Die Grazer KPÖ-Spitzenkandidatin Elke Kahr
ORF
KPÖ-Bürgermeisterin?

„Wähler wünschen sich das“

Die Grazer KPÖ-Chefin Elke Kahr würde die Funktion als Bürgermeisterin in der steirischen Landeshauptstadt annehmen: „Die Wähler und Wählerinnen wünschen sich das.“ Zuerst werde man aber mit allen Parteien Gespräche führen und ausloten, ob eine Zusammenarbeit sinnvoll sei, sagte sie am Montagabend in der ZIB2.

Nach dem Wahlerfolg habe sie „Hunderte E-Mails, Anrufe und SMS erhalten. Vieles habe ich noch gar nicht lesen können“, sagte Kahr. Sie habe zwar nicht damit gerechnet, dass das Amt der Bürgermeisterin auf sie zukommt, aber sie würde die Funktion annehmen. Das Ergebnis zeige, dass sich die Bevölkerung das wünsche.

Die KPÖ ging aus der Grazer Gemeinderatswahl – zur Überraschung vieler Fachleute – als stimmenstärkste Partei hervor. Mit einem Plus von knapp neun Prozentpunkten gewann man die Wahl mit 28,8 Prozent vor der ÖVP, die herbe Verluste einstecken musste.

Die KPÖ kommt auf 15 Mandate im Gemeinderat, die ÖVP auf 13, die Grünen auf neun, die FPÖ auf fünf, die SPÖ auf vier und NEOS auf zwei – mehr dazu in steiermark.ORF.at. Bürgermeister und ÖVP-Spitzenkandidat Siegfried Nagl trat wegen des Resultats noch am Wahlabend zurück – mehr dazu in steiermark.ORF.at.

Stimmen aus allen Becken gefischt

„Wir haben jene Menschen, die sich von der Politik abgewendet haben, zur Wahl bewegt“, sagte Kahr. Dass die Wahlbeteiligung mit 54 Prozent unter jener von 2017 (57 Prozent) liegt, liege nicht an ihrer Partei. Die KPÖ hatte laut der Wählerstromanalyse Zugewinne von fast allen Parteien. So konnten je 3.000 Personen, die 2017 noch SPÖ und Grünen wählten, überzeugt werden, ihr Kreuz bei der KPÖ zu machen. Je 2.000 Wähler und Wählerinnen stammten von der ÖVP und der FPÖ, 4.000 Stimmen aus dem Becken der Nichtwähler und Nichtwählerinnen – mehr dazu in steiermark.ORF.at.

„Wir vertreten die Interessen jener, die uns gewählt haben. Aber letztlich ist Graz mehr – und wenn ich Bürgermeisterin bin, dann bin ich eine Bürgermeisterin aller Grazer und Grazerinnen“, betonte die Grazer KPÖ-Chefin. Der Wahlerfolg sei das Ergebnis ihres langjährigen Politikstils. „Ich bin schon sehr lange in der Politik und für die Menschen da“, sagte sie. Man kenne sie als Person und als Lokalpolitikerin, die Bevölkerung schenke ihr „trotz KPÖ“ das Vertrauen, wie sie – angesprochen auf die Geschichte des Kommunismus in anderen Ländern – betonte.

Den Vorwurf von anderen Parteien, sie würde durch „linken Populismus ihre Wähler und Wählerinnen kaufen“, wischte sie mit „Unsinn“ weg. Man arbeite „rasch und unbürokratisch“. Sollte sie Bürgermeisterin werden, werde Kahr auch weiterhin einen „großen Teil“ ihres Einkommens für Menschen in Not zur Verfügung stellen. Zwar sei wichtig, die Vermögenden und Großkonzerne in die Pflicht zu nehmen. Die Kommunalpolitik könne das aber nicht.

