Kreml
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Russland-Wahl

Putin-Partei feiert Sieg

Bei der von Manipulationsvorwürfen überschatteten Wahl der neuen Staatsduma dürfte sich die Partei von Präsident Wladimir Putin, Geeintes Russland, erneut als stärkste Kraft behauptet haben. Darauf deuten Ergebnisse nach einem Auszählungsstand von rund 90 Prozent der Stimmen hin. Allerdings dürften die Zustimmungswerte deutlich nachgelassen haben.

Die Machtbasis des russischen Präsidenten kam nach Auszählung von rund 90 Prozent der Stimmzettel auf fast 50 Prozent, wie die Wahlkommission am Montag mitteilte. Die Partei regierte bisher mit absoluter Mehrheit. Sie feierte bereits am Sonntag in der Hauptstadt Moskau ihren Wahlsieg. Die Kommunisten blieben laut jüngsten Zahlen knapp unter 20 Prozent.

Vertreten waren im Parlament mit den 450 Abgeordneten bisher auch die Partei LDPR des Ultranationalisten Wladimir Schirinowski und die Partei Gerechtes Russland. Die LDPR landete laut den jüngsten Angaben bei 7,5 Prozent, Gerechtes Russland bei 7,4 Prozent. Sie alle gelten als systemtreue Parteien.

Balkendiagramm zeigt das vorläufige Ergebnis der Parlamentswahl in Russland
Grafik: APA/ORF.at, Quelle: TASS

Als fünfte Partei schaffte die neue Kraft Nowyje Ljudi (Neue Leute) Hoffnung den Sprung über die Fünfprozenthürde, wenn auch knapp. Geeintes Russland macht sich Hoffnung auf eine neue absolute Mehrheit von 300 Sitzen im Parlament dank vieler Direktmandate. 225 Sitze werden darüber vergeben.

Oppositionspartei von Nawalny ausgeschlossen

Die Opposition um den inhaftierten Kreml-Gegner Alexej Nawalny war ausgeschlossen von der Abstimmung, die erstmals für drei Tage angesetzt war. Die Wahlbeteiligung wurde wenige Stunden vor Schließung der Wahllokale mit rund 45 Prozent angegeben.

Wahlkomitee mit Wahlzetteln
Reuters/Evgenia Novozhenina
Das Zählen der abgegebenen Stimmen hat am Sonntagabend begonnen

In Russland und im Ausland waren rund 110 Millionen Wahlberechtigte aufgerufen gewesen, eine neue Staatsduma für die kommenden fünf Jahre zu bestimmen. 14 Parteien standen zur Auswahl, unter den Kandidaten waren kaum echte Oppositionelle. Überschattet wurde der Urnengang von Hunderten Beschwerden über massenhafte Verstöße. Das Innenministerium sprach von 750 Beschwerden, die eingegangen seien. Es habe keine schwerwiegenden Verstöße gegeben.

Die Wahl galt als ein wichtiger Stimmungstest für Putin und seine Politik. Viele Menschen in Russland sind Umfragen zufolge unzufrieden mit der Lage wegen sinkender Löhne und stark steigender Preise. Die Kreml-Partei Geeintes Russland war im Vorfeld dafür verantwortlich gemacht worden. Ihre Umfragewerte waren unter 30 Prozent gelegen.

Tausende Verstöße aufgelistet

Unabhängige Beobachter der Organisation Golos hatten Tausende Verstöße landesweit aufgelistet – meist mit Foto- und Videoaufnahmen. Der Golos-Experte Andrej Busin nannte das Ausmaß „bedeutend“ – besonders in Putins Heimatstadt St. Petersburg. Dort kämpften die Menschen um ihre Stimmen, wie auf Videos zu sehen war. Vielfach wurden Wahlurnen vollgestopft mit packenweise vorausgefüllten Stimmzetteln. Es gab zudem Berichte über Wählerzwang etwa unter Staatsbediensteten sowie über Mehrfachstimmabgaben.

