Für den Landtag kandidieren heuer mit elf Parteien so viele wie nie seit 1945. Neben den bereits im Landesparlament vertretenen ÖVP, FPÖ, SPÖ und Grünen wollen auch NEOS, Menschen-Freiheit-Grundrechte (MFG), KPÖ, Bestes Oberösterreich (BESTE), die Unabhängige Bürgerbewegung (UBB), die Christliche Partei (CPÖ) sowie die Liste Referendum einziehen.
Laut den jüngsten Umfragen dürfte NEOS dieses Ziel erreichen, und auch die Impfskeptiker MFG könnten an der Vierprozenthürde kratzen. Die Kleinpartei ist auch die einzige, die das Coronavirus in den Mittelpunkt der Wahlkampagne stellt. Bei allen anderen Parteien war es bestenfalls ein Nebenthema, fast hatte man den Eindruck, das Thema wurde umschifft – und das, obwohl Oberösterreich Nachzügler bei der Impfquote ist und nach Wien die zweithöchste 7-Tage-Inzidenz hat.
ÖVP fischt im FPÖ-Pool
Für Stelzer ist es die erste Wahl, dennoch kann er den Slogan „Den Landeshauptmann wählen“ plakatieren: 2015 war noch Landeshauptmann Josef Pühringer für die ÖVP in die Wahl gegangen, er übergab Partei und Land 2017 an Stelzer. Dass die ÖVP klar auf Platz eins landen wird, ist unbestritten, fraglich ist, ob sie gegenüber ihrem historischen Tiefststand von 36,4 Prozent im Jahr 2015 signifikant zulegen – und vielleicht sogar die 40-Prozent-Marke überschreiten kann.
Die ÖVP startete ihren Plakatwahlkampf mit Wohlfühlsujets, in denen sie Land und Leute in den Vordergrund stellte. Dann folgten Schlagworte wie „Mut“ und „Hausverstand“ – aber auch „Heimat“, „Sprache“ und vor allem „Sicherheit“. Angesichts der FPÖ-Krise nach den „Ibiza“- und Spendenaffären scheint logisch, dass die ÖVP im Teich der FPÖ-Wählerinnen und Wähler fischen will. Zum Start des Intensivwahlkampfs machte Stelzer dezidiert allen, die 2015 FPÖ gewählt haben, das „Angebot“, ihnen die Sicherheit zu bieten, „die Sie brauchen und die Sie suchen“.

Verhältnis zur FPÖ als Drahtseilakt für ÖVP
Thematisch dazu passend präsentierte ÖVP-Landesgeschäftsführer Wolfgang Hattmannsdorfer auch ein Zehnpunkteprogramm zur Integration. Dabei sieht sich die ÖVP selbst keineswegs auf der rechten Überholspur, sondern vielmehr in der „Mitte der Gesellschaft“, wie nicht Hattmannsdorfer, sondern auch Stelzer zuletzt in einem „Standard“-Interview betonte.
Direkte Angriffe auf die FPÖ gab es aber nur bedingt, schließlich sind die Freiheitlichen Bündnispartner in der Proporzregierung – und Kritik an der FPÖ hieße dann auch, die eigenen Erfolge nicht mehr feiern zu können. So versucht die Volkspartei zu differenzieren, indem betont wird, man sei der Partner der oberösterreichischen Freiheitlichen unter Manfred Haimbuchner – und nicht der Bundes-FPÖ von Herbert Kickl.
FPÖ mit ungleichem Duo auf Wahltour
Der Spagat zwischen Oberösterreich und dem Bund muss die FPÖ auch selbst versuchen – und das ist aus vielen Gründen ein heikler: Haimbuchner galt als mächtigster Kritiker daran, dass Kickl nach dem Rückzug Norbert Hofers im Juni die FPÖ übernahm. Den Posten selbst anstreben konnte er so kurz vor der Landtagswahl nicht. Auch in Sachen Coronavirus nahmen die beiden unterschiedliche Positionen ein: Während Haimbuchner auch nach seiner eigenen schweren Erkrankung vorsichtig ist, hat sich Kickl in den vergangenen Monaten zum Impfgegner aufgeschwungen. Dennoch tourten die beiden Seite an Seite im Wahlkampf, der ebenfalls ganz im Zeichen von „Sicherheit“ und „Heimat“ steht. Nach über 30 Prozent 2015 sehen Umfragen die FPÖ zwischen 19 und 25 Prozent – und damit tendenziell an zweiter Stelle.

