Schild vor dem Ministerium „zur Förderung der Tugend und zur Verhinderung des Lasters“ in Kabul, Afghanistan.
APA/AFP/Hoshang Hashimi
Sitz der Religionspolizei

Taliban ersetzen Frauenministerium

Die radikalislamischen Taliban haben das afghanische Frauenministerium Augenzeugen zufolge in den Sitz der Religionspolizei umgewandelt. Am Freitag brachten Arbeiter an dem Gebäude in Kabul ein Schild mit der Aufschrift „Ministerium für Gebet und Orientierung sowie zur Förderung der Tugend und zur Verhinderung von Laster“ an, wie auch auf Fotos zu sehen war.

Unter einem ähnlichen Namen firmierte in der ersten Herrschaftszeit der radikalen Islamisten von 1996 bis 2001 die Religionspolizei, die die Scharia unter anderem auch mit öffentlichen Hinrichtungen durchsetzte. Mitarbeiterinnen des Frauenministeriums erklärten, sie seien schon vor Wochen nach Hause geschickt worden. Am Donnerstag sei schließlich das Tor des Ministeriumsgebäudes verschlossen worden.

In Sozialen Netzwerken war zu sehen, wie Mitarbeiterinnen des Frauenministeriums vor dem Gebäude gegen ihre Kündigung protestierten. Die Taliban äußerten sich zu dem Vorgang bisher nicht. Bei der Vorstellung erster Teile ihrer international nicht anerkannten Regierung vor zwei Wochen war unter den Verantwortlichen weder ein weibliches Mitglied, noch hatte einer der Ernannten die explizite Zuständigkeit für den Schutz der Frauenrechte.

Frauenministerium fehlt in Liste

Die Islamisten hatten zuvor erklärt, dass Frauen nicht mit Männern in Ministerien zusammenarbeiten dürften. In der neuen Kabinettsliste fehlte zudem das Frauenministerium, eine Abschaffung der Regierungsstelle hatten die Taliban bisher aber nicht bestätigt. Seit sie Mitte August die Macht übernommen hatten, bemühten sie sich öffentlich um ein moderateres Auftreten. So sicherten sie zu, dass Mädchen zur Schule gehen könnten, solange es sich um reine Mädchenklassen handle.

Höhere Schulen sollen für Buben wieder öffnen

Am Freitag teilte das Bildungsministerium nun mit, dass am Samstag die Schulen des Landes wieder für Buben öffnen sollten. Alle öffentlichen, privaten und offiziellen religiösen Schulen sowie andere Bildungseinrichtungen im Land sollten am Samstag den Schulbetrieb wieder aufnehmen, hieß es in einer am Freitag veröffentlichten Erklärung des Bildungsministeriums.

„Zu diesem Zweck bitten wir alle männlichen Lehrer und Schüler, ihre Schulen zu besuchen“, hieß es. Ob und wann auch Mädchen wieder zugelassen werden, blieb offen. Weiterführende Mädchenschulen waren zuletzt geschlossen. Für jüngere Mädchen gab es noch vereinzelt Unterricht in Schulen, die den Betrieb aufrechterhalten konnten.

Schülerinnen werden in der Erklärung nicht erwähnt. Es gab auch keine Angaben dazu, wann Schulen ab der siebenten Klasse für Mädchen wieder öffnen könnten oder sollten. In der Erklärung hieß es weiter, man habe bereits davor Schülern bis zur sechsten Schulstufe erlaubt, ihre Schulen zu besuchen. Daraufhin wurde der Schulbetrieb für Mädchen und Buben dieser Schulstufen aufgenommen.

Neue Regeln an Universitäten

Seit der Machtübernahme der Taliban gelten auch für Universitäten neue Regeln. Es hieß, Frauen könnten ihre Ausbildung fortsetzen, allerdings nur in von Männern getrennten Klassen und in Verschleierung. Davor wurden Studentinnen und Studenten in gemeinsamen Klassen unterrichtet, es gab keine Kleidungsvorschriften.

Während der ersten Taliban-Herrschaft zwischen 1996 und 2001 waren Frauen in Afghanistan weitgehend aus dem öffentlichen Leben verbannt. Sie durften das Haus nur in Begleitung männlicher Angehöriger verlassen. War eine Frau allein unterwegs, wurde sie von Mitarbeitern der Religionspolizei ausgepeitscht. Die Behörde war damals auch für die Durchsetzung der Gebetspflicht sowie das Rasurverbot für Männer zuständig.