Skigondeln im Winter
ORF.at/Christian Öser
Maske und „3-G“

Neue Regeln für Wintertourismus

„Strenge Regeln, sicherer Winter“ – unter diesem Motto haben Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP), Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) und der Tiroler Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) am Montag die Regeln für die kommende Wintertourismussaison vorgestellt. Die Maßnahmen orientieren sich am bereits geltenden Dreistufenplan. Skifahren, Adventmärkte und Co. sollen „auf jeden Fall“ möglich sein.

Für Geimpfte und Genesene soll es kaum Einschränkungen geben – abgesehen von der FFP2-Maske, die weiterhin notwendig sein wird. „Das heißt, wer einen sicheren und unbeschwerten Winterurlaub genießen will, soll sich impfen lassen“, so Köstinger.

In Seilbahnen soll die „3-G-Regel“ (geimpft, genesen, getestet) sowie eine FFP2-Masken-Pflicht für alle gelten. Für Gastronomie und Hotellerie wird ebenfalls ein „3-G“-Nachweis erforderlich sein, ab Stufe drei des Stufenplans der Regierung zähle beim Testen nur noch ein PCR-Test, gab die Ministerin bekannt. Alles gelte aber unter der Prämisse, „dass Österreich nicht mit einer (internationalen, Anm.) Reisewarnung belegt wird“, sagte die Tourismusministerin.

Tourismusministerin Elisabeth Köstinger, Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein und der Tiroler Landeshauptmann Günther Platter
APA/Hans Punz
Köstinger und Mückstein präsentierten die CoV-Regeln für die kommende Wintersaison

Apres-Ski wie Nachtgastronomie

Die Regeln für Apres-Ski sollen sich an jene für die Nachtgastronomie anlehnen. „Eventuell wird zusätzlich eingeschränkt“, räumte Köstinger ein. Orientieren will sich die Regierung dabei an den allgemeinen Coronavirus-Beschränkungen, die von der Auslastung der Intensivbetten abhängen – eben wie im Dreistufenplan. Das bedeutet: Ab Stufe zwei (300 Betten) gilt nicht mehr die „3-“, sondern die „2-G-Regel“. Schlangen vor den Gondeln und Seilbahnen soll es heuer nicht geben, Kapazitätsbeschränkungen sind nicht angedacht. In Bereichen, wo „3-G“ gilt und FFP2-Maske zu tragen ist, verzichtet man auch auf die Abstandsregeln.

Viele Betriebe hätten ihren Onlineticketverkauf seit vergangenem Jahr verstärkt. „Planungssicherheit“, so Köstinger, wolle man mit den Regeln sowohl für die Tourismuswirtschaft als auch für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Gäste ermöglichen. Die Tourismusministerin zeigte sich überzeugt, dass so „eine unbeschwerte und sichere Wintersaison möglich sein wird“. Die „3-G-Regel“ wird auch auf Christkindlmärkten gelten.

Mückstein appellierte, sich impfen zu lassen

Mückstein appellierte einmal mehr an die Bevölkerung, sich impfen zu lassen. So seien eben auch kaum Einschränkungen im Wintertourismus für Geimpfte und Genesene notwendig. „Machen Sie sich heute gleich einen Termin aus. So schützen Sie nicht nur sich selbst, sondern auch ihre Mitmenschen“, so der Gesundheitsminister. Wenn man sich jetzt impfen lasse, sagte Mückstein, gehe es sich noch gut aus, dass man vor dem Winterurlaub vollständig geimpft sei.

Platter: „Seilbahnwirtschaft kontrolliert nicht“

Platter, derzeit Vorsitzender der Landeshauptleutekonferenz, schaltete sich aus Tirol per Video zur Pressekonferenz zu. Letztes Jahr, als nur die Einheimischen Ski fahren gehen durften, so der Tiroler Landeshauptmann, habe sich gezeigt, dass die Seilbahnwirtschaft „einen guten Job“ gemacht habe. Es habe dann „keine nennenswerten Infektionsherde“ mehr gegeben. Heuer gebe es aber einen großen Unterschied zum letzten Jahr: „Wir haben einen Impfstoff, der wirkt.“

Regierung kündigt „3-G-Regel“ beim Skifahren an

Skifahrer müssen heuer beim Kauf der Skikarte einen „3-G“-Nachweis vorlegen, in der Gondel gilt FFP2-Masken-Pflicht. Auch für Apres-Ski soll es strengere Regeln gelten – das hat die Regierung am Montag angekündigt.

