R Kelly
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Missbrauchsprozess

R. Kelly schuldig gesprochen

In dem Anfang August gestarteten Missbrauchsprozess in New York ist der Sänger R. Kelly am Montag von Geschworenen schuldig gesprochen worden. Die Staatsanwaltschaft beschuldigte den R&B-Sänger, jahrelang seinen Ruhm ausgenutzt zu haben, um Frauen und minderjährige Mädchen für Sex in seine Nähe zu locken.

R. Kelly sei ein Sexualstraftäter, hatte die Anwältin Elizabeth Geddes für die Staatsanwaltschaft argumentiert und seine Verurteilung gefordert. Verteidiger Deveraux Cannick meinte hingegen, dass der Sänger selbst Opfer sei – von ausgedachten Geschichten und ausgeschmückten Erzählungen über Misshandlungen. Sie (Anm. die Zeuginnen) hätten „aus eigenem Willen mitgemacht“, argumentierte Cannick. Kelly selbst hatte nicht ausgesagt, war aber im Gerichtssaal anwesend.

Die Geschworenen sprachen ihn nun nach einem Tag Beratungen nach einem fünfeinhalb Wochen dauernden Prozess in allen neun Anklagepunkten schuldig. Als das Urteil verlesen wurde, blieb er regungslos und mit gesenktem Blick sitzen. Nun droht dem Musiker, der seit seiner Festnahme im Sommer 2019 im Gefängnis sitzt, eine Haftstrafe von zehn Jahren bis lebenslang. Das Strafmaß soll erst Anfang Mai kommenden Jahres verkündet werden. Verteidiger Cannick zeigte sich „enttäuscht“ über das Urteil und kündigte an, mögliche Rechtsmittel zu prüfen.

R Kelly
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R. Kelly wurde in allen neun Anklagepunkten schuldig gesprochen

TV-Doku brachte Fall ins Rollen

Der Prozess war lange aufgeschoben worden. Vorgeworfen wurden ihm unter anderem Erpressung und sexuelle Ausbeutung Minderjähriger. Anschuldigungen gab es schon lange. Im Verlauf von 25 Jahren gab es immer wieder schwere Vorwürfe gegen den dreifachen Grammy-Gewinner. Ins Rollen gekommen war der Fall erst mit einer TV-Doku im Jahr 2019. „Surviving R Kelly“ fasste schockierende Berichte von Opfern und Augenzeuginnen und -zeugen zusammen und brachte den Stein für die Verhaftung Kellys, der mit bürgerlichem Namen Robert Sylvester Kelly heißt, ins Rollen.

In dem Prozess im New Yorker Stadtteil Brooklyn ging es nun um die Anzeigen von sechs Frauen, Kinderpornografie, Entführung, Menschenhandel und mehr. Die Anklageschrift ging von einem Netzwerk rund um Kelly aus, einem „kriminellen Unternehmen“ aus Managern, Bodyguards und anderen Angestellten. Sie sollen dem Musiker Frauen und Mädchen zugeführt haben und Vorwürfe vertuscht haben. Kurz vor Prozessbeginn kamen noch neue Vorwürfe dazu. Erstmals wurde vor wenigen Wochen auch ein Fall mit einem 17-Jährigen genannt, wie US-Medien berichteten.

Die Anwälte von R. Kelly auf dem Weg ins Gericht
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Die beiden Verteidiger von R. Kelly: Thomas Farinella (vorne links) und Deveraux Cannick (vorne rechts)

Verurteilt wurde Kelly nun unter anderem auf Grundlage eines Gesetzes gegen kriminelle Vereinigungen wie die Mafia. Während des Prozesses wurden Dutzende Zeugen und Zeuginnen gehört und Hunderte Beweisstücke gesichtet. Nach den Fällen von Filmproduzent Harvey Weinstein und dem Komiker Bill Cosby ist dieses Verfahren ein weiterer, viel beachteter Schritt der juristischen Aufarbeitung von #MeToo.

Kelly beteuerte Unschuld

Der heute 54-jährige Kelly, der sich seit seiner Festnahme vor zwei Jahren in Haft befindet, beteuerte stets seine Unschuld und sprach von einer Rufmordkampagne. Während des Prozesses wurden den Geschworenen auch selbst gedreht Videos gezeigt, auf denen Kelly bei sexuellen Handlungen zu sehen war, die laut Staatsanwaltschaft nicht einvernehmlich waren. Eine Zeugin, die hoffte, ihn für einen Radiosender interviewen zu können, sagte während des Prozesses, er habe sie mindestens zwei Tage lang ohne Essen und Wasser eingesperrt, bevor er sie überfiel.

Karriere

Kelly gehörte seit den 1990er Jahren zu den Popsuperstars der US-Musikszene. Er schrieb, komponierte und arbeitete auch als Produzent. Sein größter Hit „I Believe I Can Fly“ brachte ihm zahlreiche Auszeichnungen ein, darunter drei Grammys. Sein letztes Album erschien 2016.

In den Anhörungen vor Prozessbeginn legte Richterin Ann Donnelly auch fest, dass im Verfahren über Kellys Kurzzeitehe mit der damals 15-jährigen Sängerin Aaliyah gesprochen werden durfte. Laut Staatsanwaltschaft heiratete Kelly das Mädchen im Jahr 1994 heimlich, als er selbst 27 Jahre alt war. Laut USA Today bestach er einen Beamten, damit dieser Aaliyah einen Ausweis fälschte.

Das Mädchen, das 2001 durch einen Flugzeugabsturz starb, werde in den Gerichtsakten nicht mit Namen genannt, sondern als „Jane Doe #1“ bezeichnet, so der Bericht. Kelly habe Aaliyah für schwanger gehalten und sie heiraten wollen, um etwaigen rechtlichen Folgen zu entgehen. Eine Ehefrau muss vor Gericht nicht gegen ihren Mann aussagen. Die Ehe wurde bald annulliert, beide dementierten später die Heirat.

Weitere Verfahren warten

Weitere Vorwürfe kamen in den vergangenen Jahren auf. Kellys zweite Ehefrau Andrea, mit der er zwischen 1996 und 2009 verheiratet war, sagte aus, Kelly habe sie emotional, körperlich und sexuell missbraucht, sie habe in der Ehe um ihr Leben gefürchtet.

2008 wurde Kelly in einem umstrittenen Prozess wegen Kinderpornografie freigesprochen, andere Verfahren wurden außergerichtlich beigelegt. Auch mit dem Prozess in New York ist es noch nicht vorbei für R Kelly. In Chicago und Minnesota liegen ähnlich lange Anklageschriften gegen ihn vor, die nach dem New Yorker Prozess nun abgearbeitet werden sollen. In Chicago sind auch Verfahren gegen zwei weitere Personen im Umfeld von Kelly anhängig.