Vom Maler zum Mythos: 450 Jahre Caravaggio

Heute vor 450 Jahren wurde der italienische Barockmaler Caravaggio geboren. Als Begründer der Chiaroscuro-Malerei revolutionierte er die Kunst seiner Zeit und beeinflusste Generationen von Malern. Manche seiner Gemälde schockieren mit ihrer zur Schau gestellten Gewalt, andere bezaubern mit ihrer Anmut. Gemeinsam sind ihnen eine außergewöhnlich realistische Darstellung des menschlichen Körpers und ein unvergleichliches Spiel mit Licht und Schatten.

Caravaggios Werke hängen heute in Rom und Neapel, New York und Cleveland, Paris, Madrid, Berlin und Wien. Im Kunsthistorischen Museum, wo man mit rund 40 Gemälden auf den größten Bestand an „caravaggiesker Malerei“ außerhalb Italiens stolz ist, zeigte man 2019/20 die große Ausstellung „Caravaggio & Bernini – Entdeckung der Gefühle“.

Caravaggio: Judith und Holofernes
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Benannt nach Herkunftsort der Eltern

Das Licht der Welt erblickte Michelangelo Merisi am 28. September (anderen Angaben zufolge am 29. September) 1571 in Mailand. Nach dem Herkunftsort seiner Eltern in der Lombardei gab man ihm den Namen Caravaggio, unter dem er weltberühmt wurde. In Mailand lernte er das Malerhandwerk. Mit 21 zog er 1592 nach Rom, wo er Auftraggeber und Förderer fand, seinen typischen Stil entwickelte und die meisten seiner Schaffensjahre verbrachte.

In Rom finden sich auch heute noch die meisten seiner Werke wieder. In der Gemäldegalerie Palazzo Barberini ist etwa das Werk „Judith und Holofernes“ zu sehen, die Darstellung der Enthauptung des assyrischen Feldherrn durch die jüdische Witwe Judith, wo das Blut fast aus dem Bild zu spritzen scheint.

Verschmelzung von Profanem und Sakralem

„Caravaggio führt in die sakrale Kunst einen Realismus ein, der deren Kanon erschüttert“, schreibt der römische Publizist Corrado Augias in seinem Buch „Die Geheimnisse Roms“. Kennzeichnend für Caravaggios Stil sind auch das „Chiaroscuro“, die Hell-dunkel-Malerei, und die Verschmelzung von Profanem und Sakralem in seiner Kunst. Straßenkriminalität und öffentliche Hinrichtungen mögen ihn bei seinen blutigen Gewaltdarstellungen inspiriert haben, glaubt Augias: „Er malt, was er erlebt und sieht, seine Gemälde spiegeln die Gewalt Roms wider.“

Caravaggio: Amor als Sieger
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In frühen Biografien ist über den gewaltbereiten und lüsternen Charakter des Malers geschrieben worden, das meiste davon gilt heute als übertrieben. Erwiesen ist, dass Caravaggio 1606 in einen Totschlag verwickelt war, aus Rom verbannt und mit dem „bando capitale“ belegt, also für vogelfrei erklärt wurde.

Ausbruch aus sizilianischem Gefängnis

Caravaggio zog daraufhin ins damals spanische Königreich Neapel und setzte schließlich nach Malta über, wo er 1608 Ritter des Malteserordens wurde. Als Hauptwerk auf der Mittelmeer-Insel schuf er „Die Enthauptung Johannes des Täufers“, das mit 316 mal 520 Zentimetern größte aller Caravaggio-Werke.

Auf Malta wurde Caravaggio abermals in einen Streit verwickelt, kam ins Gefängnis, brach aus und floh nach Sizilien. Als er die Chance auf eine Begnadigung in Rom kommen sah, ging er nach Porto Ercole an der toskanischen Küste, wo er am 18. Juli 1610 im Alter von nur 38 Jahren starb. Die genaue Todesursache ist unbekannt.

Kontroversielle Diskussionen über Gemälde

Schon hundert Jahre nach seinem Tod war Caravaggio vergessen und wurde erst im 20. Jahrhundert wiederentdeckt. Sein Einfluss auf andere Künstler war aber groß, von Rembrandt und Peter Paul Rubens bis Jan Vermeer, Diego Velazquez und Francisco de Zurbaran. Und auch heute noch bewegt der italienische Künstler die Gemüter.

2014 forderten in Berlin die Autorinnen und Autoren eines offenen Briefes im Zuge der Diskussion über Pädophilie und Kinderpornografie, Caravaggios nackten „Amor als Sieger“ in der Berliner Gemäldegalerie von der Wand zu nehmen. Die Gemäldegalerie entschied im Sinne der Kunstfreiheit, der kleine Gott blieb hängen.