Platter beharrte aber auch darauf, dass die Seilbahnwirtschaft nicht in erster Linie Kontrollen der „3-G-Regeln“ durchführen werde – das sei Aufgabe der Polizei und Gesundheitsbehörde. Dazu habe er mit den entsprechenden Verantwortlichen gesprochen, so Platter. Köstinger ergänzte, dass aber beim Ticketkauf – also bei Liften – der „Grüne Pass“ kontrolliert werde.

Platter aber will die Testmöglichkeiten in dem westlichen Bundesland jedenfalls erweitern. „Selbstverständlich bauen wir nun die PCR-Infrastruktur aus, damit das problemlos über die Bühne geht“, betonte er. Für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter würden noch Regeln ausgearbeitet, hieß es von der Tourismusministerin. Ob die CoV-Tests für die Bevölkerung weiterhin „gratis“ sein werden, also ob die Nachweise aus dem Steuertopf bezahlt werden, ist noch nicht fix. „Wir überprüfen das, wie angekündigt, Ende September, Anfang Oktober und das läuft – da wird es zeitnah eine Entscheidung geben“, sagte Gesundheitsminister Mückstein.

Kritik von SPÖ und FPÖ

Für die SPÖ ist es bezeichnend, dass sich die Regierung nicht um das Chaos an den Schulen, sondern um die Seilbahnen kümmere. SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch sah in einer Pressekonferenz die Pläne als Versuch, von anderen für die Koalition unangenehmen Themen abzulenken.

Die FPÖ befürchtete in einer Aussendung, dass die „schwarz-grünen Pläne lediglich zu massiven Einnahmeausfällen bei den Liftbetreibern führen werden, weil nicht geimpfte Menschen nur mehr Tagespässe erwerben können“, so der freiheitliche Tourismussprecher Gerald Hauser. „Gesunde Menschen und Nichtgeimpfte werden nun auch beim Ausüben ihres Wintersports von ÖVP und Grünen beinhart diskriminiert. Im Grunde waren Köstinger, Mückstein und Platter nicht in der Lage, praktikable, verständliche und vor allem langfristige Konzepte für die Urlaubsgäste und die heimischen Betriebe zu präsentieren“, so Hauser weiter.

Ärztekammer-Chef will „über Apres-Corona reden“

„Über Apres-Corona reden statt über Apres-Ski“, forderte Ärztekammer-Präsident Thomas Szekeres am Montag in einem Blog unter Verweis auf einen bedenklichen Anstieg der Zahl der Covid-19-Intensivpatienten und die bei knapp 60 Prozent stagnierende Durchimpfungsquote. Er urgierte „Impfverordnungen, beispielsweise für bestimmte Berufsgruppen oder für Menschen, die in der Öffentlichkeit agieren. Wenn Aufklärung nicht hilft, muss der Gesetzgeber einschreiten.“

„In Wien müssen bereits Operationen verschoben bzw. an private Spitäler ausgelagert werden. Mehr als 600 Schulklassen wurden in Quarantäne geschickt. Offensichtlich gibt es Probleme bei den Testungen. Und noch immer gibt es Lehrer, die nicht geimpft sind“, fasste der Präsident der Wiener und Österreichischen Ärztekammer die Lage aus seiner Sicht zusammen. Der Wintertourismus wolle eine starke Saison – ob das aber möglich sei, entscheide „nicht die Politik, sondern das Virus“. „Wahrscheinlich haben zu viele die Causa Ischgl vergessen“, mutmaßte Szekeres.

Mit den nur knapp 60 Prozent vollständig Geimpften „liegen wir im europäischen Vergleich im unteren Drittel, ähnlich wie Staaten aus dem ehemaligen Osteuropa“, kritisierte er. Ohne rasche Erhöhung der Impfquote könne man „nichts anderes tun als abwarten, bis sich alle Nichtgeimpften infizieren und erkranken, zum teil schwer“. Ob die Krankenhäuser das schaffen, sei fraglich. „Wir dürfen nicht in eine Situation geraten, wo Menschen, die dringend ein Intensivbett brauchen würden, entweder, weil sie schwer erkranken oder einen Unfall erleiden, kein Bett bekommen“, appellierte Szekeres.

