In Wien startete die Aktion nach dem „Sommer der Klimakatastrophen“ am Praterstern und führt über den Ring zum Heldenplatz, wo die Abschlusskundgebung stattfindet – mehr dazu in wien.ORF.at. Auch in den anderen Bundesländern wird wieder für den Klimaschutz auf die Straße gegangen. „Setzen wir die Politik am Freitag gemeinsam unter Druck!“, lautete der Aufruf der Aktivistin Paula Dorten. Gefordert wird eine realistische Antwort auf die drohende Klimakatastrophe.
Thunberg in Berlin
Auch in Deutschland formierten sich zwei Tage vor der Bundestagswahl in Hunderten Städten Demos für mehr Klimaschutz. In Berlin bekommen die Demonstrierenden Medienberichten zufolge Unterstützung von der schwedischen Klimaaktivistin Greta Thunberg. Sie betonte aber, keine Werbung für eine Partei machen zu wollen: „Wir sind keine Lobbyisten der Grünen.“ In Deutschland behandle „kein Politiker, keine Politikerin, keine Partei die Klimakrise wie einen Notfall“.
Die Politik „verzögert und verhindert“ den Klimaschutz, kritisierte im Vorfeld auch die österreichische „Fridays for Future“-Aktivistin Paula Dorten. Ihre deutsche Kollegin Luisa Neubauer hob zwar positiv hervor, dass der Klimaschutz im derzeitigen Wahlkampf eine größere Rolle spiele als noch zwei Jahre zuvor. Sie gibt sich aber keinen Illusionen hin: Die Kandidaten und die Kandidatin würden „moderate Maßnahmen“ versprechen. Das sei aber „wirklichkeitsfremd“. Denn die Krise sei längst da.
Politik „mehr mit sich selbst beschäftigt“
Die zentralen Forderungen der Klimaschutzbewegung bleiben: Begrenzung der Erderwärmung auf höchstens eineinhalb Grad Celsius und eine „sozial verträgliche“ Reduktion der Treibhausgasemissionen so schnell wie möglich. Für „Fridays for Future“ reagiert die Politik zu langsam auf die aktuelle Entwicklung. Erst vergangene Woche warnte die UNO in einem Bericht, dass das 1,5-Grad-Ziel nur noch mit drastischen Maßnahmen zu erreichen sei.
War die „Fridays for Future“-Bewegung zunächst von Schülern und Schülerinnen sowie Studierenden getragen, stoßen immer mehr Gruppen zum Protest gegen die Klimakrise und die bisherigen Antworten der Politik darauf. Über 100 Organisationen, Gewerkschaften und Initiativen beteiligen sich etwa in Österreich an dem inzwischen achten globalen Massenprotest – darunter das Rote Kreuz, der WWF, der Österreichische Gewerkschaftsbund (ÖGB) und die Kirche – mehr dazu in religion.ORF.at.
Unterstützung erhielt die Bewegung in Deutschland auch von mehreren Prominenten wie der Schauspielerin Katja Riemann, dem Pianisten Igor Levit und dem Schriftsteller Frank Schätzing, die angesichts der aktuellen Klimakatastrophen in einem Video zu mehr Klimaschutz aufriefen – auch vor dem Hintergrund der deutschen Wahl. Auch sie sehen die Politik gefragt, die sich „scheinbar mehr mit sich selbst beschäftigt als mit der Welt“, formulierte es der Autor Peter Wohlleben.
Debatte über Klimasteuer
Mit ersten Jänner soll eine ökosoziale Steuerreform in Kraft treten und sowohl eine stärkere Besteuerung des Energieverbrauchs als auch eine spürbare Entlastung bringen.
„Kermit, der Frosch lag falsch“
Auf internationalen Konferenzen wird auf die Bedeutung des Kampfes gegen die Klimakrise gesprochen wie etwa diese Woche bei der UNO-Vollversammlung. In Reden wurde die Notwendigkeit zu handeln beschworen und große Ankündigungen gemacht. Offen bleibt, welche Taten tatsächlich folgen. Der britische Premier Boris Johnson etwa hielt eine unkonventionelle Rede in Anlehnungen an die „Muppet Show“: „Als Kermit, der Frosch sang: ‚Es ist nicht leicht, grün zu sein‘, lag er falsch. Wir haben nichts zu befürchten und können von dieser grünen industriellen Revolution nur profitieren.“
Die bevorstehende UNO-Klimakonferenz COP26 im schottischen Glasgow im November sieht Johnson als „Wendepunkt für die Menschheit“. Die Erde dürfe nicht mehr wie ein „unzerstörbares Spielzeug“ behandelt werden. Johnson: „Wir haben eine großartige Macht, Dinge zu ändern oder zum Besseren zu verändern (…).“ Lob gab es für US-Präsident Joe Biden, zusätzliche Milliarden für Klimahilfe zur Verfügung zu stellen; dem chinesischen Staatspräsidenten Xi Jinping dankte Johnson für die Ankündigung, keine Kohlekraftwerke mehr exportieren zu wollen.
Vage Versprechen aus China
Nachholbedarf gäbe es in China selbst genug. Die Volksrepublik zählt zu den weltweit größten Treibhausgasemittenten und setzt selbst auf Kohlekraft. Allein im vergangenen Jahr wurden Kohlekraftwerke mit einer Gesamtkapazität von 38,4 Gigawatt ans Netz genommen. Ziel der Regierung ist, bis 2030 CO2-Emissionen zu reduzieren und 30 Jahre später CO2-neutral zu sein. Den fortgesetzten Bau von Kohlekraftwerken in China hatte der US-Klimabeauftragte John Kerry erst kürzlich kritisiert. Zudem blieb bei Xis Ankündigung vor der UNO unklar, von welchem Zeitraum er sprach und ob sich das auch auf in Bau befindliche Kraftwerke bezieht.
Entsprechend verhalten reagierten die USA nun auch auf die Ansage Chinas, im Ausland keine Kohlekraftwerke zu unterstützen. Das sei zu begrüßen, es seien aber weitgehendere Maßnahmen notwendig. Die USA „freuen sich darauf, mehr über die zusätzlichen Schritte (zur Reduktion der Treibhausgasemissionen, Anm.) zu erfahren“.