Dmitry Muratov
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Für Pressefreiheit

Friedensnobelpreis für zwei Journalisten

234 Persönlichkeiten und 95 Organisationen sind für den Friedensnobelpreis 2021 nominiert gewesen. Die Wahl des norwegischen Nobelkomitees für die prestigeträchtigste politische Auszeichnung fiel heuer auf den russischen Journalisten Dmitri Muratow und seine philippinische Kollegin Maria Ressa.

Das teilte die Vorsitzende des Nobelkomitees, Berit Reiss-Andersen, am Freitag in Oslo mit. Ressa ist eine Gründerin des regierungskritischen Nachrichtenportals Rappler, das sich kritisch mit der Anti-Drogen-Kampagne des Regimes von Präsident Rodrigo Duterte auseinandersetzte. Das Portal dokumentierte nach Angaben des Nobelkomitees auch, wie soziale Netzwerke verwendet werden, um falsche Fakten zu verbreiten und den öffentlichen Diskurs zu manipulieren. Ressa war im vergangenen Jahr in einem Verleumdungsprozess zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden. Sie kam in einem Berufungsverfahren gegen Kaution frei.

Muratow ist Mitgründer der „Nowaja Gaseta“. In der Funktion als Chefredakteur habe er „seit Jahrzehnten unter immer schwieriger werdenden Bedingungen die Meinungsfreiheit in Russland verteidigt“. Für das Nobelkomitee ist dieses Medium die „unabhängigste Zeitung Russlands mit einer grundsätzlich kritischen Haltung gegenüber der Macht“.

Maria Ressa
Reuters/Andrew Kelly
Maria Ressa setzt sich auf den Philippinen für die Pressefreiheit ein

„Voraussetzung für Demokratie“

Deren „faktenbasierter Journalismus und ihre professionelle Integrität haben die Zeitung zu einer wichtigen Informationsquelle für kritische Aspekte der russischen Gesellschaft gemacht“, so die Begründung für die Auszeichnung. Seit Gründung der Zeitung seien sechs Journalisten und Journalistinnen getötet worden, so das Nobelkommitee – darunter auch Anna Politkowskaja. Ihr Fall ist bis heute nicht eindeutig geklärt.

Beide würden mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet für ihren „mutigen Kampf für die Meinungsfreiheit auf den Philippinen und in Russland“: „Ohne Meinungs- und Pressefreiheit wird es schwierig sein, in unserer Zeit erfolgreich für Brüderlichkeit zwischen den Nationen, Abrüstung und eine bessere Weltordnung zu werben.“

Die russisch-amerikanische Reporterin, Autorin und Menschenrechtsaktivistin Anna Politkowskaja.
Reuters
Die Drahtzieher für den Mord an der „Nowaja Gaseta“-Journalistin Politkowskaja sind noch immer nicht gefunden

Die Meinungsfreiheit sei „eine Voraussetzung für Demokratie und dauerhaften Frieden“. Somit stehen für das Nobelpreiskomitee die beiden Preisträger als Vertreter für alle Journalisten und Journalistinnen, die für dieses Ideal eintreten. Wie in den anderen Kategorien ist auch der Friedensnobelpreis mit zehn Millionen schwedischen Kronen (rund 980.000 Euro) dotiert. Schon im Vorfeld war spekuliert worden, dass das Komitee eine Auszeichnung für eine Organisation vergibt, die sich für die Pressefreiheit einsetzt.

Ressa „unter Schock“, Muratow will Journalisten helfen

In einer ersten Reaktion auf diese Nachricht zeigte sich Ressa am Freitag bei einer Liveübertragung auf Rappler sehr emotional. Sie stehe „unter Schock“, aber sie zeigte sich glücklich auch für ihr Team und sie dankte für den Preis. Die philippinische Regierung werde „natürlich nicht glücklich sein“, sagte sie gegenüber einem norwegischen TV-Sender.

Friedensnobelpreis für zwei Journalisten

Die beiden Journalisten Maria Ressa von den Philippinen und Dmitri Muratow aus Russland erhalten in diesem Jahr den Friedensnobelpreis. Das gab das norwegische Nobelkomitee bekannt. Sie bekommen den Preis für ihren „mutigen Kampf“ für Meinungsfreiheit, so die Vorsitzende des Komitees, Berit Reiss-Andersen, bei der Bekanntgabe in Oslo.

