Taliban öffnen Stelle für die Ausstellung von Reisepässen

Die Eröffnung einer Stelle zur Ausstellung von Reisepässen durch die Taliban in Kabul hat gestern bei vielen ausreisewilligen Afghanen und Afghaninnen Hoffnungen geweckt. Hunderte Menschen versuchten nach der Eröffnung des Büros, Reisedokumente zu beantragen, wie ein AFP-Journalist berichtete. Die Islamisten hatten nach ihrer Machtübernahme der internationalen Gemeinschaft versichert, dass Menschen das Recht erhalten würden, das Land zu verlassen.

Am Vortag hatten die Taliban alle Angestellten der Behörde, darunter auch Frauen, aufgefordert, ihre Arbeit wieder aufzunehmen. Die Extremisten wollen die marode Infrastruktur des Landes schnellstmöglich wieder in Gang setzen. Für Frauen und Männer seien getrennte Büros eingerichtet worden.

Heute startete der sechste kommerzielle Passagierflug von Kabul nach Doha, wie ein hochrangiger Regierungsvertreter aus Katar mitteilte. An Bord befanden sich demnach mehr als 300 Menschen.

Rascher Wirtschaftskollaps erwartet

Nach der Machtübernahme durch die Taliban steht die Wirtschaft Afghanistans nach Einschätzung der Vereinten Nationen kurz vor dem Kollaps. Die weit verbreitete humanitäre Not, steigende Preise, eingefrorene Vermögen und eingestellte Entwicklungsprojekte hätten zu einer Liquiditätskrise mit ungenügenden Mitteln an Bargeld geführt. Das sagte die Afghanistan-Beauftragte der Welternährungsorganisation WFP, Mary-Ellen McGroarty, heute. Es könne sich nur noch um Wochen handeln, bis die Ökonomie des Landes zusammenbreche.

Eine Dürre in dem Land und der anstehende harte Winter mit steigenden Treibstoffpreisen würden die Situation weiter verschärfen. „Die Menschen werden Schwierigkeiten haben, sich selbst zu ernähren und sich warmzuhalten. Ich bin schon lange bei der WFP, und es ist das erste Mal, dass ich eine Krise so schnell eskalieren sehe wie diese“, so McGroarty weiter. Mitte August hatten die militant-islamistischen Taliban in Afghanistan die Macht übernommen. Seitdem hat sich die wirtschaftliche Lage des Landes immer weiter verschlechtert. Jeder dritte Afghane ist vom Hunger bedroht.