Impfskeptiker „knabbern“ insbesondere an FPÖ
Doch anders als im Bund hat die FPÖ bei ihrer Coronavirus-Politik kein Alleinstellungsmerkmal: Die neu gegründete MFG will ein „Gegengewicht zu den maßlosen, schädlichen, einseitigen, gesetzwidrigen und wissenschaftswidrigen Maßnahmen“ gegen die Coronavirus-Pandemie sein. Ein Plakat mit großer, durchgestrichener Spritze und „Nein bleibt Nein“ zeigt das Kernthema der Gruppe. Großen Raum nimmt dabei auch das Thema Schulen bzw. die Abmeldung von diesen ein.
Die Plakatkampagne hatte zwar weit nicht das gleiche Ausmaß wie jene der Landtags- bzw. Parlamentsparteien, übertraf in ihrer Sichtbarkeit aber deutlich die Auftritte der anderen Kleinparteien. Affichiert wurden die Botschaften vor allem im Innviertel, aber auch im Zentralraum, vor allem im Finale des Wahlkampfs nahm die Präsenz deutlich zu. Bekannte Gesichter gibt es bei der Gruppierung nicht.
Einige Umfragen sehen sie bei rund vier Prozent – und fraglich ist nicht nur, ob der Einzug in den Landtag klappt, sondern auch, welcher anderen Partei die Prozentpunkte abspenstig gemacht werden. Meinungsforscher glauben, dass die Gruppierung bei allen Parteien knabbern könnten, sehen aber am ehesten Verluste für die FPÖ.
SPÖ will Platz zwei
Und damit hätte die SPÖ, die in Umfragen zwischen 18 und 20 Prozent liegt, zumindest theoretisch die Chance auf Platz zwei. Das ist auch das Wahlkampfziel von Birgit Gerstorfer, die die SPÖ erstmals als Spitzenkandidatin in die Wahl führt. Das musste sie allerdings auch als Ziel ausgeben, auch um für eine Mobilisierung zur Wahl zu sorgen. Thematisch setzen die Sozialdemokraten auf ihre Kernthemen Arbeitsplätze, Bildung und Pflege. Gerstorfer ist sein seit 2016 Parteivorsitzende der SPÖ Oberösterreich und Landesrätin für Soziales.

Grünen-Plakat als Aufreger
Ein Ziel der oberösterreichischen Grünen ist es, die Ära von Schwarz-Blau zu beenden. Zwar kann die Ökopartei Zugewinne zu ihren 10,3 Prozent von 2015 erwarten – die veröffentlichten Umfragen sehen sie zwischen zwölf und 14 Prozent. Spitzenkandidat Landesrat Stefan Kaineder setzt vor allem auf das Thema Klimawandel und sorgte für einen der wenigen großen Aufreger im Wahlkampf.

Das Plakat mit dem Titel „Bio oder Gift?“ – abgebildet ist eine Gestalt mit Schutzausrüstung und Pflanzenschutzspritze – rief Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) auf den Plan, die es „respektlos, primitiv und populistisch“ und eine „pauschale Verunglimpfung“ der Landwirte bezeichnete, weshalb es aus dem Verkehr gezogen werden solle. ÖVP-Landesgeschäftsführer Hattmannsdorfer sieht darin gar „Gift für den Zusammenhalt in Oberösterreich“. Grünen-Spitzenkandidat Stefan Kaineder reagierte mit einem Video, in dem er von „bewusster Fehlinterpretation seitens der ÖVP“ spricht. So wolle seine Partei mit dem Plakat „multinationale Agro-Chemie-Konzerne“ an den Pranger stellen und nicht „die konventionelle heimische Landwirtschaft“ diskreditieren.
NEOS mit zweitem Anlauf
NEOS versucht am Sonntag zum zweiten Mal, in den Landtag einzuziehen. 2015 waren sie mit 3,5 Prozent an der Vierprozenthürde gescheitert. Der Einzug könnte laut Meinungsforschern wohl gelingen, ganz gegessen ist die Sache laut den bisherigen Umfragen aber nicht. Der 29-jährige Spitzenkandidat Felix Eypeltauer verspricht den Wählern als „einzige Partei“ eine unabhängige und freie Oppositionskraft.

Auf ihren Plakaten wird eine „Politik mit Lösungen“ und ohne „Blabla“ angeboten. Inhaltlich beackern Eypeltauer und sein Team vor allem die Themen einer „qualitativ hochwertigen und flexiblen Kinderbetreuung und Bildung“ sowie „zukunftsfitte Ideen für unsere Wirtschaft“ und gegen den Fachkräftemangel.