Muratow will die Geldprämie für die Entwicklung des unterdrückten Journalismus in seinem Land einsetzen: „Wir werden versuchen, Leuten zu helfen, die jetzt als Agenten eingestuft sind, die jetzt drangsaliert und aus dem Land vertrieben werden“, sagte er dem unabhängigen Portal Meduza, das ebenfalls als „ausländischer Agent“ eingestuft ist. Er habe die Auszeichnung gar nicht erwartet und den Anruf aus Norwegen zwar gesehen, aber als unerwünscht weggedrückt: „Bei mir geht es hier total verrückt zu.“ Muratow hatte auch als Oppositioneller für die liberale Partei Jabloko an Wahlen teilgenommen.

Friedensnobelpreis für Journalisten

Die Journalistin Maria Ressa und der Journalist Dmitri Muratow haben den Friedennobelpreis erhalten. Sie sind für ihren „mutigen Kampf für die Meinungsfreiheit“ ausgezeichnet worden, so das Nobelpreiskomitee in Oslo.

Glückwünsche vom Kreml

Kreml-Sprecher Dmitri Peskow sprach unterdessen Muratow die ersten Glückwünsche aus und lobte ihn als „talentierten und mutigen“ Menschen: „Wir können Dmitri Muratow gratulieren – er hat konsequent im Sinne seiner Ideale gearbeitet, er hat sich an seine Ideale gehalten (…).“

Nobelpreisträgerin: „Journalismus muss respektiert werden“

Die frisch gekürte Friedensnobelpreisträgerin Maria Ressa hat nach der Preisverkündung die Bedeutung von geprüften Fakten für die Gesellschaft betont. „Das zeigt, dass das Nobelpreiskomitee realisiert hat, dass eine Welt ohne Fakten eine Welt ohne Wahrheit und Vertrauen bedeutet“, betonte die philippinische Journalistin.

Aus dem Büro der UNO-Hochkommissarin für Menschenrechte kam eine „Gratulation an alle Journalisten“. Der Preis sei eine Anerkennung der Wichtigkeit der journalistischen Arbeit oft unter schwierigen Bedingungen, sagte die Sprecherin, Ravina Shamdasani. Ähnlich argumentierte auch die Organisation Reporter ohne Grenzen. Der Preis sei eine Hommage auf zwei Menschen, „die für alle Journalisten weltweit stehen, die für das Recht auf Information Risiken eingehen“.

Das Stockholmer Friedensforschungsinstitut SIPRI bezeichnete die Auszeichnung für die beiden Journalisten als „sehr gerechtfertigt“. Glückwünsche gab es auch von der deutschen Regierung. Aus Österreich meldete sich als erster Andreas Schieder, SPÖ-Delegationsleiter im Europaparlament, zu Wort und gratulierte den beiden Preisträgern, deren journalistisches Wirken „der Kontrolle der Mächtigen und dem Kampf gegen Korruption gewidmet“ war und ist, wie er in einer Aussendung mitteilte.

Kandidaten bleiben 50 Jahre geheim

Im vergangenen Jahr wurde das UNO-Welternährungsprogramm (WFP) mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet – für seinen Kampf gegen den Hunger in der Welt. Die Zahl der insgesamt 329 Kandidaten heuer entsprach der drittgrößten Zahl an Nominierten bisher. Traditionell werden deren Namen 50 Jahre lang geheim gehalten. Ab und zu kommt es vor, dass Personen, die jemanden für den Preis nominiert haben, diesen bereits vorab bekanntgeben. Das dürfen Politiker, Akademiker und ehemalige Friedensnobelpreisträger.

Favoritenthemen von Klima bis Pressefreiheit

Für den Preis 2019 etwa hatten zwei schwedische Abgeordnete bekanntgegeben, dass sie die Klimaaktivistin Greta Thunberg und die Klimabewegung „Fridays for Future“ nominiert hatten. Die beiden zählten laut diversen Wettanbietern 2020 und auch heuer wieder zu den Favoriten.

Greta Thunberg bei einer Demo in Berlin
APA/AFP/Tobias Schwarz
Die Klimabewegung „Fridays for Future“ und die Klimaaktivistin Thunberg zählten wieder zu den Favoriten

Auch Friedensforscher hatten es angesichts der diesjährigen Überschwemmungen und Waldbrände für möglich gehalten, dass der Kampf gegen die Klimakrise ausgezeichnet wird. Zuletzt wurde der Friedensnobelpreis 2007 mit klarem Bezug zum Thema Klimaschutz vergeben. Preisträger waren damals der Weltklimarat (IPCC) und der frühere US-Vizepräsident und Klimaaufklärer Al Gore.

Zum Favoritenkreis zählte aber auch wie schon im vergangenen Jahr die Weltgesundheitsorganisation (WHO). Das ist nicht zuletzt der Pandemie geschuldet.