Der Vorsitzende der Alterssicherungskommission, Walter Pöltner
APA/Herbert Pfarrhofer
Aus „Frust“ über Politik

Chef der Pensionskommission tritt zurück

Zwei Tage nach der von ÖVP und Grünen angekündigten Pensionserhöhung hat der Vorsitzende der Alterssicherungskommission, Walter Pöltner, am Montag seinen Rücktritt angekündigt. Er treffe diese Entscheidung „aus Frust, weil die Politik die langfristige Sicherung der Pensionen, aber auch der Pflege nicht ernst genug nimmt“, so Pöltner.

Die von der Regierung angekündigte Pensionserhöhung von bis zu drei Prozent für kleine Pensionen sei dafür der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht habe, so Pöltner laut APA. Die Aufgabe der Alterssicherungskommission sei es, über die langfristige Balance des Pensionssystems zu wachen und dafür zu sorgen, dass die Generationenbalance stimmt. Das sei für ihn immer schwieriger geworden.

Die Politik funktioniere nach anderen Maßstäben, „das muss ich akzeptieren“, sagte Pöltner, der früher auch Sektionschef im Sozialministerium und Kurzzeitminister in der Übergangsregierung im Frühjahr 2019, nach der Abwahl des Kabinetts Kurz I im Gefolge der „Ibiza-Affäre“.

Politik „liegt meiner Meinung nach völlig falsch“

Der Hauptgrund für seinen Rücktritt sei, dass die Politik seiner Meinung nach „vollkommen falsch liegt. Es kann aber auch sein, dass die Regierung richtig liegt und ich falsch. Beides ist jedenfalls ein Grund zurückzutreten. Meine Meinung passt nicht mit der der Politik zusammen“, stellte Pöltner fest, der seine Entscheidung auch schon der „Wiener Zeitung“ und dem „Standard“ mitgeteilt hat.

Er sei es „müde, den bösen Buben zu spielen und wie eine tibetanische Gebetsmühle“ auf Entwicklungen hinzuweisen. „Warum soll ich mir das antun“, so Pöltner. Es handelt sich um eine ehrenamtliche Funktion. Außerdem empfinde er die Arbeit mit manchen Mitgliedern der Kommission, die seinen Argumenten nicht folgen, als immer schwieriger.

20-köpfige Kommission seit 2019 tätig

Neben unabhängigen Fachleuten, darunter von IHS und WIFO, gehören der 20-köpfigen Kommission vor allem Vertreterinnen und Vertreter verschiedener Ministerien, der Pensionsversicherungen und der Sozialpartner an. Pöltner steht der Kommission seit deren Konstituierung im Herbst 2019 vor.

Treffen mit Mückstein am Mittwoch

Pöltner würde den Vorsitz in der Alterssicherungskommission sofort zurücklegen, wenn Sozialminister Wolfgang Mückstein (Grüne) das wünsche. Er würde aber auch noch bis zum Ende des Jahres im Amt bleiben, wenn der Beschluss des langfristigen und des mittelfristigen Pensionsgutachtens unter seiner Leitung noch gewünscht werde. Er habe seine Entscheidung jedenfalls schon dem Ministerbüro mitgeteilt, einen Gesprächstermin mit Minister Mückstein selbst hat er am Mittwoch.

Pöltner gegen soziale Staffelung

Pöltner hatte sich in der Vergangenheit mehrfach gegen sozial gestaffelte Pensionsanpassungen ausgesprochen, weil damit das Versicherungsprinzip ausgehöhlt werde. Die ÖVP-Grünen-Regierung hat am Wochenende jedoch angekündigt, dass wie in den letzten Jahren auch für nächstes Jahr wieder kleine Pensionen stärker angehoben werden.

Konkret sollen Pensionen bis 1.000 Euro um drei Prozent erhöht werden. Bis 1.300 Euro wird die Erhöhung dann auf 1,8 Prozent abgeschmolzen und ab diesem Betrag gilt dann die Inflationsabgeltung von 1,8 Prozent. Die Kosten dafür liegen bei 1,1 Milliarden Euro.

Mückstein verweist auf Vorteil für viele Frauen

Mückstein verteidigte am Rande einer Pressekonferenz die sozial gestaffelte Pensionsanpassung. Er zeigte sich mit dem Ergebnis „zufrieden“ und verwies darauf, dass von der stärkeren Erhöhung der kleinen Pension vor allem Frauen profitieren. Deshalb sei es „eine gute Regelung“. Auf den Rücktritt Pöltners ging der Minister nicht direkt ein.

NEOS: „Dringender Warnruf“

NEOS sieht im Rücktritt des Vorsitzenden der Alterssicherungskommission einen „dringenden Warnruf“. Parteichefin Beate Meinl-Reisinger und Sozialsprecher Gerald Loacker meinten in einer gemeinsamen Aussendung, der Rücktritt zeige, dass Generationengerechtigkeit für diese Regierung ein Fremdwort sei. Die Schieflage im Pensionssystem werde immer größer, doch die Regierung kündige lieber Wahlzuckerln an. Für Meinl-Reisinger ist die Pensionsanpassung ein „Wählerkauf“.