US-Regierung fordert Stopp von Abtreibungsgesetz in Texas

Die US-Regierung hat vor Gericht einen raschen Stopp des neuen und sehr strengen Abtreibungsgesetzes in Texas gefordert. Das umstrittene Gesetz stelle „eine offene Bedrohung für den Rechtsstaat“ dar, sagte der Vertreter des Justizministeriums, Brian Netter, bei den Verhandlungen in Austin gestern. Für heute waren landesweit zudem in über 600 Städten Protestmärsche für ein Recht auf Abtreibung geplant.

Die US-Bundesregierung geht selten gegen Gesetze einzelner Staaten vor. In diesem Fall verweist Washington jedoch auf den Schutz der Verfassung: Diese Klage sei notwendig, weil das Gesetz „einem bisher beispiellosen Angriff auf den Vorrang der Bundesregierung und der Bundesverfassung gleichkommt“, sagte Netter.

Das strengste Abtreibungsgesetz der USA war Anfang September in Texas in Kraft getreten. Es verbietet Schwangerschaftsabbrüche ab dem Zeitpunkt, zu dem der Herzschlag des Fötus festgestellt werden kann. Das ist etwa ab der sechsten Schwangerschaftswoche der Fall, wenn viele Frauen noch gar nicht wissen, dass sie schwanger sind. Selbst im Fall einer Vergewaltigung oder bei Inzest sieht das Gesetz keine Ausnahmen vor.

Privatleute sollen anschwärzen

Für Empörung sorgt auch, dass nicht die texanischen Behörden die neuen Regelungen durchsetzen sollen, sondern Privatleute. Bürgerinnen und Bürger werden ermutigt, jene anzuschwärzen, die sie verdächtigen, Frauen bei einer unrechtmäßigen Abtreibung geholfen zu haben.

Neben Abtreibungskliniken und deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter könnte das auch Verwandte und sogar Taxifahrerinnen und -fahrer treffen, die Schwangere zur Klinik bringen. Die Klägerinnen und Kläger erhalten im Falle einer Verurteilung 10.000 Dollar (etwa 8.600 Euro).

US-Präsident Joe Biden hatte angekündigt, „die ganze Macht der Bundesregierung“ einzusetzen, um gegen das Gesetz vorzugehen, nachdem der Oberste Gerichtshof einen Eilantrag gegen das Gesetz abgelehnt hatte. Der Supreme Court führte dabei keine inhaltlichen, sondern prozedurale Gründe an. Die Entscheidung des konservativ dominierten Gerichts fiel mit einer knappen Mehrheit von fünf der neun Verfassungsrichter.