Viruspandemie und Wirtschaftseinbruch haben die Zahl der Jugendlichen ohne Jobperspektive in Europa in die Höhe schnellen lassen. Während sie in Österreich bereits wieder sinkt, ist die Lage in Südeuropa immer noch drastisch. In Spanien liegt die Jugendarbeitslosigkeit bei knapp 40 Prozent. Der EU-Durchschnitt liegt bei 16,9 Prozent (Österreich: 9,7 Prozent).
Für jene unter ihnen, die im bisherigen Leben weder Job, Schulung noch Ausbildung ergattern konnten, steht das Akronym „NEET“ („Not in Education, Employment or Training“). Für sie ist bald das Programm „ALMA“ der EU-Kommission gedacht. So sollen Jugendliche in einem anderen EU-Mitgliedsstaat vorübergehend beschäftigt werden, wo sie Fertigkeiten und Sprachkenntnisse erwerben können.
Bis zu sechs Monate im Ausland
„Ziel ist es, ihre Fähigkeiten, Kenntnisse und Erfahrungen zu verbessern und ihnen die Möglichkeit zu geben, neue Verbindungen in ganz Europa zu knüpfen“, so die Kommission. „ALMA“ (ebenfalls ein Akronym, für „Aim, Learn, Master, Achieve“) soll zusätzlich zu anderen Programmen für Junge wie Erasmus+ oder das Europäische Solidaritätskorps etabliert werden. Im ersten Jahr stehen dafür aus den Töpfen des Europäischen Sozialfonds Plus (ESF+) 15 Millionen Euro zur Verfügung, der Starttermin ist allerdings noch offen. Noch befindet sich ALMA in der Entwicklungsphase.

Bereits bekannt ist, dass die ausgewählten Jugendlichen eine betreute Stelle mit einer Dauer von bis zu sechs Monaten in einem anderen EU-Land erhalten sollen. Zuvor erhalten sie in ihrem Heimatland eine entsprechende Schulung, auch danach soll die Betreuung fortgesetzt werden, damit die erworbenen Fertigkeiten auch zu Hause zum Einsatz gebracht werden können.
Die Kosten für Anreise, Versicherung, Unterbringung und Lebenshaltung sollen großteils gedeckt werden, so die Kommission zu ORF.at. Zudem können die Firmen den Auszubildenden auch ein Gehalt zahlen, das wird allerdings von den Unternehmen selbst abhängen.
„Methode unbezahlter Praktika“
Genau das ist einer der Kritikpunkte von Jugendorganisationen. „Auf der einen Seite ist es gut, dass die EU-Kommission versucht, jungen Menschen gerade nach der Pandemie Möglichkeiten zu eröffnen“, so William Hayward von der Plattform European Youth Forum. „Andererseits sind wir schon besorgt, was die Qualitätskriterien angeht. Wenn die Firmen keinen Lohn für diese Arbeit bereitstellen müssen, wird hier nur eine Methode fortgesetzt, unbezahlte Praktika zu vergeben. Gerade jene, die das Programm ansprechen soll, können sich nicht leisten, gratis zu arbeiten“, so Hayward zu ORF.at.
EU-Programme für Junge
Das bekannteste EU-Programm für junge Menschen ist wohl Erasmus für Studierende. Zudem gibt es Programme für Schülerinnen und Schüler sowie Erwachsene. Sie werden seit 2014 alle unter dem Namen Erasmus+ geführt.
Zudem sei das Programm im Vergleich zu anderen Beschäftigungsinitiativen der EU mit vergleichsweise wenig finanziellen Mitteln ausgestattet. Man sei froh, dass EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen in ihrer Rede zu Lage der Union das „Jahr der Jugend“ angekündigt hat, man stehe auch mit der Kommission in Kontakt, um politische Initiativen zu besprechen.
„Die müssen aber auch sinnvoll sein, mehr als nur eine Kommunikationsübung“, so Hayward. Die Pandemie habe schließlich den Jungen in Europa viel abverlangt, nicht nur in puncto Beschäftigung. „Es war aber gut, dass sie die Jugend in ihrer Rede hervorgehoben hat und auch diesen politischen Willen signalisierte.“
Richtige Kanäle sind nötig
Ein Knackpunkt wird freilich sein, dass Infragekommende überhaupt von dem Angebot erfahren. „Gerade jene oft marginalisierten Jugendlichen, an die sich das Programm wendet, werden schwer zu erreichen sein. Die werden wohl nicht alle die Rede zur Lage der Union verfolgt haben“, sagt Hayward.
Wer für ALMA ausgesucht wird, sollen regionale oder nationale ESF-Behörden entscheiden. Sie werden auch zum Gutteil dafür verantwortlich sein, das Angebot bekannt zu machen. Bisherige Programme zur Weiterbildung im EU-Ausland werden in Österreich von der Agentur für Bildung und Internationalisierung (OeAD) betreut.