Richter befragte Witwe zu Mord an Haitis Staatschef

Drei Monate nach dem Mord an Haitis Staatschef Jovenel Moise hat der zuständige Ermittlungsrichter die Witwe des Präsidenten mehrere Stunden als Zeugin befragt.

Sie habe bei der Staatsanwaltschaft in der Hauptstadt Port-au-Prince auf alle Fragen geantwortet, die ihr Untersuchungsrichter Garry Orelien gestellt habe, sagte Martine Moise gestern. Sie appellierte an Menschen, die womöglich Hinweise zur Aufklärung des Mordanschlags geben können, sich zu melden.

Martine Moise, Witwe des ermordeten Präsidenten in Haiti
Reuters/Ralph Tedy Erol

Präsident Moise war am 7. Juli in seinem Haus in Port-au-Prince von einem Mordkommando erschossen worden. Seine Frau überlebte schwer verletzt. Der Mord an dem Präsidenten hat den ohnehin von Kriminalität, Korruption, politischer Instabilität, großer Armut und Naturkatastrophen geprägten Karibik-Staat in eine noch tiefere Krise gestürzt.

„Alle sagen mir, dass man in unserem Land kein Recht bekommen kann“, sagte Moise nach ihrer Befragung. „Auch wenn man mir das sagt, muss ich anfangen, Gerechtigkeit zu suchen.“ Die schwarz gekleidete frühere First Lady erklärte sich zu weiteren Befragungen bereit.

„Egal, worum es geht: Ich bin bereit. Ich habe mir nichts vorzuwerfen“, beteuerte sie. Die Präsidentenwitwe stand unter Polizeischutz und war ständig von mehreren schwer bewaffneten ausländischen Leibwächtern umgeben.

Unbeliebter Präsident

Staatschef Moise hatte Haiti zuletzt per Dekret regiert, nachdem eine für 2018 geplante Parlamentswahl unter anderem wegen Protesten gegen ihn verschoben worden war. Der Präsident war unpopulär: Viele Haitianerinnen und Haitianer machten ihn für die schwere CoV-Krise im Land und die zunehmende Gewalt durch kriminelle Banden verantwortlich.

Der Mord an Moïse war offenbar von einem Mordkommando mit ausländischen Söldnern verübt worden. Im Zuge der Ermittlungen wurden 44 Verdächtige festgenommen, darunter vier hochrangige haitianische Militärs, 18 Kolumbianer und zwei US-Bürger.