Kurz-Ermittlung: Opposition sieht Kanzler „hochnervös“

SPÖ und NEOS üben angesichts des in mehreren Medien veröffentlichten Protokolls der Beschuldigteneinvernahme von Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) einmal mehr Kritik: Kurz sei „hochnervös“ und reite sogar bei seiner Einvernahme Attacken gegen die Justiz, empörte sich SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch heute in einer Aussendung. NEOS-Generalsekretär Douglas Hoyos übte ebenfalls Kritik und sprach von „fehlendem Respekt vor Institutionen“.

Geht es nach dem ÖVP-Fraktionsführer im „Ibiza“-Untersuchungsausschuss, Andreas Hanger, habe Kurz „in seiner Einvernahme vor einem Richter alle falschen Vorwürfe der WKStA (Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft, Anm.) entkräften“ können. Damit hätten sich auch alle „ungerechtfertigten Beschuldigungen, die die WKStA nach einer Anzeige der NEOS erhoben hatte, in Luft aufgelöst“, wie Hanger per Aussendung weiter mitteilte.

Ermittlungen wegen Verdachts auf Falschaussage im U-Ausschuss

Die WKStA ermittelt nach besagter NEOS-Anzeige gegen Kurz wegen des Verdachts auf Falschaussage im „Ibiza“-U-Ausschuss. Im Kern geht es dabei um die Frage, wie intensiv Kurz in der ÖVP-FPÖ-Koalition in die Reform der Staatsholding ÖBAG involviert war.

Bei seiner Befragung im Ausschuss hatte der Kanzler seine Rolle bei der Auswahl des Aufsichtsrats sowie bei der Bestellung des umstrittenen Ex-ÖBAG-Chefs Thomas Schmid heruntergespielt und sinngemäß von normalen Vorgängen gesprochen. Später aufgetauchte Chatprotokolle legten allerdings eine enge Abstimmung zwischen Schmid und Kurz nahe.

Kurz war bereits am 3. September einvernommen worden, publik wurde das allerdings erst Mitte dieser Woche. Dass die Befragung durch einen Richter und nicht durch die WKStA erfolgte, mit der die ÖVP seit Längerem im Clinch liegt, war ein Anliegen von Kurz’ Anwalt Werner Suppan gewesen. Im Juli hatte Justizministerin Alma Zadic (Grüne) entsprechend entschieden – „ausschließlich aus rechtlichen Erwägungen“, wie betont wurde.

„Ich bin kein Vollidiot“

In dem nun an mehrere Medien – darunter auch ZIB2 – gespielten Einvernahmeprotokoll weist Kurz wie bereits auch öffentlich mehrfach jegliche Falschaussage von sich. „Ich weiß nicht, wie Sie mich einschätzen, aber ich bin kein Vollidiot. Wenn ich weiß, dass sie alle SMS haben, wäre es ja absurd, etwas davon Abweichendes zu sagen“, sagte Kurz etwa zum Richter. Fragen des ebenfalls anwesenden Staatsanwaltes der WKStA wollte Kurz nicht beantworten: „Das funktioniert nicht so gut zwischen uns.“

Die Protokolle der Einvernahme des Bundeskanzlers

Wie intensiv war Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) unter der ÖVP-FPÖ-Regierung in die Reform der Staatsholding ÖBAG und der Bestellung ihres mittlerweile ehemaligen Chefs Thomas Schmid involviert? Nach einer Anzeige von NEOS wurden Ermittlungen gegen den Kanzler geführt. Kurz wurde Anfang September befragt. Der ZIB2 liegen die Protokolle vor.

SPÖ: „Einvernahme für Kurz katastrophal verlaufen“

„Die Einvernahme ist für Kurz katastrophal verlaufen“, schlussfolgerte jedenfalls SPÖ-Manager Deutsch. „Der beschuldigte Kanzler war bei der richterlichen Einvernahme im Wiener Landesgericht für Strafsachen sehr emotional und aggressiv gegen den Richter und den anwesenden Staatsanwalt.“ Eine Falschaussage sei kein Kavaliersdelikt, sondern ein schweres Vergehen, bekräftigte Deutsch.

NEOS ortet „fehlenden Respekt“

Auch NEOS-Generalsekretär Hoyos befand in einer Aussendung, dass die Einvernahme „einmal mehr Kurz’ fehlenden Respekt vor den Institutionen, aber keinen Willen zur Aufklärung“ zeige. Als Beschuldigtem stünden Kurz selbstverständlich alle Rechte zu, die auch allen anderen Beschuldigten in einem Rechtsstaat zustehen, betonte Hoyos. „Aber als Kanzler ist er dringend aufgefordert, nicht noch weiter auf Zeit zu spielen und alles zu verzögern.“ Den Staatsanwalt „respektlos zu behandeln und seine Fragen nicht zu beantworten, trägt nicht zur raschen Aufklärung bei“, meint Hoyos.