser Sache keinen Spielraum. Keinen. Null. Vergiss es“, wird Quayle zitiert.

Pence stimmte im Kapitol schließlich zu und zog den Ärger Trumps auf sich. „Ich will nicht mehr dein Freund sein, wenn du das nicht tust“, antwortete Trump laut dem Buch und sagte später zu seinem Vizepräsidenten: „Du hast uns verraten. Ich habe dich gemacht. Du warst ein Nichts.“