Menschen warten vor einem Impfzentrum
Reuters/Arnd Wiegmann
Plan in der Schweiz

50-Franken-Gutscheine für Impfüberzeuger

Angesichts einer der niedrigsten Impfquoten in Europa hat die Schweizer Bevölkerung am Freitag vergeblich auf eine Erleichterung der Coronavirus-Maßnahmen gewartet. Vielmehr gab Gesundheitsminister Alain Berset neben dem Aus für Gratis-CoV-Tests seine Pläne für eine Impfoffensive bekannt, bei der nicht Impfwillige, sondern all jene, die andere zur Impfung überreden, belohnt werden sollen.

Neben einer nationalen Impfwoche, bei der „verlässliche Fakten zur Impfung auf verständliche Art und Weise vermittelt werden“ sollen, dem Ausbau von Beratungsmöglichkeiten und 170 neuen mobilen Impfstellen will die Schweizer Regierung auch die Bevölkerung mit ins Boot holen.

„Jede und jeder kann mithelfen, einen Freund, Nachbarn, Arbeitskollegen oder ein Familienmitglied vom Nutzen der Impfung zu überzeugen“, heißt es dazu in einer Aussendung der Schweizer Regierung, in der auch eine Belohnung für diese Mithilfe angekündigt wird. Neu Geimpfte können demnach eine hinter dem Impfentscheid stehende Person angeben, und diese „erhält vom Kanton als Entschädigung für ihre Mithilfe einen Gutschein über 50 Franken (rund 46 Euro) per Post zugestellt“.

Die etwa in Restaurants und Kinos einlösbaren Gutscheine seien eine „unkonventionelle Maßnahme“, aber die Pandemie sei auch eine unkonventionelle Situation, so Berset, der am Freitag bei der Vorstellung der Impfoffensive anfügte, dass andere Länder im Kampf gegen die Pandemie schon viel weiter seien.

„Förderung eines Diskurses“ als erklärtes Ziel

Von der Gutscheinaktion erwarte man sich „eine Förderung eines Diskurses in der Gesellschaft“, sagte dazu der Leiter des „Projekts Impfstoffoffensive“, Michael Beer nach Angaben vom Schweizer Fernsehen (SRF). Der Anreiz sei offen für alle und nicht abhängig vom Impfstatus der jeweiligen Person, ergänzte Berset auf die Frage, warum man denn den Anreiz nicht der neu geimpften Person gebe, statt der Person die Überzeugungsarbeit leiste?

Am Zug seien nun die in der Schweiz für die Umsetzung vieler CoV-Maßnahmen zuständigen Kantone, mit denen man nun eine Diskussion über die weitere Vorgangsweise starte, so Berset, der hier mit Blick auf das Gutscheinvorhaben wiederholte: „Ich gestehe, es ist unkonventionell, aber wir versuchen aus der Krise zu kommen und das muss das Ziel sein“. Geht alles nach Plan, soll am 13. Oktober die Entscheidung fallen, ob der Plan auch umgesetzt wird und damit Impfüberzeuger und -überzeugerinnen in der Schweiz künftig mit einem Gutschein belohnt werden oder nicht.

„Tests machen nicht immun“

Bereits beschlossene Sache ist hingegen, dass es in der Schweiz mit 11. Oktober keine Gratis-CoV-Tests für Personen unter 16 Jahren mehr gibt. Einmal Geimpfte können sich noch bis Ende November gratis testen lassen. „Tests machen nicht immun“, zitiert SRF dazu den Gesundheitsminister: Gratistests würden die Pandemie nicht beenden, „aber jede Impfung ist ein Schritt aus der Krise.“

Was die Kosten betrifft, würden Bersets Angaben zufolge in der Schweiz derzeit pro Woche rund 50 Millionen Franken für Gratistests ausgegeben. Für die nun angekündigte Impfoffensive sieht die Regierung nun 150 Millionen Franken vor.

„Parforceritt“

Die Zahl der täglich registrierten Coronavirus-Neuinfektionen seien derzeit zwar rückgängig, so die Schweizer Regierung. Allerdings sei die Situation auf den Intensivstationen weiter angespannt. Angesichts der noch immer „hohen Zahl nicht immuner Personen und der hochansteckenden Deltavariante besteht während der kühleren Herbst- und Wintermonate noch immer ein erhebliches Risiko einer weiteren Infektionswelle, welche die Spitäler stark belasten könnte“.

In der Schweiz sind laut Regierungsangaben vom Freitag rund 57 Prozent der Gesamtbevölkerung vollständig geimpft – und damit zu wenige, um weitere Schutzmaßnahmen wie das Tragen von Masken etwa im öffentlichen Verkehr aufzuheben. Zunächst gelte es, eine der derzeit niedrigsten Impfquoten in Europa „deutlich“ zu erhöhen – und um dieses Ziel zu erreichen, setze die Regierung nach den Worten der „Neuen Zürcher Zeitung“ nun „zu einem Parforceritt in der Impfkampagne an“.