Ärztin befestigt nach der Impfung ein Pflaster am Oberam einer Frau
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CoV-Herbst

Grippe als große Unbekannte

Die Grippesaison steht wieder vor der Tür. Im letzten Winter fiel diese wegen der zahlreichen CoV-bedingten Lockdowns und der damit stark reduzierten sozialen Kontakte aus. Wie es heuer wird, ist laut der Virologin Monika Redlberger-Fritz noch nicht einzuschätzen. Das hänge vor allem vom Verhalten und den Regeln nach der vierten CoV-Welle ab. Die Expertin empfiehlt aber die Grippeimpfung für alle Altersgruppen, auch für Kinder.

Redlberger-Fritz sagte am Donnerstag gegenüber ORF.at, dass die Entwicklung wesentlich davon abhänge, ob es während der Grippesaison eine verbreitete Maskenpflicht gebe und wie die Reisetätigkeit aussehe. Wenn Letztere etwa im Jänner und Februar, nach dem Abebben der vierten CoV-Welle, deutlich zunehme und die Maskenpflicht weitgehend aufgehoben werde, dann gebe es „sehr gute Chancen“ auf eine starke Grippesaison.

Bisher sei auch noch nicht absehbar, welcher Influenza-Virusstamm in Österreich vorherrschend sein und wie infektiös dieser sein werde, so Redlberger-Fritz, die das Nationale Influenza Centre leitet. Auch das Gesundheitsministerium empfiehlt die Grippeimpfung allen Altersgruppen.

Influenza- und CoV-Impfung zugleich möglich

Angesichts der vielen Menschen, die sich noch nicht gegen CoV impfen ließen, beruhigt Redlberger-Fritz etwaige Bedenken einer Unverträglichkeit: „Medizinisch gesehen“ spreche nichts dagegen, sich beide Impfungen gleichzeitig geben zu lassen. Sie empfiehlt trotzdem einen Abstand von mindestens zwei Tagen. Auch das Gesundheitsministerium hält das für sinnvoll. Die Begründung: Bei gleichzeitiger Impfung ist es schwieriger, eventuelle Impfreaktionen zuzuordnen.

Das Ministerium verweist zudem darauf, dass CoV-Impfstoffe wie Totimpfstoffe seien. Bei Totimpfstoffen handelt es sich um abgetötete Krankheitserreger, die das Immunsystem zum Aufbau von Antikörpern anregen. Sie können die Krankheit nicht auslösen.

Expertin empfiehlt Impfung für Kinder

Explizit empfiehlt Virologin Redlberger-Fritz, dass auch Kinder geimpft werden sollten. Im Ministerium verweist man darauf, dass auch Kinder schwer an Grippe erkranken können. In der Saison 2018/19 seien fünf Kinder, die Influenza hatten, gestorben. In der Saison davor waren es sogar neun.

Gratis bis 14

Seit dem vergangenen Jahr ist die Grippeimpfung für Kinder von sechs Monaten bis 14 Jahren gratis.

Zudem würden Kinder eine wichtige Rolle bei der Verbreitung des Influenzavirus spielen. Mit der Impfung von Kindern könnten damit auch Erkrankungen in anderen Altersgruppen verhindert werden, hieß es aus dem Gesundheitsministerium.

Frühestens Ende Oktober impfen

Redlberger-Fritz betonte, dass man sich frühestens Ende Oktober impfen lassen sollte. Die Expertin hatte bereits im Mai davor gewarnt, dass das Ausbleiben von Atemwegserkrankungen generell und der Influenza speziell im bevorstehenden Winter zu einer besonders heftigen Welle führen könnte. Vor allem bei Kleinkindern wurde bereits damals vor RSV-Infektionen, Erkrankungen der oberen und unteren Atemwege, gewarnt.

Dass während des gesamten letzten Winters nur zwei Proben österreichweit positiv auf Influenzaviren getestet wurden, hatte laut Redlberger-Fritz mit den CoV-Hygienmaßnahmen zu tun. Dadurch habe es freilich auch keine natürliche Stärkung durch Viruskontakte gegeben. Umso wichtiger sei daher die Grippeimpfung.

FAQ zur Grippeimpfung

Das Ministerium hat FAQ zur Influenza-Impfung in Zeiten der CoV-Pandemie vorbereitet.

Historisch wenige Fälle in Australien

In Australien gab es in der dort im Auslaufen befindlichen Grippesaison so wenige Fälle wie nie zuvor. Im Vorjahr wurden noch mehr als 20.000 Infektionen und 37 Todesfälle offiziell festgestellt. Heuer waren es bis Ende August nur 484 Infektionen und kein einziger Todesfall, berichtete der öffentlich-rechtliche australische Sender ABC.

Ian Barr, stellvertretender Leiter des australischen Influenza-Zentrums, betonte, dass bereits im letzten Jahr mit Inkrafttreten von CoV-Maßnahmen und dem Abbruch des internationalen Reiseverkehrs die Influenza-Infektionen „dramatisch zurückgingen“. Auch die Schließung von Schulen, die normalerweise „eine Brutstätte für Influenza“ seien, habe eine Rolle gespielt.

Die Virologin Kirsty Short warnte wie Redlsberger-Fritz, dass das Ausbleiben der Influenza dazu führen könnte, dass die Bevölkerung anfälliger für Influenza wird. Positive Folge, so Short gegenüber ABCNews, könnte sein, dass das Virus weniger mutierte und daher vergangene Impfungen noch einen guten Schutz bieten könnten. Doch das könne man derzeit einfach noch nicht sagen, so Short.