Das Bundeskanzleramt in Wien
ORF.at/Roland Winkler
ÖVP-Korruptionsaffäre

Die Beschuldigten und die Vorwürfe

Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) nimmt in ihren Korruptionsermittlungen neuerlich Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) ins Visier. Auch sein engster Mitarbeiterkreis wird beschuldigt. Dazu kommen aber mit einem Sprecher des Finanzressorts und zwei bekannten Meinungsforscherinnen Personen, die man nicht zum inneren Zirkel gerechnet hätte. Schließlich rückt auch die Mediengruppe „Österreich“ in den Fokus der Staatsanwälte. Die Vorwürfe sind Untreue und Bestechlichkeit bzw. Bestechung.

Laut WKStA sollen die Verdächtigen günstige Berichterstattung in einem Medienunternehmen erkauft haben, um Kurz ab 2016 den Weg an die ÖVP-Parteispitze und ins Bundeskanzleramt zu ebnen. Dafür soll Geld aus dem Finanzministerium zweckentfremdet worden sein. Die Ermittler sehen in Kurz einen Beteiligten an den Verbrechen der Untreue und Bestechlichkeit. Kurz hat alle Anschuldigungen zurückgewiesen. Ein Überblick über die Personen und die Vorwürfe:

Sebastian Kurz: Gegen den heutigen Bundeskanzler und ÖVP-Obmann wird wegen Untreue und Bestechlichkeit ermittelt. Der größte Teil der Vorwürfe stammt aus einer Zeit, als Kurz noch das Außenministerium leitete und quasi auf dem Sprung zur Parteispitze war.

Thomas Schmid: Auch Schmid wird wegen Untreue und Bestechlichkeit verfolgt. Der spätere ÖBAG-Chef lieferte mit seinen Chats auch in dieser Causa die Basis für die Ermittlungen. Zum Zeitpunkt der Geschehnisse war er Kabinettschef bzw. Generalsekretär im Finanzministerium. Heute ist er nach seinem Abgang aus der Staatsholding nicht mehr im öffentlichen Bereich tätig.

Johannes P.: P. war schon zur Zeit der inkriminierten Vorgänge Leiter der Öffentlichkeitsarbeit im Finanzressort. Der frühere Freiheitliche ist seit rund fünf Jahren Bezirksobmann der ÖVP in Wien-Wieden. Auch gegen ihn wird wegen Untreue und Bestechlichkeit ermittelt.

Johannes Frischmann: Der heutige Sprecher von Bundeskanzler Kurz war zu Beginn der Vorgänge, die die Staatsanwaltschaft verfolgt, als Pressesprecher im Finanzressort tätig.

Gerald Fleischmann: Fleischmann hat eine lange Karriere als Pressesprecher hinter sich, wobei er unter anderem die Medienabteilung der Volkspartei leitete. Schon beim Einstieg von Kurz ins Regierungsgeschäft diente er als sein Sprecher, später im Kanzleramt auch als stellvertretender Kabinettschef. Heute ist er Leiter der Stabstelle Medien im Bundeskanzleramt.

Stefan Steiner: Steiner gilt als der Prototyp des Mannes im Hintergrund. Als Spitzenbeamter im Integrationsbereich war er viele Jahre enger Weggefährte von Kurz. 2017 wechselte er für einige Monate als Generalsekretär in die ÖVP-Zentrale. Seit 2018 ist er strategischer Berater der Volkspartei und in so gut wie alle wichtigen Entscheidungen eingebunden. Gegen ihn wird wie gegen Fleischmann und Frischmann ebenfalls wegen Bestechlichkeit und Untreue ermittelt.

Grafik zu den Vorwürfen in der ÖVP-Affäre
Grafik: ORF.at

Sophie Karmasin: Die Meinungsforscherin war zur Zeit der untersuchten Vorwürfe als parteilose Familienministerin für die ÖVP tätig. Nach ihrem Ausstieg aus der Politik war sie wieder als Meinungsforscherin bzw. Beraterin mit einem neuen Unternehmen aktiv.

Sabine Beinschab: Beinschab ist Gründerin des Marktforschungsinstituts Research Affairs, das seit vielen Jahren die Umfragen für die Mediengruppe Österreich durchführt. Laut Staatsanwaltschaft ist sie seit längerer Zeit mit der Familie Karmasin beruflich verbunden. Den Meinungsforscherinnen werden Untreue und Bestechung vorgehalten.

Wolfgang Fellner: Der prominente Medienmanager und Gründer von Magazinen wie „Rennbahn Express“, „Basta“ und „News“ ist Herausgeber der Tageszeitung „Österreich“ und Chef des dazugehörigen Medienkonzerns.

Helmuth Fellner: Helmuth Fellner begleitete seinen Bruder bei den diversen Magazingründungen im kaufmännischen Bereich. Direkt an „Österreich“ beteiligt ist er nicht, laut Staatsanwaltschaft bringt er sich über eine Beratungs-GmbH aber weiter operativ in das Geschäft ein. Den Fellner-Brüdern werden Untreue und Bestechung zur Last gelegt.

Für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung.