Menschen auf einer Einkaufsstraße
ORF.at/Roland Winkler
Ökosoziale Steuerreform

AK und ÖGB fordern soziale Abfederung

Gewerkschaft (ÖGB) und Arbeiterkammer (AK) haben am Freitag die Forderungen der Arbeitnehmerseite für die angekündigte ökosoziale Steuerreform der türkis-grünen Bundesregierung vorgelegt. Eine CO2-Bepreisung müsse sozial abgefedert werden, eine Lohnsteuersenkung sollte die kalte Progression um drei Mrd. Euro ausgleichen, und es dürfe keine Steuergeschenke für Unternehmen geben, so die Chefs von AK und ÖGB, Renate Anderl und Wolfgang Katzian, in einer Pressekonferenz.

Vor allem dürfe der ökosoziale Aspekt Familien sowie kleine und mittlere Einkommen nicht belasten. Es gelte, die Klimakatastrophe abzuwenden, aber auf soziale und gerechte Weise, sagte Anderl. Alles andere sei unannehmbar. Sie verwies auf das „Ökobonus plus“-Modell der AK, deren Kernelement die 100-prozentige Rückerstattung des CO2-Preises als pauschale Steuergutschrift ist. Bei einer vierköpfigen Familie würde diese 400 bis 500 Euro pro Jahr betragen.

Im Bereich der Miete will die AK jene schonen, die dazu gezwungen sind, mit Öl und Gas zu heizen. Die Vermieter sollten daher zu 50 Prozent am CO2-Preis beteiligt werden; auch als Anreiz dafür, auf ein ökologischeres Heizsystem umzustellen. Zusätzlich will die AK die Pendlerpauschale auf einen einkommensabhängigen Pendlerabsetzbetrag umstellen.

AK und ÖGB fordern Steuerentlastungen

In einer Pressekonferenz forderten Gewerkschaftsbund und Arbeiterkammer gemeinsam eine Steuersenkung für Arbeitnehmer. Wie eine Steuerreform aussehen kann, die das möglich macht, erklärten Arbeiterkammer-Präsidentin Renate Anderl und ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian.

Katzian: „Kleine Vermögen zu stark besteuert“

Auf mehr Gerechtigkeit im Steuersystem pochte Katzian. Die Ausgangsposition sei, dass 80 Prozent aller Steuern von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, Pensionistinnen und Pensionisten und Konsumentinnen und Konsumenten gezahlt würden. Die Steuerreform im Lande sei ungerecht, große Vermögen würden zu wenig, kleine Einkommen zu stark besteuert.

Mehr Geld durch Kollektivvertragserhöhungen sei die eine Möglichkeit für mehr Geld im Börsel der Arbeitnehmer, weniger Steuern die andere. Anderl unterstrich, dass die Arbeitnehmer in der Coronavirus-Krise durch Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit viel verloren hätten. Nun sei es „an der Zeit, dass die Arbeitnehmer ihren fairen Anteil zurückbekommen“.

Österreich sei Spitzenreiter bei der Vermögensungleichheit, aber Schlusslicht bei der Vermögensbesteuerung, kritisierten beide. Steuergeschenke wie eine Senkung der Körperschaftssteuer lehne man ab, diese würde 1,5 bis zwei Mrd. Euro kosten. Bei einer Senkung der Lohnnebenkosten wiederum sei nicht klar, auf Kosten welcher sozialstaatlicher Leistung das gehen würde, etwa der Krankenversicherung, der Pensionsbeiträge oder des Urlaubsgelds. Ihn nerve „dieses allgemeine Geschwurbel“, so Katzian, es gehöre auf den Tisch gelegt, was hier geplant sei. Einmal mehr plädierte der ÖGB-Chef für eine Millionärs- und eine „gerechte“ Erbschaftssteuer.

ÖGB und AK erhoben per Befragung (Unique research, 800 Teilnehmer), wer entlastet werden soll: Steuersenkungen werden vor allem für Arbeitnehmer und Familien urgiert. Höhere Steuern werden für Digitalkonzerne, Haushalte mit großen Vermögen und für CO2-Emissionen verlangt.

