US-Generalstabschef Milley sieht „reale“ Gefahr durch IS

Das US-Militär hat zahlreiche Fehleinschätzungen beim Abzug aus Afghanistan offengelegt und vor einer Terrorgefahr gewarnt. „Es ist klar, es ist offensichtlich, dass der Krieg in Afghanistan nicht zu den Bedingungen geendet hat, die wir wollten“, sagte Generalstabschef Mark Milley gestern bei einer Anhörung im Senat. Dass Terrorgruppen wie der Islamische Staat (IS) und al-Kaida von Afghanistan aus versuchen könnten, die USA anzugreifen, sei eine „sehr reale Möglichkeit“.

Er habe bereits im Herbst 2020 davor gewarnt, dass ein zu schneller Abzug der Truppen aus Afghanistan die Gefahr einer „vollständigen Übernahme durch die Taliban“ berge oder zu einem „allgemeinen Bürgerkrieg“ führen könnte, so Milley weiter. Den so raschen Zusammenbruch des afghanischen Militärs und der Regierung habe man aber „absolut“ nicht kommen sehen, sagte Milley.

Armee wollte Soldaten im Land lassen

Milley und General Kenneth McKenzie, der zuständige US-Kommandant für die Region, sagten außerdem, dass sie persönlich der Ansicht gewesen seien, es sei besser, etwa 2.500 US-Soldaten in dem Land zu belassen. US-Präsident Joe Biden hatte im April angekündigt, alle US-Soldaten spätestens bis zum 11. September bedingungslos aus Afghanistan abzuziehen. Er zog das Datum auf den 31. August vor.

Die Sprecherin des Weißen Hauses, Jen Psaki, äußerte sich ausweichend dazu, welche konkreten Empfehlungen Biden bekommen habe. Sie betonte, es habe verschiedene Standpunkte gegeben. Der Präsident habe klare Empfehlungen ohne Beschönigungen erbeten, aber er stimme nicht immer mit jedem Ratschlag überein.

US-Verteidigungsminister Lloyd Austin gestand ein, man habe das Ausmaß der Korruption und der schlechten Führung in der afghanischen Führung nicht erkannt. Auch habe man nicht gesehen, dass die Vereinbarung von Doha mit den Taliban die afghanischen Streitkräfte demoralisiert habe. Mit den Taliban hatten die USA noch unter Trump einen Abzug bis zum 1. Mai vereinbart. Die Vereinbarung hatte eigentlich eine politische Lösung zum Ziel.