Lob von Tourismuswirtschaft, WKÖ und ÖW

Vertreter der Tourismuswirtschaft begrüßten die von der Regierung bekanntgegebenen Maßnahmen im Großen und Ganzen, hoffen aber auf weitere staatliche Unterstützungsmaßnahmen. „Dank Impfung, mittelfristiger Planung und engmaschigem Test-Netz geht Österreichs Tourismus optimistisch in die Wintersaison“, ließ die Präsidentin der Österreichischen Hoteliervereinigung (ÖHV), Michaela Reitterer, in Reaktion auf die vorgestellten Pläne wissen.

Auch die Wirtschaftskammer zeigte sich erfreut: „Mit dem heute präsentierten Winterkonzept und dem Stufenplan der Bundesregierung haben wir nun taugliche und für unsere Branchen bereits bekannte Instrumente in der Hand, um die anstehende Wintersaison für Gäste, Mitarbeiter und Betriebe planen zu können,“ teilten die Obleute der Fachverbände Hotellerie und Gastronomie in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), Susanne Kraus-Winkler und Mario Pulker, in einer Aussendung mit. Planungssicherheit habe, gerade in den kommenden Wochen, in denen traditionell der Winterurlaub gebucht werde, höchste Priorität für die Betriebe und die Urlauber.

Der WKO-Obmann der Bundessparte Tourismus, Robert Seeber, verwies gleichzeitig auf die dabei nötige Praxistauglichkeit: „Jetzt ist – im Interesse der Gäste, Mitarbeiter, Unternehmen und auch Behörden – entscheidend, dass die Auflagen und Maßnahmen legistisch und organisatorisch so umgesetzt werden, dass sie einfach und unbürokratisch handhabbar sind.“ Das gelte vor allem bei einem Umstieg von Antigen- auf PCR-Tests, wo eine flächendeckende Infrastruktur und eine schnelle Abwicklung „ein absolutes Muss“ sei.

Tourismusberatung: „Herausimpfen“ wird nicht genügen

Erfreut zeigte sich auch die Österreich Werbung (ÖW). "Die heute präsentierten Maßnahmen schaffen die Voraussetzung für eine erfolgreiche Wintersaison“, sagte Lisa Weddig, Geschäftsführerin der Österreich Werbung. „Wir sehen derzeit eine erfreuliche Nachfrageentwicklung auf unseren wichtigsten Herkunftsmärkten.“ Die ÖW will die Maßnahmen über ihre 21 Marktbüros an die potenziellen Gäste kommunizieren.

In Jubel bricht die Branche freilich nicht aus – das Coronavirus wird weiterhin deutlich auf das Geschäft drücken. Die Buchungen dürften nicht nur heuer, sondern voraussichtlich noch längere Zeit deutlich hinter dem Vor-CoV-Niveau von 2019 zurückbleiben, betonte etwa das Tourismusberatungsunternehmen Prodinger. Der angestrebte Neustart werde damit „zu einer riesigen Herausforderung, ein einfaches ‚Herausimpfen‘ wird sicher nicht genügen“, um die Tourismusbetriebe wirtschaftlich abzusichern.

Reaktionen aus Deutschland

Aus dem Nachbarland Deutschland kamen schon zuvor zustimmende Worte, dass eine Wintersaison in den österreichischen Bergen samt Apres-Ski möglich sein wird. „Wir wollen wieder unbeschwert Skiurlaub machen“, sagte Thomas Bareiß (CDU) den Zeitungen der Funke-Mediengruppe am Montag. „Daher ist es grundsätzlich richtig, bestimmte Veranstaltungen nur für Personengruppen zu öffnen, bei denen die Ansteckungsgefahr gering ist.“

Bei einem Anstieg des Infektionsgeschehens dürfe es keine Schließungen mehr geben, gleichzeitig müssten Gäste und Gastgeber geschützt werden. „In dem Fall bleibt zu prüfen, ob ein Antigen-Schnelltest noch ausreichend ist“, sagte Bareiß. „Die Impfung bleibt das A und O.“

SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach reagierte kritisch. „Wie die nächste Wintersaison aussehen wird, kann zum jetzigen Zeitpunkt niemand seriös vorhersagen – auch nicht der österreichische Bundeskanzler“, sagte Lauterbach den Funke-Zeitungen. Er würde aus heutiger Sicht „eher davon abraten, unter ‚Ischgl‘-ähnlichen Bedingungen zu feiern“, und verwies auf Impfdurchbrüche. Laut Köstinger überlegt man unterdessen in Bayern sowie in Südtirol gleiche Maßnahmen wie in Österreich für die Wintersaison.