Gewessler legt in EU-Streit über Atomkraft Gutachten vor

Mit einem Rechtsgutachten will Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) den juristischen Nachweis liefern, dass die Atomkraft in der EU nicht als grüne und nachhaltige Energie eingestuft werden darf.

Hintergrund ist ein Streit der EU-Staaten über die Taxonomieverordnung, die im Zuge des EU-Klimaschutzpakets Green Deal Richtlinien für grüne Finanzinvestments geben soll. Gewessler will die EU-Kommission in dieser Frage notfalls sogar klagen.

Die Erzeugung von Atomstrom falle in keine der Kategorien, für die ein wesentlicher Beitrag zum Klimaschutz angenommen werden könne, weil keine von der EU als Gesetzgeber formulierten Voraussetzungen vorliegen würden, heißt es in dem der APA vorliegenden Gutachten der internationalen Rechtsanwaltskanzlei Redeker-Sellner-Dahs.

Gewessler überlegt Klage als „letzte Konsequenz“

In dem Gutachten werde klargestellt, „dass die Atomenergie nicht den Anforderungen an eine nachhaltige Investition entspricht. Eine Aufnahme in die Taxonomieverordnung wäre damit rechtlich nicht gedeckt“, sagte Gewessler laut Aussendung. „Atomkraft hat nichts mit Nachhaltigkeit zu tun.“

Die Klimaschutzministerin denkt bereits über weitere Schritte nach. „Wir haben diese Gutachten auch gegenüber der Kommission eingebracht. In letzter Konsequenz bin ich hier auch bereit, eine Klage einzubringen – denn diese Pläne wären nicht rechtskonform. Es kann nicht sein, dass die Zukunft unserer Kinder den Interessen der Atomlobby geopfert wird“, so Gewessler.

Die Klimaschutzministerin beklagt, dass die EU-Kommission in der Taxonomieverordnung vom Juni 2020 die Frage ausgeklammert habe, ob auch Atomkraft als nachhaltige Investition anerkannt wird. Seitdem arbeite die Atomlobby mit allen Mitteln daran, die gefährliche Kernenergie einem „Greenwashing“ zu unterziehen, kritisierte Gewessler.

Staatenallianz mit Österreich gegen Atomenergie

14 der 27 EU-Staaten setzen derzeit auf Atomkraft. Als treibende Kraft der Atomstrombefürworter in der EU gilt Frankreich, das einen großen Anteil seines Energiebedarfs durch Kernenergie deckt.

Eine Staatenallianz von Österreich, Deutschland, Spanien, Dänemark und Luxemburg hat dagegen im Juli in einem Brief Druck auf die EU-Kommission gemacht, Atomenergie nicht als nachhaltig anzuerkennen. Konkret geht es um die weiteren Rechtsakte, die im Zuge der Verordnung von der EU noch beschlossen werden müssen.

„Jeder delegierte Rechtsakt, der auf der Grundlage der Taxonomieverordnung erlassen wird und die Kernenergie irgendwie in die europäische Taxonomie einbezieht, wäre vor den EU-Gerichten anfechtbar.“