IV für rasche KöSt-Senkung und gegen CO2-Mehrbelastung

Dass bei der geplanten Steuerreform auch die Unternehmerseite entlastet werden müsse, hatte am Mittwoch die Industriellenvereinigung (IV) gefordert. Für die Betriebe habe es zuletzt 2005, vor 16 Jahren, eine Entlastung gegeben – seither sei es punktuell zu Belastungen kommen, so IV-Präsident Georg Knill. Die Reform solle die heimische Industrie vor allem durch eine Senkung der Körperschaftssteuer (KöSt) entlasten und durch die neu geplante CO2-Besteuerung nicht zusätzlich belasten – nämlich nicht zusätzlich zum Emissionshandel, der die Produzenten schon über 300 Mio. Euro im Jahr koste.

Zudem plädierte Knill für einen neuen CoV-Bonus zugunsten der Beschäftigten: Mit einer Mitarbeitergewinnbeteiligung bzw. einem steuerlichen CoV-Freibetrag von bis zu 3.000 Euro pro Beschäftigten wie im Vorjahr könnte der Faktor Arbeit zielgerichtet entlastet werden.

Die AK hatte bereits am Donnerstag aus den Zahlen der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung der Statistik Austria den Schluss gezogen, dass die Verlierer der CoV-Krise vor allem die Arbeitnehmer seien, während die Unternehmen insgesamt von einer Überförderung profitiert hätten. Die Schlussfolgerung, die AK-Direktor Christoph Klein daraus zog: „Jetzt ist in der laufenden Steuerreformdiskussion nicht die Zeit für Steuergeschenke an die Wirtschaft, sondern jetzt sind die Arbeitnehmer dran.“

WKO: „Entlastung für alle“

WKO-Chef Karlheinz Kopf warnte in einer Aussendung am Freitag vor einem „Ausspielen einzelner Gruppen“ und forderte eine „Entlastung für alle“. Er betonte in Richtung Arbeitnehmervertreter, „dass es sich bei der notwendigen Entlastung für unsere Betriebe keineswegs um Steuergeschenke an Unternehmen noch um einen Wunsch ans Christkind handelt. Vielmehr sichern wir über eine Entlastung der Betriebe Arbeitsplätze und schaffen Beschäftigung.“

Von der SPÖ kam hingegen Zustimmung zu den Forderungen von ÖGB und AK. Finanzsprecher Kai Jan Krainer wandte sich ebenfalls gegen eine KöSt-Senkung und verlangte, dass die großen Konzerne und großen Vermögen einen substanziellen Beitrag bei der Übernahme der CoV-Krisenkosten leisten müssten.

CO2-Steuer: SPÖ will Ausnahme für Mieterinnen und Mieter

Die SPÖ forderte am Freitag in einer Aussendung eine Ausnahme für Mieterinnen und Mieter bei der geplanten CO2-Steuer. „Mehrkosten durch eine CO2-Bepreisung müssen von den Vermietern getragen werden und dürfen von ihnen auch nicht an Mieter weitergegeben werden“, sagte Umweltsprecherin Julia Herr. Sie verwies darauf, dass die Mieter nicht selbst über die Art ihres Heizsystems entscheiden können.

Gegen eine „Überwälzung der CO2-Kosten auf Vermieter“ sprach sich am Freitag der Österreichische Haus- und Grundbesitzerbund (ÖHGB) aus. Die Mieter würden über ihr Heizverhalten und damit die Höhe der Heizkosten bestimmen, hieß es in einer Aussendung. Einen „klimaschützenden Lenkungseffekt“ kann es laut der Eigentümervertretung nur dann geben, „wenn der Nutzer weiterhin vollständig für seine Kosten aufkommt“.

Das Umweltministerium wollte sich angesichts der noch laufenden Verhandlungen über die Steuerreform nicht dazu äußern, wie Mietwohnungen beim CO2-Preis berücksichtigt werden könnten. Bereits im April hatten sich Bund und Länder aber auf das Auslaufen fossiler Energieträger beim Heizen geeinigt. Kohle- und Ölheizungen sollen bis spätestens 2035 ausgetauscht werden, Erdgas soll nur noch bis 2040 verheizt werden dürfen. Bei Neubauten sollen Gasheizungen schon ab 2025 der Vergangenheit angehören.