„Fürchten muss sich niemand“

Kahr möchte nun Gespräche mit allen Parteien führen, sagte sie auch in der „Kleinen Zeitung“. Eine Koalition mit den Grünen könne sie sich zwar vorstellen, „aber das geht sich knapp nicht aus“. Gemeinsam kommen sie auf 24 der 48 Mandate im Gemeinderat. Für eine Mehrheit brauchte es etwa die SPÖ – die zeigte sich zuletzt für Gespräche bereit. Aber "ein Arbeitsübereinkommen mit der ÖVP sei auch „denkbar“, so die KPÖ-Graz-Chefin. Nur eine Zusammenarbeit mit der FPÖ schließt sie aus – was auch die FPÖ am Wahlabend kundgetan hatte.

Auf die Frage, ob sich die Wirtschaft nun vor der neuen Grazer Bürgermeisterpartei fürchten muss, antwortete Kahr: „Also ich habe noch keinen gesehen, der sich vor uns fürchtet. Wir sind ja nicht gegen die Gewerbetreibenden, ganz im Gegenteil. Die sind uns heilig.“ Die im Wahlprogramm aufgestellten neuen Abgaben sollen laut der KPÖ „Immobilienkonzerne, internationale Multis, alle, die nur auf den schnellen Gewinn aus sind“, treffen. „Fürchten muss sich niemand.“

In den kommenden fünf Jahren werde sie für mehr Personal in öffentlichen Bereichen eintreten. Ein weiterer Punkt sei, dass die Objektivierungsrichtlinien bei Jobs der Stadt oder im stadtnahen Bereich endlich ihren Namen verdienen müssten. Dazu wolle sie auf mehr Übergangswohnungen schauen oder auch auf stadtnahe Unternehmen einwirken. Einmalige Soforthilfen wie etwa bei Beerdigungen müssten schneller abgewickelt werden, so Kahr im Gespräch mit der APA – mehr dazu in steiermark.ORF.at.

Elke Kahr (KPÖ Graz) zu ihrem Wahlsieg

Die KPÖ mit Spitzenkandidatin Elke Kahr schaffte in Graz einen historischen Wahlsieg. In der ZIB2 spricht die Spitzenkandidatin über den Wunsch der Wählerinnen und Wähler, sie als Bürgermeisterin zu haben, und über die sozialen Errungenschaften der Kommunisten in Graz.

Maklerprovisionen „endlich abschaffen“

Im Verkehrsbereich sei nun die Chance, Weichenstellungen für ein gutes Konzept mit Tramausbau umzusetzen. „Ich bin da sehr optimistisch, da mehrere Parteien diese Haltung haben, wie Grüne, SPÖ oder NEOS“, sagte sie. In der „Presse“ gefragt, ob eine U-Bahn in Graz mit der KPÖ noch realistisch sei, antwortete Kahr, dass sie sich eine solche Idee nicht vorstellen könne. „Es gibt eine klare Mehrheit für den Ausbau des öffentlichen Verkehrs, aber nicht für eine Metro.“

Die Bundespolitik würde sie aufgrund ihres Alters nicht mehr reizen, wie sie sagte. Ihrer Meinung nach müsste die Bundespolitik die Maklerprovision „endlich abschaffen. Provision soll der zahlen, der den Auftrag gibt. Das ist in der Regel der Vermieter. Man soll gesetzliche Mietobergrenzen einführen und Kommunen mehr Geld geben, damit sie mehr kommunalen Wohnbau schaffen können.“

Man sei keine SPÖ, sagte Kahr im „Kurier“. Der Unterschied liege darin, dass „wir nicht nur reden, sondern auch tun“. Menschen hätten nichts von „tollen Programmen und Reden, sie müssen Politik konkret spüren“, sagte sie zur „Kronen Zeitung“. Über die Aussage von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), wonach es ihn sehr nachdenklich stimmt, wenn Menschen die KPÖ wählen, denke sie nicht nach. „Der Herr Bundeskanzler sollte über seine eigene Bewegung nachdenklich werden. Warum hat die ÖVP so viel verloren?“