Chinesische Arbeiter auf Hochspannungsleitung
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Klimakrise

China rationiert Industrie den Strom

In China haben Industriebetriebe ihre Produktion unterbrochen. Strom wird rationiert, mancherorts sind aktuell sogar Wasserkocher verboten. Die Volksrepublik will damit den Ausstoß von Treibhausgasen senken. Zuletzt hatte Peking angekündigt, im Ausland keine Kohlekraftwerke mehr zu bauen. Allerdings: Der überraschende Kurswechsel in der Klimapolitik ist das nicht.

Betroffen von den Rationierungen seien unter anderem Zulieferer für US-Konzerne wie Apple und Tesla, hieß es am Montag. Der Leiterplattenhersteller Unimicron Technology Corp mit Hauptsitz in Taiwan hatte am Wochenende erklärt, dass drei seiner Standorte in China bis Donnerstag geschlossen blieben.

Diese produzieren ausgerechnet Mikrochips, die aktuell globale Mangelware sind. Der Engpass bereitet seit Monaten nicht nur Technologiekonzernen, sondern etwa auch den Fahrzeugherstellern Probleme.

Kaum ein Ausweg

Die „Economic Times“ attestierte China am Montag eine Energiekrise, aus der es aktuell nicht wirklich einen Ausweg gibt. Von ihr betroffen seien nicht nur Technologiekonzerne, sondern etwa auch die Metall-, Textil- und Lebens- bzw. Futtermittelindustrie. Es gebe mittlerweile in vielen Provinzen temporäre Stromabschaltungen, da deren Verwaltungsbehörden die ihnen gesteckten Ziele für die Reduktion klimaschädlicher Treibhausgase zu verfehlen drohten.

Dreischluchtenstaudamm
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Es bräuchte die Leistung mehrerer Kraftwerke wie am Dreischluchtenstaudamm, um die Lücke zu schließen

Energieverbrauch stieg parallel mit Wachstum rasant

Jahrelang sei der Energieverbrauch in der Volksrepublik fast parallel zur Entwicklung der Wirtschaft gewachsen, und die war viele Jahre zweistellig gewachsen. Nun wolle die Regierung unter Präsident Xi Jinping in den nächsten Jahren eine Trendwende bei den Treibhausgasemissionen einleiten – unter den gegebenen Rahmenbedingungen schwer bis kaum möglich.

Wenn der Stromverbrauch in China weiterhin jährlich um fünf Prozent steigen würde und das Land nicht noch mehr Kohle zur Energiegewinnung nutzen wolle, müssten Solar- und Windkraftwerke mit Hunderten Gigawatt (GW) Leistung gebaut werden, schrieb die indische Zeitung. Zur Einordnung: Die Turbinen am Dreischluchtenstaudamm am Jangtsekiang liefern geplante rund 18 bis 25 GW Leistung.

Von den Provinzverwaltungen werde nun der praktisch unmögliche Spagat verlangt, mit einer ausreichenden Energieversorgung die Industrie am Laufen zu halten und gleichzeitig den Ausstoß klimaschädigender Treibhausgase zu drosseln, in diesem Jahr laut Plan um drei Prozent. In manchen Provinzen dürften die Einwohnerinnen und Einwohner aktuell keine Wasserkocher oder Mikrowellen benutzen, Einkaufszentren müssen früher schließen.

Keine Kohle mehr – aber nur im Ausland

Zuletzt hatte die Regierung in Peking überraschend angekündigt, keine Kohlekraftwerke mehr außerhalb des Landes errichten zu wollen. Präsident Xi sagte bei der UNO-Generaldebatte in New York letzte Woche, sein Land wolle sich damit am Kampf gegen die Klimakrise beteiligen.

Kohleverarbeitungsfabrik in Hejin
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Chinas Energieversorgung hängt nach wie vor zu weiten Teilen von Kohle ab

„China wird andere Entwicklungsländer bei der Entwicklung grüner und kohlenstoffarmer Energien stärker unterstützen und keine neuen Kohlekraftwerke im Ausland bauen.“ Details nannte er keine. Als andere wichtige asiatische Industriestaaten hatten sich bereits Japan und Südkorea zu mehr Engagement verpflichtet.

Wunsch und Wirklichkeit

Die USA und Großbritannien begrüßten die Ankündigung aus Peking, forderten China aber gleichzeitig dazu auf, noch mehr zur Eindämmung des Treibhausgasausstoßes zu unternehmen. Die Volksrepublik ist der größte Emittent, gefolgt von den USA, Indien, Russland und Japan. Bis 2030 sollen die Emissionen reduziert werden, bis 2060 soll das riesige Land CO2-neutral sein. In den USA wiederum hat der demokratische Präsident Joe Biden wieder einen stärkeren Fokus auf Umwelt- und Klimapolitik gelegt – ganz anders als sein republikanischer Vorgänger Donald Trump. Unter ihm waren die USA aus dem Pariser Klimaabkommen ausgestiegen.

China hatte erst im August angekündigt, wegen der hohen Energienachfrage mehrere, eigentlich bereits stillgelegte Kohlegruben wieder in Betrieb zu nehmen, insgesamt an die 50 und vorerst befristet auf ein Jahr. Deutschland, will bis 2038 aus der Verbrennung von Braun- und Steinkohle zur Energieerzeugung aussteigen, zuletzt zeigte eine Statistik allerdings klar, dass der meiste Strom im ersten Halbjahr 2021 aus Kohle kam.