Die zentrale Wahlkommission kündigte an, die Beschwerden zu prüfen. Bis Sonntagabend wurden mehr als 8.500 Stimmzettel annulliert, hieß es. Wahlleiterin Ella Pamfilowa meinte, es seien bisher zwölf Fälle bestätigt, bei denen Stimmzettel packenweise in die Urnen gestopft wurden. Auch die Kommunisten, die angesichts der verbreiteten Unzufriedenheit mit der Politik des Kremls auf einen Stimmzuwachs hoffen, beklagten vielfach Verstöße. Sie kündigten Proteste an.

Rätselraten über Onlinestimmen aus Moskau

Mehr als zwölf Stunden nach Schließung der Wahllokale gab es Montagfrüh keine Ergebnisse der Onlineabstimmung für die Staatsduma aus Moskau, als einzige der insgesamt sieben Regionen, in denen online abgestimmt werden konnte. Bereits jeder zweite von insgesamt vier Millionen aktiven Wählerinnen und Wählern in der russischen Hauptstadt präferierte diese Art der Stimmabgabe.

Kreml-Kritiker und Oppositionelle brachten am Montag die Verzögerung mit einer großangelegten Manipulation der Onlinestimmen in Verbindung, Vertreter der Kommunisten forderten die Annullierung. Experten und Politiker der Regierungspartei gingen am Sonntag davon aus, dass die Onlinestimmen in Moskau vor allem der regierenden Partei Geeintes Russland nützen würde.

Ärger über Internetriesen

Unabhängige Beobachter und Oppositionelle befürchteten, dass sich die Kreml-Partei mit massenhaftem Betrug den Sieg sichern wird. Die von der Wahl ausgeschlossene Opposition um Nawalny hatte zur Protestwahl gegen Geeintes Russland aufgerufen. „Geeintes Russland will uns diese Wahl stehlen und uns danach weiterer fünf Jahre berauben“, sagte Sprecherin Kira Jarmysch. Deshalb sollten die Russen für Kandidaten anderer Partei stimmen.

Russland-Wahl: Kreml-Partei liegt vorne

Bei der Wahl eines neuen Parlaments in Russland liegt die Kreml-Partei Geeintes Russland von Präsident Putin laut ersten Ergebnissen klar vorne. Die Wahl wurde von Manipulationsvorwürfen überschattet.

Zum Ärger der Kreml-Gegner hatten die Internetriesen Google, YouTube, Apple sowie der Nachrichtenkanal Telegram Empfehlungen des Nawalny-Teams für „schlaues Abstimmen“ gelöscht. Dabei wurden konkrete Namen genannt, für die Wähler stimmen sollten. Die von den Behörden verbotenen Inhalte waren aber weiter über Twitter abrufbar. Das Nawalny-Team wehrte sich gegen Kritik, dass dadurch etwa für kommunistische Bewerber geworben werde.

Es sei im Moment – angesichts des Ausschlusses der Opposition – die einzige Chance, das Machtmonopol von Geeintes Russland zu brechen, sagte Nawalnys Mitarbeiter Leonid Wolkow. „Wir werden auf jeden Fall in einem Russland leben, in dem man für gute Kandidaten mit unterschiedlichen Programmen abstimmen kann“, sagte er.

Mehr als 31.000 Mandate vergeben

In der Hauptstadt Moskau waren an den Wahltagen verstärkt Polizisten im Einsatz. Rund um den Roten Platz am Kreml standen Absperrgitter bereit – offenbar für den Fall von Protesten.

Gewählt wurden auch neue Regional- und Stadtparlamente. Bei den insgesamt mehr als 4.400 Wahlen wurden mehr als 31.000 Mandate neu vergeben. Beobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) waren diesmal nicht vertreten, weil sie mit den Bedingungen und der geringen Zahl zugelassener Fachleute nicht einverstanden waren. In dem Riesenreich gilt eine Wahlbeobachtung als besonders personalaufwendig.

Russland hatte die Einschränkungen für die westlichen Beobachter mit der CoV-Pandemie begründet. Wegen der Gefahr durch das Virus wurde die Abstimmung auf drei Tage angesetzt, damit Wähler die soziale Distanz und die Hygieneregeln einhalten können. Kritiker werfen den Behörden vor, Manipulationen zu erleichtern, weil Wahlurnen etwa nachts kaum zu kontrollieren seien.