Flaggen der EU und Österreichs
APA/Roland Schlager
Rede zur Lage der Union

Gemischte Reaktionen aus Österreich

Die Rede zur Lage der Europäischen Union ist am Mittwoch unterschiedlich aufgenommen worden. Für manche der EU-Abgeordneten habe Kommissionschefin Ursula von der Leyen Schritte „zur Wiederbelebung der Idee Europa“ gemacht, anderen fehlte die „große Erzählung“.

Der Vizepräsident des Europäischen Parlaments, Othmar Karas (ÖVP), sagte, von der Leyen habe alle entscheidenden Themen der Zukunft angesprochen und auch die nächsten notwendigen Schritte angekündigt. Es sei ganz entscheidend, dass von der Leyen besonders emotional auf die Grundlagen der europäischen Idee hingewiesen habe, sagte Karas. „Wir benötigen eine Wiederbelebung der Idee Europa.“ Dieser Spirit müsse auch vom EU-Parlament ausgehen.

Man müsse „jetzt vom Reden ins Tun kommen“, forderte hingegen Europaministerin Karoline Edtstadler (ÖVP). Die Bewältigung der Pandemie und ihrer Folgen sowie der grüne und digitale Wandel seien „enorme Herausforderungen“ für die EU, hieß es in einer Aussendung. Zudem brauche es „dringend mehr Tempo“ bei der Erarbeitung eines gemeinsamen, europäischen Asylsystems.

Gleichzeitig begrüßte Edtstadler, dass die EU künftig „eine stärkere, geopolitische Rolle einnehmen will“. In Sachen Rechtstaatlichkeit dürfe es „keine falsche Toleranz“ geben, so die Ministerin. Es müsse aber auch der „Dialog auf Augenhöhe“ weitergeführt werden.

Lob und Tadel

Andreas Schieder, SPÖ-Delegationsleiter im Europaparlament, vermisste die „große Erzählung“: „Viele wichtige Themen wie die Pflege, Digitalisierung, Klimaschutz, Ausbau von Gesundheits- und Verteidigungsunion wurden zwar pflichtschuldig abgehakt, wirkliche Emotionen wollten nicht aufkommen“, so Schieder in einer Aussendung.

Er begrüßte das Versprechen, weitere 200 Millionen Impfdosen zu spenden, und „mehr gemeinsames Engagement“ in der Außen- und Sicherheitspolitik. Gleichzeitig warnte er, Afghanistan habe gezeigt, dass „Aufrüstung und Militarisierung nicht der Weg sind, die Konfliktherde des 21. Jahrhunderts zu befrieden“.

Rede: Von der Leyen zur Lage der EU

Klimaschutz, Digitalisierung, Afghanistan und allen voran die Pandemie sind die vorherrschenden Themen in der Europäischen Union. Die Vorsitzende der EU-Kommission, Ursula von der Leyen, hielt am Mittwoch eine Rede zur Lage der Europäischen Union.

Thomas Waitz, EU-Abgeordneter der Grünen und Kovorsitzender der Europäischen Grünen, fordert „mehr Koordination und Zusammenhalt für eine echte gemeinsame Außenpolitik, deren Kernstück Konfliktprävention und Friedensbildung ist“. Gemeinschaftliche Anstrengungen müsse es auch zur Erreichung der Klimaziele geben, so Waitz. „Die Regierungen der einzelnen Mitgliedsstaaten müssen sich eingestehen, dass die Klimakrise nicht nur massive wirtschaftliche und sicherheitspolitische, sondern auch sozialpolitische Folgen haben wird.“

„Europas Schwachstellen vor Augen“

„Die Union ist derzeit zu schwach“, kommentierte die NEOS-Europaabgeordnete Claudia Gamon. Krisen wie die Pandemie, Afghanistan und der Klimawandel würden „Europas Schwachstellen vor Augen“ führen. „Insgesamt sind wir für solche Krisen lange nicht gewappnet“, so Gamon. Als Ausweg sieht sie nur weitreichende Reformen der Europäischen Union, die man jetzt in der Konferenz zur Zukunft Europas angehen müsse: „Was am Ende dieser Reformen steht, ist für mich heute klarer als je zu vor: handlungsfähige, effiziente und bürgernahe Vereinigte Staaten von Europa.“

„Jetzt geht es darum, dass Europa nicht nur redet, sondern auch liefert“, äußerte sich Christoph Leitl, Präsident der Europäischen Bewegung Österreichs (EBÖ) – einer Plattform der proeuropäischen Kräfte –, ähnlich. „Nur wenn Europa bei den großen Zukunftsthemen von Klimaschutz bis Wiederaufbau nach der Pandemie gemeinsam handelt, können wir die Zukunftserwartungen der jungen Generation erfüllen und im heranziehenden Wettbewerb der Systeme bestehen.“