Der verurteilte Robert Durst
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Mordprozess

US-Millionär Durst schuldig gesprochen

In einem aufsehenerregenden Prozess ist der US-amerikanische Millionär Robert Durst wegen Mordes an einer Freundin vor über 20 Jahren schuldig gesprochen worden. Das Strafmaß soll bei einer weiteren Anhörung im Oktober festgelegt werden. Dass Durst überhaupt vor Gericht stand, liegt daran, dass sich der Immobilienerbe in einer TV-Dokumentation verplappert haben dürfte.

Ein Geschworenengericht in Los Angeles sah es am Freitag als erwiesen an, dass Durst im Jahr 2000 seine beste Freundin Susan Berman getötet hat. Dem 78-Jährigen werden insgesamt drei Morde in ebenso vielen US-Staaten im Zeitraum von 39 Jahren zur Last gelegt. Die Geschworenen hatten drei Tage lang beraten. Durst war bei der Verkündung des Spruchs nicht anwesend, weil er sich nach Kontakt mit einem Coronavirus-Infizierten isolieren muss.

Zum Verhängnis wurde dem Millionenerben eine TV-Dokumentation über sein Leben. In der Serie „The Jinx: The Life and Deaths of Robert Durst“ des TV-Senders HBO murmelte Durst aus Versehen eine Art Geständnis: Das Ansteckmikrofon fing ein Selbstgespräch Dursts auf der Toilette auf, er hatte wohl vergessen, dass das Mikrofon aufzeichnete. „Nun ist es so weit. Sie haben dich“, sagte er zu sich selbst. „Was zur Hölle habe ich getan? Na klar, ich habe sie alle umgebracht.“

Mord als Vertuschungsversuch?

Die Behörden reagierten sofort und nahmen Durst wieder einmal fest. Die Staatsanwaltschaft in Los Angeles erhob im Fall von Berman Mordanklage, wenig später wurde Durst nach Kalifornien überstellt. Vor dem Haftrichter beteuerte er mehrmals seine Unschuld. Und das, obwohl es schwer belastendes Material gibt.

Richter Mark E. Windham
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Richter Mark E. Windham leitete den Vorsitz im Mordprozess

Durst soll Berman getötet haben, um den Mord an seiner Frau Kathleen McCormack Durst in New York zu vertuschen. Im Jahr 1982 verschwand seine Ehefrau spurlos im US-Bundesstaat Vermont. Eine Leiche wurde nie gefunden. Damals war das Paar neun Jahre lang verheiratet.

Durst: Habe bereits Leiche gefunden

Autorin Berman und Durst kannten einander seit Studienzeiten in den 60er Jahren. Die Anklage argumentiert, dass der Millionär seine Bekannte aus dem Weg schaffen wollte, weil Berman als mögliche Zeugin im Fall seiner verschwundenen Frau hätte auftreten können. Durst hatte im Prozess angegeben, dass er seine Bekannte im Dezember 2000 bei einem Weihnachtsbesuch bereits tot in ihrem Haus in Beverly Hills vorgefunden habe.

Ein Telefon im Haus, mit dem er die Polizei verständigen wollte, habe nicht funktioniert. Später habe er dann Zweifel bekommen, von einem öffentlichen Apparat anzurufen. Er wollte nicht in Verdacht geraten, verteidigte sich Durst. Stattdessen habe er der Polizei in Beverly Hills einen anonymen Brief geschickt, der lediglich Bermans Adresse und das Wort „Kadaver“ enthielt.

In der Befragung durch seinen Verteidiger beteuerte der frühere Immobilienmogul seine Unschuld. Er selbst habe keinen Grund gehabt, Berman umzubringen. Durst war im 2015 in New Orleans festgenommen und nach Kalifornien ausgeliefert worden.

Nachbar im Müllsack entdeckt

Die Staatsanwaltschaft warf Durst außerdem vor, im Jahr 2001 einen Nachbarn in Texas getötet zu haben. Morris Black habe nämlich herausgefunden, wer Durst sei. Denn nach Bermans Tod tauchte er in Galveston in Texas unter und lebte inkognito in einer kleinen Wohnung. Im Jahr 2001 wurde Blacks Leiche in Einzelteilen in einem Müllsack in der Bucht von Galveston entdeckt.

Der stellvertretende Staatsanwalt Habib A. Balian hält eine Latexmaske in der Hand
Reuters/ Al Sieb
Diese Maske soll Durst – zusammen mit einem gefälschten Ausweis – bei sich gehabt haben

Durst wurde verhaftet und auf Kaution auf freien Fuß gesetzt. Er verließ sofort die Stadt und machte sich nach Pennsylvania auf. Geschnappt wurde er dennoch: Durst wurde erwischt, als er in einem Supermarkt ein Sandwich stehlen wollte. Der darauffolgende Prozess konnte ihm dennoch nur wenig anhaben. Ein texanisches Geschworenengericht hatte Durst freigesprochen, obwohl er zugegeben hatte, den Körper des Toten zerstückelt und im Meer versenkt zu haben. Der Multimillionär hatte sich nämlich auf Notwehr berufen.

Durst ist Erbe einer der bekanntesten New Yorker Immobiliendynastien. Das Imperium der Durst Organization umspannt mehr als hundert Immobilien allein in der US-Metropole, darunter etliche am teuersten Pflaster des Times Square. Das Unternehmen spiegelt die Geschichte armer Immigranten wider, die es zu Ruhm und Reichtum gebracht haben. Großvater Joseph Durst wanderte 1902 aus Europa ein – mit nicht mehr als drei US-Dollar in der Tasche, wie das „Forbes“-Magazin die Legende der Familie erzählt.