Geldscheine
ORF.at/Günther Rosenberger
Vor Steuerreform

Erster nachhaltiger Kassasturz des Fiskalrats

Der Fiskalrat erwartet langfristig eine gehörige Budgetlücke, sollten bis dahin keine kostendämpfenden Maßnahmen gesetzt werden. Das geht aus dem am Dienstag vorgestellten ersten Nachhaltigkeitsbericht des Expertengremiums hervor. „Unsere Berechnungen bestätigen eine langfristige fiskalische Nachhaltigkeitslücke“, so Fiskalratspräsident Christoph Badelt, der aber auch einen „günstigen Implementierungszeitraum“ sieht – sprich noch Spielraum zum Gegensteuern.

Demnach legt der „neu etablierte Bericht über die fiskalische Nachhaltigkeit“ zwar nahe, „dass die langfristige Nachhaltigkeit der öffentlichen Finanzen und damit die Erfüllung wirtschaftspolitischer Ziele aufgrund des Anstiegs demografieabhängiger Ausgaben nicht gesichert ist“, wie der Fiskalrat am Dienstag per Aussendung mitteilte. Eine Rückkehr „zur günstigen Fiskalposition Österreichs vor der Covid-19-Pandemie würde jedoch kurz- bis mittelfristig budgetäre Spielräume generieren, um gegenzusteuern“.

Demnach geht man beim Fiskalrat davon aus, dass die Coronavirus-Maßnahmen ab dem kommenden Jahr rasch auslaufen und auch langfristig kaum Auswirkung auf die Nachhaltigkeit der öffentlichen Finanzen haben werden. Damit könne man auf den Wachstumskurs der Zeit vor der Coronavirus-Pandemie zurückkehren.

„Das ist kein Fundraising-Projekt“

Was das Zinsumfeld angeht, habe man es nicht eilig, so Badelt. Dennoch sollten Schritte gesetzt werden, um Österreich krisenfest zu halten und auch Entlastungen möglich zu machen. Was die bevorstehende Steuerreform angeht, drängte der frühere Chef des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung (WIFO) auf eine Entlastung des Faktors Arbeit, von der er derzeit kaum etwas höre. Beim CO2-Preis könne es durchaus hoch hinaus gehen, meint Badelt. Allzu viel lukrieren werde man daraus aber nicht können, da Gegenmaßnahmen zur Entlastung der Bevölkerung nötig sein würden: „Das ist kein Fundraising-Projekt.“

Um das Budget langfristig in Balance zu halten, bietet sich für den Fiskalrat etwa der Blick auf das Gesundheits- und Pensionssystem an. So würden außertourliche Pensionserhöhungen um 0,4 Prozentpunkte, wie sie von 2018 bis 2021 vorgenommen wurden, die langfristige Budgetlücke um 0,7 Prozent erhöhen.

Sinnvoll wäre in diesem Sektor, wenn das tatsächliche Pensionsantrittsalter mit dem Lebensalter steigt, also auf 64,5 Jahre bis 2070. Das würde die Lücke ebenso um 1,1 Prozent senken wie eine dauerhafte Beschränkung der Wachstumsausgaben im Gesundheitssystem um gerade einmal 0,3 Prozent.

Pensionen als Haupttreiber in Richtung Budgetlücke

Diese demografiebedingten Ausgaben sind ohnehin die Haupttreiber in Richtung Budgetlücke. Sie steigen nämlich in den kommenden rund 50 Jahren um etwa 5,8 Prozent des BIP an – am stärksten bei der Gesundheit, gefolgt von Pflege und Pensionen. Investitionen – etwa im Klimabereich – könnten die dadurch entstehende Lücke zwar verringern, aber nicht vollständig schließen.

„Die oftmals diskutierten Strukturreformen in demografiesensitiven Bereichen (Gesundheit, Pflege und Pensionen) sind – begleitet von wachstumsfördernden Investitionen – hingegen geeignet, die langfristige Budgetlücke zu schließen bzw. größeren Spielraum für notwendige künftige Ausgaben oder auch für Abgabensenkungen zu schaffen“, heißt es dazu in der Fiskalratsaussendung.

NEOS fordert „nachhaltigere Budgetpolitik“

An die Politik ergeht daher der Wunsch des Fiskalrats, langfristig wirkende Ausgaben gut zu überdenken. Wie weit sich die langfristigen Prognosen verändern, will das Gremium künftig regelmäßig abbilden. Diesem heute präsentierten ersten Nachhaltigkeitsbericht soll in ein, zwei Jahren ein nächster Report folgen.

NEOS reagierte auf den Bericht des Fiskalrats mit einer Kritik an Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP). „Die ,Kopf in den Sand‘-Taktik des Finanzministers wird sich nicht mehr lange ausgehen. Wir müssen aufhören, Politik auf Kosten der nächsten Generationen zu machen“, sagte NEOS-Finanzsprecherin Karin Doppelbauer.

Der Fiskalrat habe „deutlich aufgezeigt, dass rasch kostendämpfende Maßnahmen von der österreichischen Bundesregierung gesetzt werden müssen“, heißt es in einer Reaktion der Wirtschaftskammer (WKO), die per Aussendung noch festhält: „Um das Budget langfristig in Balance zu halten, braucht es daher endlich mehrere Maßnahmen“.