Großbritannien will sich von einigen EU-Gesetzen trennen

Beschränkungen der Gentechnik, Datenschutzregeln und Maßeinheiten für Bier – Großbritannien will nach dem Brexit ungeliebte EU-Gesetze abschaffen. Brexit-Minister David Frost kündigte gestern „umfassende“ Reformen an.

„Wir wollen das gesamte beibehaltene EU-Recht, das für das Vereinigte Königreich nicht geeignet ist, ändern, ersetzen oder aufheben“, sagte er im Londoner Oberhaus.

Der Austritt Großbritanniens aus der EU ist seit Jänner offiziell vollzogen. Um rechtliche Sicherheit zu gewährleisten, gelten alle auf EU-Recht basierenden britischen Gesetze aber weiterhin. Zahlreiche Regelungen, etwa die 2016 eingeführte Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), sind der Regierung ein Dorn im Auge. Ihre Abschaffung könnte das bereits schwierige Verhältnis zur EU belasten.

„Wir wollen eine wachstumsfördernde, vertrauenswürdige Datenrechtsregelung“, sagte Frost mit Blick auf die DSGVO. Das britische Gesetz werde „verhältnismäßiger und weniger aufwendig“ sein. Die EU-Verordnung, die mittlerweile auch global als Standard gilt, ist allerdings Grundlage eines Abkommens, das britischen Unternehmen den Austausch von Daten über EU-Kunden ermöglicht. Im Zweifelsfall droht den Firmen durch eine neue britische Verordnung der Ausschluss vom EU-Onlinemarkt.

Gegen „veraltete EU-Fahrzeugnormen“

Im Rahmen der Überprüfung sollen nach Angaben der britischen Regierung auch „veraltete EU-Fahrzeugnormen modernisiert“ werden – mit potenziellen Folgen für die stark verknüpfte Autoindustrie dies- und jenseits des Ärmelkanals.

Ein weiterer wichtiger Bereich ist die Landwirtschaft. Hier will London etwa Beschränkungen für Import und Verwendung gentechnisch veränderter Pflanzen und Tiere überarbeiten, was den Weg für neue Handelsabkommen mit den USA und anderen Ländern ebnen könnte.

Eine Herzensangelegenheit der Briten ist die EU-Vorschrift, welche die Verwendung des traditionellen angloamerikanischen Maßsystems etwa bei Getränken einschränkt. In der Praxis wird Bier in britischen Pubs zwar nach wie vor in Pint-Gläsern ausgeschenkt, allerdings werden diese seit 2007 mit einem EU-weit einheitlichen Symbol gekennzeichnet. Künftig soll wieder die britische Krone britische Biergläser zieren.

Kritik von Labour

Die oppositionelle Labour-Partei kritisierte die von Frost angekündigte Initiative als deplatziert. Die Regierung solle sich lieber aktueller Probleme im Zusammenhang mit dem Brexit annehmen. Zuletzt hatte etwa die massenhafte Abwanderung von EU-Bürgern zu einem Mangel an Lastwagenfahrern und damit zu erheblichen logistischen Problemen geführt. Unternehmer klagen zudem über die erdrückende Bürokratie im Handel mit der EU.