Ungarn unterstützt polnisches EU-Urteil

Als bisher einziges EU-Land stellt sich Ungarn hinter das jüngste Urteil des polnischen Verfassungsgerichts, wonach Teile des EU-Rechts nicht mit der Verfassung vereinbar seien. Der Entscheid sei Folge einer „schlechten Praxis der europäischen Institutionen“, heißt es in einem Regierungsbeschluss, den der rechtsnationale Ministerpräsident Viktor Orban unterzeichnete und aus dem die staatliche Nachrichtenagentur MTI heute zitierte.

„Man strebt danach, ohne Änderung der EU-Verträge und durch schleichende Kompetenzausweitungen den Mitgliedsstaaten Befugnisse zu entziehen, die diese nie an die EU abgetreten haben“, heißt es in dem Beschluss weiter. Die Verfassungsgerichte und Gerichte der Mitgliedsstaaten seien sehr wohl befugt, „den Umfang und die Grenzen der Befugnisse der EU zu überprüfen“.

Das polnische Verfassungsgericht hatte am Donnerstag entschieden, dass Teile des EU-Rechts nicht mit der polnischen Verfassung vereinbar seien. Das stellt einen Eckpfeiler der europäischen Rechtsgemeinschaft infrage. Die EU-Kommission will den Vorrang des EU-Rechts vor nationalem Recht mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln durchsetzen.

Bericht: Kommission plant Vorgehen gegen Ungarn

Ungarn steht wegen der Aushöhlung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit selbst stark in der Kritik. Warschau und Budapest stützen einander mit Vetodrohungen gegen EU-Maßnahmen, die dagegen vorgehen würden und Einstimmigkeit im EU-Rat erfordern.

Nach jahrelangem Zögern geht die EU-Kommission einem Medienbericht zufolge gegen die Regierung Orbans vor. Das „Handelsblatt“ berichtet unter Berufung auf Kommissionskreise, dass die Behörde erstmals den neuen Rechtsstaatlichkeitsmechanismus anwenden wolle. Noch im Oktober solle die Regierung in Budapest benachrichtigt werden.