Polens Disziplinarkammer hebt Immunität von Richter auf

Die Disziplinarkammer von Polens Oberstem Gerichtshof hat trotz einer einstweiligen Anordnung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zum Stopp ihrer Tätigkeit die Immunität eines Richters aufgehoben.

Die Kammer gab heute einem entsprechenden Antrag der Staatsanwaltschaft statt, die strafrechtliche Verfolgung des Strafrichters Marek Pietruszynski zuzulassen. In Polen kann die Immunität von Richtern und Staatsanwälten nur gerichtlich aufgehoben werden.

EU-Sanktionen gegen Polen

Im Juli hatte der EuGH geurteilt, dass die Disziplinarkammer nicht alle Garantien für Unabhängigkeit und Unparteilichkeit bietet. Später verfügte der EuGH mit einer einstweiligen Anordnung den Stopp der Tätigkeit der Kammer, woran sich Warschau aber nicht hält. Mittlerweile hat die EU-Kommission daher beim EuGH Sanktionen gegen Polen beantragt.

Die Disziplinarkammer ist das Herzstück der umstrittenen Reformen des polnischen Justizsystems der nationalkonservativen PiS-Regierung. Sie kann jeden Richter und Staatsanwalt entlassen. Kritiker dieser Einrichtung befürchten, sie könne dazu dienen, Richter für unbotmäßige Entscheidungen zu maßregeln.

Die Präsidentin des Höchstgerichts hatte nach dem Druck der EU-Behörden zwar angeordnet, dass die Disziplinarkammer keine neuen Fälle bekommt. Sie arbeitet aber Bestandssachen ab.